Schonungslos zeigt uns Otto Dix einen ewigen Kreislauf des Grauens: Soldaten marschieren in den Kampf, in eine apokalyptische Landschaft. Wer nicht umkommt, schleppt andere Verwundete aus der Schusslinie. Danach geht es hinunter in den Schützengraben, in den mit Brettern befestigten Unterstand, wo sie wie Todgeweihte schlafen. Nach wenigen Stunden geht es wieder hinaus und das Grauen beginnt von neuem.
Der junge Otto Dix hatte sich 1914 nach seinem Einberufungsbefehl freiwillig an die vorderste Front gemeldet. Er war damals 23 und wollte den Krieg mit eigenen Augen sehen. In der Augenzeugenschaft und in der Sachlichkeit seiner Schilderung liegt die enorme Wucht des Bildes, wie Kuratorin Birgit Dalbajewa betont:
„Er schafft letzten Endes ein großes Antikriegsdenkmal, aber es ist nichts, was mit dem erhobenen Zeigefinger eine Moral mit Symbolik zum Ausdruck bringt. Das Bild ist vielleicht in der Kunstgeschichte, in der deutschen Kunstgeschichte so wichtig wie das Bild ‚Guernica’ von Picasso, was wenige Jahre später entstanden ist, arbeitet aber ganz anders, nicht mit einer Symbolik, sondern mit einer scheinbaren Schilderung einer Situation, die wirkt selbst.“
Otto Dix entschied sich für ein sehr traditionelles Format – das sogenannte Triptychon, das aus einer breiten Mitteltafel und zwei Seitenflügel sowie der unten angesetzten Predella besteht. So erinnert das Gemälde bewusst an einen spätmittelalterlichen Flügelaltar. Doch anders als dort wird hier keine Erlösung versprochen.
Dass dieses Bild mit seiner pazifistischen Botschaft den Bildersturm des Dritten Reiches überstehen konnte, ist ein Wunder. Dix selbst versteckte es vor den Nationalsozialisten, und so konnte es 1946 bei der Ersten Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden gezeigt werden.
1968 wurde es von Dix für Dresden erworben. Um die dazu nötigen Mittel aufzubringen, mussten zahlreiche Stücke aus dem Historischen Museum, der Porzellansammlung und aus der Gemäldegalerie Neue Meister verkauft werden – eine widerspruchsvolle, mit Gewinn und Verlust verbundene Erwerbungsgeschichte.
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1933 hatte Otto Dix das Kriegstriptychon mit Hilfe von Freunden außerhalb von Dresden versteckt. Nach dem Krieg wurden die Tafeln rasch geborgen; 1946 waren sie auf der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden ein Publikumsmagnet.
Schon damals bemühen sich die Staatlichen Kunstsammlungen um den Erwerb des Triptychons. Verkaufen will Dix damals noch nicht, zu einer Leihgabe ist er jedoch bereit. Seit 1957 ist das Triptychon in Dresden zu sehen – bis Dix 1967 den Leihvertrag kündigt. Daraufhin nehmen die Kunstsammlungen einen zweiten Anlauf, um die Tafeln zu erwerben. Diesmal ist Dix einverstanden, verlangt aber einen für die DDR schmerzhaft hohen Preis: 500.000 Mark – in Valuta, also in der Währung der Bundesrepublik. Valutamittel sind in der DDR jedoch knapp. Das Ministerium für Kultur der DDR erklärt, dass es keine Sondermittel gibt, man aber dennoch einen Weg zum Erwerb des so wichtigen, realistischen Anti-Kriegs-Werkes suchen kann. Dieser Weg besteht darin, Objekte aus den Sammlungsdepots zu verkaufen: Objekte aus der Rüstkammer, der Porzellansammlung, dem Grünen Gewölbe und der Galerie Neue Meister werden im westlichen Kunsthandel veräußert. Der Erlös deckt die Kosten, um das Triptychon zu kaufen.
Der gesamte Vorgang soll eigentlich geheim bleiben. Im März 1970 berichtet jedoch die Presse in London über eine Auktion bei Sotheby's: Ein barocker Prunkdegen aus den Beständen der Dresdner Rüstkammer hat einen Rekordpreis erzielt! Mit der Geheimhaltung ist es von nun an vorbei, die Zeitungen berichten über die Verkäufe und vermuten – zu Recht, wie sich zeigen sollte –, dass der Erlös dem Ankauf einer hochkarätigen Leihgabe dienen solle.
Bis heute ist es eine Streitfrage, ob Museen für Neuerwerbungen Objekte aus ihren Beständen verkaufen dürfen.
- Ort & Datierung
- 1929/32
- Material & Technik
- Mischtechnik auf Holz
- Dimenions
- (4-teilig): Mitteltafel 204 x 204 cm; linker und rechter Flügel je: 204 x 102 cm; Predella: 60 x 204 cm (Katalogmaß 2010) linker Flügel: 222,2 x 117,3 x 6,3 cm; Mitteltafel: 219 x 215,9 x 8 cm; rechter Flügel: 222,5 x 117 x 6,3 cm; Predella: 75 x 123 x 6,3 cm (Rahmenmaß, Tobias Lange, 28.04.2010)
- Museum
- Galerie Neue Meister
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 3754