Der Entwurf dieses Vitrinenschrankes aus dem Jahr 1936 geht auf den Kölner Architekten Georg Satink (1902-1985) zurück, der 1934 künstlerischer Mitarbeiter der Deutschen Werkstätten in Hellerau geworden war. Nach seiner handwerklichen Ausbildung hatte er die Kunstgewerbeschule in Köln besucht, ehe er von 1922 bis 1932 als Meisterschüler im Büro von Bruno Paul arbeitete. Im Dritten Reich war er Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste. Satink ist heute hauptsächlich für seine avantgardistischen Möbel bekannt. Der Vitrinenschrank steht exemplarisch für die Geradlinigkeit und die Materialsichtigkeit, die seine Entwürfe auszeichnen. Sie spannen eine Traditionslinie, die nahtlos vom Empire zum Art Déco reicht.
Der Schrank ist Teil eines Speisezimmers, zu dem auch ein runder, ausziehbarer Tisch sowie eine Kredenz gehören, die ebenfalls am Kunstgewerbemuseum bewahrt werden (Inv.-Nr. 41988 und 41987). Sie sind in den gleichen Materialien gefertigt und ebenfalls durch klare Formen und Materialien gekennzeichnet. Ihre Kombination hätte – ganz im Sinne der ganzheitlichen Raumausstattungen, die Satink vorschwebten – ein eng aufeinander abgestimmtes Ensemble ergeben.
Der Vitrinenschrank lässt Satinks Assoziation mit Bruno Paul erkennen, der als einer der Wegbereiter der modernen Architektur in Deutschland gilt. Wie der Mittelrisalit einer barocken Fassade springt dessen auf kurzen Vierkantfüßen stehender Korpus hervor. Wenig lenkt vom Erlebnis des kostbaren Mahagonis ab, das sogar noch dunkel nachgebeizt wurde. Lediglich ein ovaler Messingbeschlag zum Verschluss akzentuiert das zweitürige Unterteil. Das Oberteil, das mit Glasschiebetüren geöffnet werden kann, ist mit Ahornholz ausgekleidet, wobei dieses längsgeschnitten wurde, um ein streifenförmiges Muster zu gewinnen.
Text: Alexander Röstel