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Über viele Jahrhunderte war Salz eines der wichtigsten Handelsgüter in Europa. Im römischen Reich wurde es gar mit Gold aufgewogen. Nicht nur zum Würzen von Gerichten erfreute es sich großer Beliebtheit. Da es aufgrund seiner chemischen Struktur Feuchtigkeit entzieht, war es unerlässlich zur Konservierung von verderblichen Speisen wie Fisch und Fleisch. Im vorindustriellen Zeitalter führte die Gewinnung und Verarbeitung des Rohstoffs folglich zu großem Reichtum. Anders als die heute üblichen Streuer und Mühlen wurde Salz damals zumeist in kostbaren Gefäßen gereicht. Bei deren Gestaltung wurden funktionale Aspekte nicht selten von materiellen und dekorativen überflügelt; so auch bei der vorliegenden Silberschale.

Mit ihren Löwenfüßen und -köpfen, kannelierten, kreuzförmig verstrebten Beinen und ihrer verzierten Rundschale greift sie die Formensprache der Antike auf. Einem nicht näher bekannten, aber wahrscheinlich im süddeutschen Raum ansässigen Silberschmied lagen womöglich konkrete Vorbilder vor. Der Salzschale am ähnlichsten sind die dreifüßigen Gestelle, die in den vornehmen Haushalten der griechischen und römischen Antike zumeist Feuerschalen trugen.

Dabei muss es sich nicht notwendigerweise um ein archäologisches Fundstück gehandelt haben. Auch grafische Reproduktionen vermittelten einen lebendigen Eindruck von derartigen Objekten, die sich in Sammlerkreisen seit dem 15. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreuten. Statt eines großen, bronzenen Möbelstücks, das der Verbrennung von Opfergaben dient, haben wir es hier mit einem miniaturhaften, silbernen Tafelgerät zur Aufbewahrung von Speisesalz zutun. Die Spannung des Entwurfs liegt in beiden Fällen in der strengen Geometrie, die zwischen der Wölbung der Schale und der Linearität der Beine und Verstrebungen vermittelt.

Text: Alexander Röstel

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