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Fragment eines Zeremonial-Ornats

 Tongaisch: sisi fale

Herstellerin uns nicht bekannt

Ozeanien, Polynesien, Tonga-Archipel (Tongatapu, ‘Eua, Nomuka o. Lifuka/Ha‘apai-Gruppe)

Vor 1781

Kokosfasergeflecht, Schildpatt, Muschelscheiben, Schnecken, rote Federn

Erworben 1773-74 oder 1777 auf der zweiten oder dritten Expeditionsreise von Captain James Cook im Pazifik. Von welchem Reiseteilnehmer das Objekt im Tonga-Archipel erworben wurde, ist bislang nicht bekannt.

Von Großbritannien nach Deutschland gelangt durch den in London wirkenden Herrnhuter Benjamin La Trobe.

Inv.Nr. 68364

Nur der Tuʻi Tonga – der einem König vergleichbare höchste Anführer des Tonga-Archipels im 18. Jahrhundert – und die ranghöchsten Distriktchefs durften vor 250 Jahren ein sisi fale tragen, von dem in der Herrnhuter Cook-Sammlung ein seltenes Fragment vorhanden ist.

Ursprünglich bestand das von den britischen Ankömmlingen naiv „Tanzschurz“ (Englisch: apron) genannte Ornat aus zumeist 12 solcher Fragmente, die bei Zeremonien rund um die Hüfte gebunden wurden. Schnecken, Kokos- und Muschelschalen sowie Schildpatt wurden aufwändig in die Schlaufen des Kokosgeflechts eines sisi fale eingearbeitet. Sie dienten zum einen dazu, die heiligen roten Federn, mit denen das Ornat über und über besetzt war, kontrastreich zur Geltung zu bringen und so göttliche Energie – mana – zu mobilisieren. Zugleich ergab die Gesamtheit der Puzzleteile in der abstrakten Formensprache Polynesiens eine mythische Erzählung von jenen Ahnengöttern, auf die der Träger des Ornats seine göttliche Herkunft zurückführte.

Captain Cook und seine naturwissenschaftlichen Begleiter konnten bei ihren ersten Begegnungen mit Tongaern die hohe spirituelle Bedeutung und den enormen Status-Wert eines solchen Ornats schon aufgrund fehlender Sprachkenntnisse nicht ergründen. Indes bemerkten sie doch, dass die vielen kleinen Stücke eine effektvolle „Komposition“ ergaben. Wie James Cook notierte, waren sie „so zusammengeflochten, dass sie Sterne, Halbmonde und kleine Quadrate ergaben“.

Sein naturwissenschaftlicher Zeichner auf der zweiten Expedition, der Deutsche Georg Forster, hielt in seiner Chronik „Reise um die Welt“ die „Knie-Schürze ... mit sternenförmigen Figuren“ für „das sonderbarste, was wir von ihnen erhandelten“.

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