Der Expressionist Erich Heckel zählt zu den Gründungsmitgliedern der Dresdener Künstlergruppe „Die Brücke“. Als er 1916 das Bild „Männer am Meer“ malt, ist „Die Brücke“ jedoch längst Vergangenheit. Heckel leistet Kriegsdienst in Flandern. Die Kuratorin Birgit Dalbajewa erläutert:
„Heckel war als Sanitäter nicht direkt an der vordersten Front, sondern in Ostende stationiert, im Hinterland. Und in diesem Umfeld in Ostende hat man sich natürlich mit dem Schicksal junger Männer, verwundeter junger Männer auseinandergesetzt –“
– was Heckel wohl auch zu den „Männern am Meer“ inspirierte. Vordergründig zeigt das Bild eine Alltagssituation. In der Freizeit durften die Sanitäter und leichter verwundete Soldaten am Strand baden gehen. Die beiden Männer, der eine schwarzhaarig, der andere hellblond, sind ganz selbstverständlich nackt; wie im Gespräch blicken sie einander an. Zugleich hat Heckel, inspiriert von der Romantik, so etwas wie ein modernes Freundschaftsbild geschaffen:
„Wichtig waren für die Expressionisten in der Zeit solche Begriffe wie das Wir, das Ich, das Du. Also ein Mensch ist moralisch nur vollständig, wenn er ein Gegenüber, ein Du hat.“
Mit dem Boot im Hintergrund verweist Heckel auf das romantische Symbol des Lebensschiffs:
„In dieser Phase von Heckel denkt er und arbeitet er so – ein Lebensschiff im Strom der Zeit. Also wohin geht es mit uns, wohin geht es mit der ganzen Generation?“
Das Bild gehört zu den frühen Ankäufen moderner Kunst für die Gemäldegalerie nach Ende des Ersten Weltkriegs. Der Direktor Hans Posse erwarb es 1920, finanziert vom Förderverein der Dresdner Galeriefreunde. 1937 wurde das Gemälde von den Nationalsozialisten als „entartet“ beschlagnahmt und 1940 einem Kunsthändler überantwortet, der es im Ausland verkaufen sollte. 2011 konnte es für die Galerie Neue Meister zurückerworben werden.
Weitere Medien
Dresden, 1905. Ernst Ludwig Kirchner, Fritz Bleyl, Karl Schmidt-Rottluff und Erich Heckel sind Studenten an der Technischen Hochschule. Ihr Fach: Architektur. Eigentlich interessiert sie jedoch die Kunst. Nicht die akademische Kunst nach vorgegebenen Theorien. Ihnen schwebt eine neue Kunst vor, ohne Regeln, die spontan aus dem Augenblick heraus entstehen soll, im Atelier, das zugleich auch als Wohnraum dient. Kunst und Leben sollen eins sein. Um ihr Projekt zu verwirklichen, gründen die vier eine Künstlergruppe: "Die Brücke":
"Als Jugend, die die Zukunft trägt, wollen wir uns Arm- und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den wohlangesessenen älteren Kräften. Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt, was ihn zum Schaffen drängt."
Für junge Künstler war es nicht leicht, sich in der Kunstszene zu etablieren – als Gruppe war das einfacher. Bereits im ersten halben Jahr produzieren die vier genügend Bilder für eine Ausstellung in Dresden – in einem Lampengeschäft. In den folgenden Jahren zeigen sie ihre Werke sowohl in renommierten Dresdner Galerien als auch in Wanderausstellungen, die durch ganz Deutschland geschickt werden – in Kunstvereinen und Galerien. Dort ist man generell von Neuem angetan, konservative Kritiker aber schreiben abwertend von "Farbenirrsinn" und "Höllenkarneval".
Auch Werbung macht die Gruppe gemeinsam, mit selbst entworfenen Plakaten, Katalogen und Einladungskarten. Gegen einen Jahresbeitrag bietet sie passive Mitgliedschaften an, verbunden mit eigens gestalteten Mitgliedskarten und Jahresmappen. Auf diese Weise schafft sich die "Brücke" ein Netzwerk aus Förderern und Sammlern.
1906 tritt Max Pechstein der Gruppe bei, Fritz Bleyl verlässt sie 1907. Bis Ende 1911 ziehen alle Mitglieder von Dresden nach Berlin. Dort kommt es zu Konflikten. 1913 löst sich die "Brücke" nach acht Jahren auf.
- Material & Technik
- Tempera auf Leinwand
- Museum
- Galerie Neue Meister
- Datierung
- 1916
- Inventarnummer
- Inv.-Nr. 2011/38