"Das Werk kennen Sie alle – jeder wird es kennen, es ist auf Briefmarken reproduziert, es ist das Bild der deutschen Klassik schlechthin. Schiller und Goethe vereint als Denkmal in Bronze in Weimar. Und wer ist der Bildhauer? Niemand weiß es."
Die Kuratorin Astrid Nielsen kennt natürlich den Namen. Es ist der Dresdner Ernst Rietschel. Sie sehen hier seinen Entwurf zu dem berühmten Dichterdenkmal in Weimar. Er wurde genau so – natürlich als vergrößerter Bronzeguss – umgesetzt, nur fehlt bei dem Entwurf noch der Lorbeerkranz, den Goethe und Schiller bei dem fertigen Denkmal gemeinsam in Händen halten.
Rietschel war als Bildhauer sehr erfolgreich. Schon mit 28 war er Professor an der Dresdner Kunstakademie. Die Kommission, die das Goethe-Schiller-Projekt realisieren sollte, entschied sich aber dennoch zunächst für Rietschels Lehrer, den sehr viel berühmteren Christian Daniel Rauch in Berlin. Der Entwurf, den Rauch ablieferte, zeigte die Dichter, wie damals üblich, in antiken Kostümen:
"Es gab eine ganz traditionelle Darstellungsweise in der Denkmalskunst bis zu dem Zeitpunkt, und zwar wurden Herrscher, Könige immer in einem antikischen Gewand gezeigt. Also mit so einem antiken Mantel. Christian Daniel Rauch hat das eben auch noch angewandt in seinen Denkmalsentwürfen –"
aber Rauchs Entwurf kam nicht an, und die Aufgabe wurde 1852 an Rietschel übertragen. Wie Sie sehen, stellte er Goethe und Schiller in zeitgenössisch-bürgerlicher Kleidung dar, und auf Augenhöhe: Beide sind gleich groß. Hier hat Rietschel allerdings geschummelt: Tatsächlich war Schiller größer als Goethe.
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„Das 19. Jahrhundert wird gemeinhin als DAS Jahrhundert der Denkmäler bezeichnet, in dem in vielen Städten an ganz zentralen Plätzen viele neue Denkmäler entstanden. Kannte man 1800 etwa in Deutschland 18 bis 20 große Denkmäler, waren es in den 1880er Jahren 800.“
So die Kuratorin Astrid Nielsen. Kritische Zeitgenossen sprachen seinerzeit von einer regelrechten Denkmal-Manie. Auf den Sockeln bekamen die ruhmreichen Herrscher zunehmend Konkurrenz:
„Es war etwas Neues im 19. Jahrhundert, nicht nur den Herrschern, den Königen, Denkmäler zu setzen, sondern auch Literaten, Musikern und anderen Geistesgrößen, das heißt, die Würdigung eines Lebenswerkes, was erworben wurde und was nicht angeboren war, war etwas Neues im 19. Jahrhundert. Das hängt zusammen mit der Zeit der Aufklärung, und natürlich auch mit einem aufkeimenden Demokratieverständnis, dass die politisch aktive Person, oder auch die Persönlichkeiten des kulturellen Lebens denkmalwürdig wurden.“
Ernst Rietschels Denkmal von Goethe und Schiller ist sein berühmtestes Werk, aber beileibe nicht sein einziges:
„Er hat viele Denkmäler geschaffen, nicht nur hier in Sachsen, sondern auch in Braunschweig beispielsweise das Lessing-Denkmal, das Luther-Denkmal in Worms. Er gehört mit zu den Gründern der sogenannten Dresdner Bildhauerschule, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts führend war – gerade was Denkmalkunst betraf.“
Und nicht zuletzt setzte Rietschel mit seinen Denkmälern auch einen nachhaltigen Trend. Die Persönlichkeiten auf den Denkmälern trugen nun zeitgenössische Kleidung:
„Das kann man sehr gut sehen gerade am Schiller- und Goethe-Denkmal, das kann man am Lessing-Denkmal sehr gut sehen. Zuvor waren die Dargestellten immer in einen antiken Mantel gekleidet. Das schaffte Ernst Rietschel ab, wodurch er auch eine besondere Nähe der Dargestellten zum Betrachter schuf.“
- Material & Technik
- Gips
- Museum
- Skulpturensammlung
- Ort & Datierung
- 1852/53
- Inventarnummer
- ASN 0061