Der sechsflammige Kerzenleuchter ist ein Paradebeispiel für das Empire, einer Form des Klassizismus, die untrennbar mit der Regierungszeit von Napoleon Bonaparte verbunden ist, der von 1799 bis 1804 als Erster Konsul und von 1804 bis 1815 als Kaiser die Geschicke seines Landes leitete. Die Assoziation mit Napoleon erklärt auch die europaweite Verbreitung dieser Stilrichtung, selbst in den Ländern, die er nicht erobert hat. Neben der griechischen und römischen Antike ist die Kultur des Alten Ägyptens maßgeblich für diese Stilrichtung, die sich insbesondere auf Innenausstattungen und das Kunsthandwerk bezieht.
Ein Material kommt in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit zu: feuervergoldetes Messing. Seine Ver- und Bearbeitung wird in dieser Zeit zu einer ganz besonderen Blüte geführt. Nie zuvor waren Messingarbeiten so detailgenau, filigran und fein gearbeitet. Verschiedene Einrichtungsgegenstände wurden in diesem Material gefertigt, darunter neben Decken- und Tischleuchtern, Kleinskulpturen, Uhrgehäusen, Gefäßen und Möbelbeschlägen auch Kandelaber wie dieser.
Der Kerzenhalter besticht durch seine Kombination aus hochglänzenden und mattierten Flächen, die Feinheit seiner Ausarbeitung, insbesondere der Leuchterarme, und den fantasievollen Umgang mit der antiken Formensprache. Er steht auf einer quadratischen Plinthe mit zylindrischem Postament, dessen Oberfläche an die als opus reticulatum bezeichnete Verblendung antiken Mauerwerks erinnert. Darauf ruht eine kannelierte Säule, deren Kapitell nicht etwa ein Gebälk trägt, sondern einen Kranz aus Früchten, aus dem die von Akanthusblättern gestützten Leuchterarme zu wachsen scheinen.
Text: Alexander Röstel