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James Cook und der Cook-Mythos

Nathaniel Dance-Holland: Captain James Cook (1775/1776)
National Maritime Museum, London 

Im Jahre 1768 brach der legendäre britische Seefahrer James Cook (1728–1779) als vierzigjähriger Leutnant zum ersten Mal auf, um die Welt zu umrunden – ins Blaue hinein, denn ein Drittel des Globus war damals noch nicht kartiert. Keine zwölf Jahre später war der Pazifische Ozean dank der drei Cook‘schen Expeditionen von der Beringstraße bis zum Südpol, von Alaska bis Tasmanien in seinen wesentlichen Konturen erfasst. Mächtige Inseln wie Aotearoa/Neuseeland und Neukaledonien tauchten auf den europäischen Karten auf, die Küstenlinien Australiens, die Gesellschafts­inseln um Tahiti und die Inselkette der Marquesas, die Tonga-Gruppe und die Neuen Hebriden, die Tuamotus und die Inseln Hawai’is. „Mein Streben führt mich nicht nur weiter als je einen Menschen zuvor“, formulierte der Captain und Commander seinen Anspruch, „sondern so weit, wie der Mensch überhaupt nur gehen kann.“

Cooks Aufstieg vom Tagelöhnerkind aus Yorkshire zum berühmtesten Seefahrer des 18. Jahrhunderts ist alles andere als typisch. Seine Sporen verdiente er sich als überaus fähiger Kartograf, beginnend mit dem kanadischen Sankt-Lorenz-Strom 1758. Zum Mythos aber wurden seine drei Weltreisen. Auf Cooks erster Weltumsegelung (1769–1771) zur Beobachtung des Durchlaufs der Venus vor der Sonne auf Tahiti machte Cook die Torresstraße zwischen Australien und Neuguinea aus und ging als erster Europäer in Aotearoa/Neuseeland an Land. Besondere Bedeutung hat James Cook für die britische Entdeckungsgeschichte Au­straliens. Bis zu Cooks Landung in der Botany Bay (heute Sydney) am 28. April 1770 hatte kein Europäer den Boden Australiens betreten.

Die zweite Cook‘sche Weltumsegelung (1772–1775) gilt als eine der größten Entdeckungsfahrten der Menschheit. Nicht nur, weil der Brite und seine Crew durch Umrundung des Südpols endgültig klären konnten, dass es einen fruchtbaren Kontinent in antarktischen Breiten, die ominöse Terra australis incognita, nicht gab. Sondern auch, weil mit Neukaledonien, den Neuen Hebriden (heute Vanuatu) und vielen kleineren Inseln weit mehr geografische Entdeckungen gelangen als auf Cooks erster Reise. Dabei konnte er erstmals eine präzise Uhr, den Kendall’schen Chronometer, zur genauen Bestimmung von Längengraden nutzen, sodass er neu entdeckte Küsten exakt auf europäischen Karten verorten konnte – ein Meilenstein für die europäische Seefahrt.

Auf der dritten Cook’schen Weltreise (1776–1780) zur Überprüfung der Schiffbarkeit der Nordwestpassage zwischen Stillem Ozean und Atlantik im Norden Amerikas konnte der britische Seefahrer nicht nur deren Unpassierbarkeit klären, sondern auch die Inseln Hawai‘is aufspüren. Zudem fanden Cooks Fahrten mit Naturgelehrten im Zeichen der Aufklärung statt – darunter die Deutschen Johann Reinhold Forster und Georg Forster, die unbekannte Inseln naturwissenschaftlich erkunden und eine Fülle neuer Tier- und Pflanzenarten entdecken konnten, sich aber vor allem für die Menschen Ozeaniens interessierten und Hunderte ihrer Kulturzeugnisse erwarben.

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