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#45

Dresdener Gitter

Slavs and Tatars (gegründet 2006) | Bildhauer

02:06

Ein Absperrgitter mit Höckerchen, Sitzpolstern und Lesepulten? Klingt skurril, trifft es aber ziemlich genau. Die Skulptur von Slavs and Tatars, einem Künstlerkollektiv aus Berlin, ist unübersehbar inspiriert von den so genannten Hamburger Gittern, die bei großen Veranstaltungen im Freien aufgestellt werden, um die Menschenmassen zu bändigen. Mit dem Titel „Dresdener Gitter“ spielen Slavs and Tatars auf ganz konkrete Ereignisse der vergangenen Jahre an: die Proteste rechtsnationaler Kreise, die die Dresdner Gesellschaft tief gespaltet haben.

Aber das ist nur die eine Lesart. Das 2006 gegründete Kollektiv löst Themen fast immer aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen und setzt sie in neue: oft völlig ungeniert, ironisch gebrochen und unterhaltsam zwischen Hochkultur und Pop. So wird aus einem Absperrgitter ein museales Kunstwerk, das zum Sitzen, Lesen und zum Austausch einlädt. Die Buchstützen erinnern an Lesepulte für die heiligen Bücher in Kirchen, Synagogen und Moscheen – und erinnern damit auch an eine Zeit vor dem Buchdruck, als das Lesen nur einigen wenigen Gebildeten vorbehalten war und Bücher als fast heilig galten. 

Slavs and Tatars waren ursprünglich eine Lektüregruppe, was ihr großes Interesse an Literatur und Sprache erklärt. Die Mitglieder des Kollektivs verstehen ihre Arbeit als „Archäologie des Alltags“. Sie forschen über Traditionen, Religionen und Identitäten und greifen aktuelle Debatten auf. Ihr Blick richtet sich dabei ausschließlich auf den Kulturraum Eurasien – ein Gebiet, das Slavs and Tatars zwischen der Chinesischen Mauer im Osten und der bis 1989 existierenden Berliner Mauer im Westen verorten.

 

Material & Technik
Rostfreier Stahl, Kunstleder, Schaumstoff
Museum
Skulpturensammlung
Datierung
2018
Inventarnummer
ZV 4374
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