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Tasse mit Groteskendekor

Diese kleine Tasse aus Meissener Porzellan zeichnet sich durch ein Dekor aus, der von antiker Wandmalerei, sogenannten Grotesken, inspiriert ist. Dazu zählen beispielsweise die Rankenornamente, Girlanden und maskenartigen Verzierungen, die in regelmäßigen Abständen wiederholt werden und die viereckige Bildfelder einfassen, die antiken Kameen entlehnt sind. In Anspielung auf die Verwendung der Tasse befindet sich auf ihrer Schauseite beispielsweise eine Szene mit einem Trankopfer, bei der ein nackter Jüngling eine Flüssigkeit auf einen geweihten Altar gießt. Die Verbreitung dieses Stils ist untrennbar mit der Wiederentdeckung der Domus aurea, dem großen Palast des römischen Kaisers Nero, im ausgehenden 15. Jahrhundert verbunden. Mit der Rückbesinnung auf klassische Gestaltungsprinzipien in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gewann auch die Groteskenmalerei wieder an Bedeutung.

In diese Zeit fällt nicht nur die Ausgestaltung der Kaiserzimmer, sondern auch die Blüte der Meissener Porzellan-Manufaktur unter Camillo Marcolini, dem Kurfürst Friedrich August III. am 20. August 1774 die Direktion übertragen hatte. Marcolini war es auch, der der berühmten Schwertermarke den Stern hinzufügen ließ, der sich auf der Unterseite der Tasse findet. Sie veranschaulicht somit den Einzug des Klassizismus in die Produktpalette der Manufaktur, wenngleich als ein äußerst seltenes Beispiel für Groteskendekorationen; eine dazugehörige Untertasse ist nicht erhalten. Deutlich verbreiteter waren die Biscuitfiguren, die Johann Carl Schönheit und Christian Gottfried Jüchtzer in Anlehnung an antike Skulpturen aus Dresdner Sammlungen geschaffen haben.

Text: Alexander Röstel

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