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Oskar Zwintscher, Der Tote am Meer, 1913

Leihgabe der Städtischen Galerie Dresden

Im Sommer 1912 reiste Zwintscher über Rügen auf die Insel Bornholm, Küstenlandschaften prägten danach viele seiner Gemälde. In „Der Tote am Meer“ entwarf der Maler eine tragische und in ihrem Symbolgehalt ebenso geheimnisvolle wie unkonventionelle Szenerie, die mit dem Meer in Beziehung zu stehen scheint.

Das Arrangement der antikisch wirkenden Frauengestalt und des nackten toten Mannes zu ihren Füßen lässt zunächst eine klassische Trauerszene vermuten, in der die Frau den Mann beklagt – gleich dem Pietà-Motiv, also der Wehklage Mariens über den toten Christus. Die Gegenüberstellung der beiden Figuren in ihrer Gegensätzlichkeit von Individualisierung und Stilisierung, Nacktheit und Verhüllung sowie das Zusammenspiel mit der reduzierten Landschaft im Hintergrund verweisen jedoch auf weitreichendere Bildthemen. Hier findet keine Beweinung in arkadischen Gefilden statt, vielmehr wird die Reduktion zum Sinnbild von Ort- und Zeitlosigkeit.

Während die weibliche Figur als Stereotyp einer antiken Schönheit in stolzer Haltung dem männlichen Toten gegenübergestellt wird, liegt der Verstorbene belanglos, fast schon wie ein anatomisches Anschauungsobjekt der Frau zu Füßen. Das einstige Trauermotiv wandelt sich so in eine melancholische Szene, in welcher der Dualismus von Leben und Tod dem Geschlechterkonflikt untergeordnet wird.

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