Unser Blick reicht kaum über die Tischplatte. Fast wie ein Kind bestaunen wir das visuelle Schauspiel, das der Maler Claude Monet vor uns ausbreitet: Zum Greifen nah liegen fünf reife, samtige Pfirsiche in warmen Gelb- und Rottönen auf einer kalten, grau gemaserten Marmorplatte. Daneben ragt ein hohes Einweckglas auf, voller Pfirsiche, Gewürznelken und einer Stange Zimt, die einen herrlichen Geschmack verheißen.
Eine ungewöhnliche Form eines Stilllebens. Wie kam der damals 26-jährige Claude Monet darauf? Hören wir dazu die Kuratorin Heike Biedermann:
„Seine Tante unterstützte ihn und er weilte in ihrem Haus in Sainte-Adresse und fand eben dieses Motiv des Einweckglases, was durchaus ein sehr modernes Motiv in der Zeit ist. Die Technik des Einweckens wird sicher nicht schon lange gebräuchlich gewesen sein, weil der Zucker nicht preisgünstig zur Verfügung stand, denn erst mit der Kultivierung der Zuckerrübe war das möglich, solche Haltbarmach-Techniken zu entwickeln.“
So modern es in den 1860er-Jahren also war, Obst einzukochen, so modern setzte Monet sein Thema künstlerisch um. Seine Begeisterung galt bereits in diesem frühen Werk der Veränderlichkeit ein- und desselben Objekts durch das Licht: Wie sieht der frische Pfirsich auf der Tischplatte aus? Wie der eingekochte im Glas? Und wie gespiegelt im Marmor? Mit dieser Leidenschaft für das wechselhafte Erscheinungsbild der Dinge wurde er zu einem der Meister des Impressionismus, dem er fünf Jahre später mit seinem Gemälde „Impression, Sonnenaufgang“ den Namen geben sollte.
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Wie gehen wir heute mit Paul Gauguin um? Diesem Künstler, dessen Gemälde weltweit unzählige Menschen begeistern, der aber seinen Traum vom freien Dasein mit viel zu jungen Mädchen ausgelebt und seine Privilegien als Europäer in einem kolonialisierten Land ausgenutzt hat. Gauguins Werk kann heute nicht mehr gezeigt werden, ohne diesen Kontext zu thematisieren.
Ganz unumstritten waren Paul Gauguin und seine Bilder aus Tahiti aber von Anfang an nicht. Schon 1893, als diese Gemälde in Paris ausgestellt wurden, galt er den einen als genialer Künstler, der abseits der Zivilisation die Auffassung von Malerei neu definiert hatte. Andere sahen nur eine „koloniale Kunst voller Klischees“.
Im Lauf des 20. Jahrhunderts entwickelte sich dann der Mythos Gauguin. Daran hatte er selbst einigen Anteil. In seinen Schriften, vor allem in seinem Reisetagebuch Noa Noa, inszenierte er sich als „Wilder“, der eine vermeintlich ursprüngliche, von den europäischen Fesseln befreite Kunst schaffen wollte. Und obwohl er selbst die dramatischen Folgen der Kolonialisierung erlebte, inszenierte er die Insel in seinen Bildern als Paradies – und traf damit den Geschmack seiner Zeit. Traurige Ironie der Geschichte: In Europa entstand das verklärte Bild einer heilen Inselwelt – die es in der Realität längst nicht mehr gab. Die Sicht der Menschen, die unter den Kolonialmächten litten, die einen großen Teil ihrer Kultur und Identität verloren, die an den eingeschleppten Krankheiten starben, wurde in der Kunstwelt lange nicht berücksichtigt. Vergessen wurde auch, dass Tahiti eine eigene Geschichte hatte, lange bevor im 18. Jahrhundert erstmals Europäer einen Fuß auf die Insel setzten. Erzählt wurde nur aus europäischer Perspektive und rassistische und sexistische Klischees halten sich teilweise bis in die Gegenwart. Wie viele andere Museen auch versucht das Albertinum nun, möglichst viele Aspekte anzusprechen, damit sich die Besucher und Besucherinnen ein eigenes Bild von Paul Gauguin machen können.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Galerie Neue Meister
- Datierung
- 1892
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 2610