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Auch wenn wir nichts über Kapwani Kiwanga und ihre Skulpturen wissen, sehen wir sofort – es gibt eine enge Beziehung zu den Gemälden an der Wand, die Max Slevogt 1914 während der Kolonialzeit auf einer Reise entlang des Nils gemalt hatte: das gleiche kühle Morgenblau, das gleiche weiche Weiß der Wüste, das geheimnisvolle Dunkel der Frauenkleider.

Die in Kanada geborene zeitgenössische Künstlerin forscht schon lange über Farben, ihre Wirkung und Bedeutung. Für die Skulptur „Oriental Studies: Morgen“ wählte sie elf Farbtöne aus Slevogts „Morgen bei Luxor“. Restauratorinnen des Albertinum bestimmten die Farben am Original mit Hilfe eines standardisierten Systems, des NCS-Farbfächers. Danach wurden die Baumwohlstoffe gefärbt, über die Metallgestelle drapiert und so positioniert, dass sie in Beziehung zu den Gemälden treten, sich aber auch gegenseitig beeinflussen – je nach Tageszeit und Position beim Betrachten.

Das Licht spielt in diesem zeitenübergreifenden Dialog viele Rollen. Max Slevogt hatte seine Bilder unter freiem Himmel gemalt und wartete manchmal lange auf den idealen Lichteinfall. Wir sehen die Gemälde nun im eher kühlen Dresdner Tageslicht, das durch das Oberlicht fällt, und sich ständig wandelt. Der leuchtende Sockel der „Morgen-Skulptur“ zitiert optisch dieses Oberlicht, taucht die Stoffe aber in das warme Licht des Südens.

Wie nehmen wir Farben auf einem Gemälde wahr und wie auf einer schlichten Stoffbahn? Wie verändert sich ein Werk, wenn es in ein anderes Land transportiert und dort in einem Museum gezeigt wird? Und welche Machtverhältnisse in der Geschichte des Sehens und Gesehenwerdens werden dadurch aufgerufen? Solche Fragen interessieren die 1978 geborene Künstlerin. Sicher scheint, dass wir die Szenen vom Nil mit anderen Augen sehen können, seit Kapwani Kiwanga ihnen 2019 ihre „orientalischen Studien“ gegenübergestellt hat.