Wer ist diese junge, in sich gekehrte Frau? Obwohl der Titel „Frl. Wandel in Dessau“ ihren Namen und Wohnort verrät und Kurator Andreas Dehmer intensiv recherchiert hat, liegt ihre Identität bis heute im Dunkeln. Unklar ist auch, so Dehmer, für wen und zu welchem Zweck August Hudler dieses intime Porträt geschaffen hat:
„Als Repräsentationsporträt wäre es ein bisschen leger. Das ist ein leichtes Untergewand und auf der einen Schulter hängt noch ein ebenso leichter Mantel herab. Es gibt ähnliche Porträts, die auch so ein bisschen in sich gekehrt sind und sehr starke Ruhe ausstrahlen, in der Grabkunst. Aber offenbar ist das Bildwerk nicht aufgekauft worden oder hat den Auftraggeber nicht erreicht oder die Auftraggeberin. weil es aus dem Nachlass des Künstlers ins Museum gekommen ist.“
Für den Verkauf hätte der Bildhauer die Figur in Bronze gießen lassen müssen. Vielleicht ist dies auch geschehen – und das Modell verblieb beim Künstler. Darüber ist aber nichts bekannt. So bleibt es ein Werk mit offenen Fragen, allerdings auch mit vielen Erkenntnissen, die sich aus der Untersuchung des Materials ergaben:
„Man denkt, es könnte eine metallene Form sein, ein Material, das edel ist. Aber es handelt sich einfach um Gips. Um eine Reproduktionsmasse, die der Künstler aber gezielt eingesetzt hat, um daran auch etwas probieren zu können. Und zwar verschiedene Effekte.“
Der Grünton des Körpers und die schimmernden Brauntöne der Kleidung imitieren die Patina von Bronze. Die Haut hat Hudler glatt und ebenmäßig modelliert, die Kleidung mit Falten und kleinen Unregelmäßigkeiten. Auch Maltechniken probierte er aus, denn er hatte in München zunächst eine Ausbildung als Maler erhalten, bevor er an der Akademie Bildhauerei studierte.
Im Jahr 1900 kam der Künstler nach Dresden und machte schnell auf sich aufmerksam, unter anderem auch den Direktor der Skulpturensammlung Georg Treu.
In einem Hohlraum im Inneren der Büste fand man einen Zettel mit dem Hinweis, dass „Frl. Wandel“ 1901 auf der Internationalen Kunstausstellung in Dresden ausgestellt war. Wenige Jahre später starb August Hudler mit nur 37 Jahren. Sein Werk blieb lange unbekannt. Heute aber berührt „Fräulein Wandel“ wieder viele Menschen, ganz im Sinne des Künstlers:
„Bei ihr ist das so eine Verinnerlichung, so eine ganz starke Kontemplation, die ihm aber in seiner Kunst sehr wichtig gewesen ist…“
- Ort & Datierung
- 1899
- Material & Technik
- Gips, farbig differenzierte bronzeimitierende Fassung,
- Dimenions
- H: 61,0 cm, B: 50,0 cm, T: 30,0 cm
- Museum
- Skulpturensammlung
- Inventarnummer
- ASN 0950