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#062

Sommertag

Kolbe, Georg (1877-1947) | Maler

02:31

Es war die große Liebe. 1901 lernte Georg Kolbe in Bayreuth die niederländische Opernschülerin Benjamine van de Meer de Walcheren kennen. Ein Jahr später heirateten die beiden, bekamen eine Tochter und fortan porträtierte der Künstler seine Frau immer und immer wieder. In diesem Saal begegnen Sie Benjamine gleich zweimal: in der Marmorbüste und auf dem Gemälde „Sommertag“, die beide im Jahr 1903 entstanden.

Wie fein und edel Georg Kolbe die Gesichtszüge seiner Frau aus dem Stein herausarbeitete, wie anmutig ihr Hals und ihre Schultern aus dem warmen Mantel wachsen. Benjamine entsprach ganz seinem Ideal von Schönheit. Die Büste gilt als Meilenstein auf dem Weg des Malers Kolbe zur Bildhauerei. Ein Jahr später gab er die Malerei endgültig auf und avancierte zu einem der wichtigsten deutschen Bildhauer seiner Zeit.

Auf dem Gemälde erkennen Sie Benjamine in der Figur ganz rechts im braunen Kleid. Die Gruppe steht im Sommerlicht auf kargem Boden. In aufrechter Haltung, angestrahlt von der Sonne, umringt von den anderen, zeigt sich die blonde Frau in der Mitte in ungeschützter Nacktheit. Die Anspannung im Oberkörper und im Gesichtsausdruck deuten darauf hin, dass sie sich nicht ganz wohl fühlt. Die junge Frau vor ihr hat sich in den Schatten gedreht, den Kopf gesenkt und hält ihr Tuch noch in der Hand.

Sind wir hier Zeugen eines Rituals? Oder verkörpern die Figuren unterschiedliche seelische Stimmungen? Die Frage bleibt offen. Das Werk gehört zu einer Gruppe großformatiger Gemälde, die Georg Kolbe in Leipzig schuf – vermutlich als Entwürfe für Wandmalereien.

Benjamine Kolbe wurde lange nur als Modell ihres Mannes wahrgenommen. Als dann 2019 bis dahin unbekannte Briefe und Fotografien von ihr auftauchten, zeigte sich das Bild einer vielseitigen Frau: Ehefrau, Mutter, Muse und Musikerin. Ihr früher Tod 1927 hatte extreme Auswirkungen auf Kolbes Arbeit: Er schuf nun keine heiteren Mädchenfiguren mehr, sondern überwiegend Werke, aus denen Trauer und Verlassenheit sprechen.

 

Ort & Datierung
1903
Material & Technik
Mischtechnik auf Leinwand
Dimenions
188,5 x 140,5 cm (Katalogmaß 2010) 188,5 x 140,5 cm (Inventurmaß, 12.05.2010) 202,5 x 154,5 x 6 cm (Rahmenmaß, Tobias Lange, 12.05.2010)
Museum
Galerie Neue Meister
Inventarnummer
Gal.-Nr. 3162
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