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Reliefplatten Villeroy & Boch

Auf den beiden rechteckigen Platten erscheinen Themen der antiken griechischen Mythologie, wie der Hochzeitszug von Amor und Psyche oder der festlichen Opferszene, deren Szenen von Bäumen mit zartem Blattwerk dekorativ eingerahmt sind. Derartige mythologische Motive und die an antiken Kameen erinnernden Reliefarbeit erweisen dem Klassizismus Referenz.

Dank der rückseitig mit einem Stempel eingeprägten Turmmarke und Ziffern lassen sich die beiden Reliefs als Arbeiten der im saarländischen Mettlach angesiedelten Firma Villeroy & Boch aus dem Jahr 1902 identifizieren. Für die Entwürfe zeichnete der aus dem Elsaß stammende Künstler Jean-Baptiste Stahl (Johann Baptist Stahl, 1869-1932) verantwortlich, dessen Kürzel ST auf den Platten zu sehen ist.  Als Modellmeister bei Villeroy & Boch war er zudem mit der Entwicklung neuer Techniken wie etwa dem hier verwendeten Phanolith-Verfahren betraut. Der Begriff Phanolith leitet sich von den altgriechischen Wörtern phanein (durchscheinen) und lithos (Stein) ab. Dieses gehörte zu den erfolgreichsten Erfindungen der Manufaktur, mit der Stahl auf der Weltausstellung 1900 in Paris den Großen Preis gewann. Dabei werden die in einem Reliefmodell geformten weißen Partien auf den farbigen, ungebrannten Steinzeugkörper appliziert. Im Anschluss werden die im Hochrelief angelegten Motive oft durch mehrere Schichtauftragungen mit weißem Schlicker weiter aufgebaut bzw. eingeschnitten, wodurch eine dreidimensionale, malerische Tiefenwirkung erreicht werden kann. Als Vorbild für dieses aufwändigen Dekorverfahren fungierten sowohl die Jasperware der englischen Manufaktur Wedgwood als auch die Pâte sur Pâte-Technik des französischen Herstellers Sèvres.

Die aufgestellten Wandreliefs zeigen ein hochdetailliertes, zartes Reliefbild der Figuren in strahlendem Weiß, während dunklere Bereiche des Reliefbildes den Eindruck von Schatten vermitteln. Diese einzigartige Kombination von plastischem Reliefbild und malerisch-durchscheinendem Hintergrundbild brachten Stahls Werk in der Zeit große Bekanntheit. Die vorliegenden Exemplare sind ein eindrucksvolles Zeugnis dafür.

Text: Sojin Baik

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