Die beiden Kamelreiter haben die Anhöhe erreicht. Bis zum Horizont erstreckt sich unter ihnen ein Meer aus Sand. Die gleißende Sonne taucht alles in ein grelles Licht. Selbst die Schatten unter den Körpern der Kamele sind hellgrau. Doch Gefahr fesselt den Blick der Reiter und der Tiere: Rasch nähern sich dichte Wolken, ein Sandsturm zieht herauf.
Der Maler Max Slevogt reiste 1914 gemeinsam mit drei Freunden nach Ägypten. Im Gepäck hatte er bereits aufgespannte und grundierte Leinwände in drei Formaten, dazu Farben und Transportkisten. Dieses Gemälde entstand unweit des Simeonklosters bei Assuan am Nil. Wie alle Bilder auf der Reise malte es Slevogt „en plein air“, also unter freiem Himmel. Die Gleichförmigkeit der Wüste hielt er in hellen Ocker- und Gelbtönen fest, mit dünn lasierenden und pastos dick aufgetragenen Partien. Doch erst im Kontrast zu den Kamelreitern, deren schwarzblaue Kleidung er in expressiv gesteigerten Farbflächen wiedergibt, wird der extreme Naturraum charakterisiert. Indem er sie in radikaler Verkürzung in den Vordergrund stellt, hebt er die vegetationslose Weite optisch hervor.
Die ungewöhnlichen Entstehungsumstände notierte Slevogts Begleiter, der Journalist und Kulturwissenschaftler Eduard Fuchs, in seinem Reisetagebuch:
„Wüstenbild gemalt bei stetem und teils starkem Wind. Alles musste ununterbrochen die Staffelei halten …“
Der Wüstenwind hat seine Spuren im Bild hinterlassen: In der Ölfarbe finden sich zahlreiche Sandkörner, die auf die Leinwand geweht wurden.
Auf der fünfwöchigen Reise von Alexandria nach Kairo und von dort den Nil entlang bis in den Süden nach Assuan, vollendete Slevogt 21 Gemälde. Bis auf eines verkaufte er sie alle an die Dresdner Sammlungen, die mit heute noch 17 Gemälden aus der Serie ein einzigartiges Dokument der impressionistischen Landschaftsmalerei besitzen. Mit dem Erlös konnte Slevogt das Gutshaus seiner Schwiegereltern in der Pfalz ersteigern.
Weitere Medien
Seit seiner Kindheit faszinierten Max Slevogt Märchen und Geschichten aus dem Morgenland. Und er war damit nicht allein. In ganz Europa herrschte zu Anfang des 19. Jahrhunderts eine Orientbegeisterung. Kuratorin Heike Biedermann:
„So reiste Slevogt 1914 mit einem Bilderkosmos im Kopf nach Ägypten, der gespeist war von phantastischen Vorstellungen, die er aus Tausendundeiner Nacht kannte und mit denen er sich auch künstlerisch über die Jahre schon beschäftigt hatte, nämlich in vielen, vielen Zeichnungen und Grafiken und Illustrationen, zum Beispiel zu Ali Baba und die Vierzig Räuber und dadurch waren die Sujets auch in seinem Kopf schon vorgegeben, natürlich. Er hatte Ideen, was er in Ägypten finden wollte.“
Und er fand es:
„Das ganze Leben ist tausendundeine Nacht […] so unverfälschter Orient“,
schreibt er begeistert aus Kairo an seine Frau. Doch dieser „unverfälschte“ Orient entspringt seinem europäischen Blick. Und Slevogt blendet so manche Lebensrealität aus. Dennoch romantisiert er seine Motive nicht. Max Slevogt fängt auf impressionistische Weise ein, was er sieht.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Galerie Neue Meister
- Datierung
- 1914
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 2547