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Götterdämmerung auf Hawai’i (2)

Andererseits entwickelte sich auf den 137 Inseln des hawai’ianischen Archipels in gut 1000 Jahren eine eigenständige Formensprache. Aufgrund der reicheren Vogelwelt entstanden hier aus Hunderttausenden sakraler roter und seltener gelber Federn Federmäntel (ahu ‘ula), Federhelme (mahiole) und Federgötter (ki'i hulu manu) – wie nirgends sonst in Polynesien. Der hawai‘ianische Rindenbaststoff (kapa) hatte im Vergleich zum braun-schwarzen ngatu aus Tonga oder der weiß-gelblichen tapa aus Tahiti eine weit größere Palette an Farben und Mustern aufzuweisen. Unterschiede, die Captain Cook und seinen Mitreisenden nicht verborgen blieben, die auf Hawai’i Hunderte „Südsee-Curiositäten“ einhandelten. James Burney etwa, Cooks Begleitoffizier auf dessen zweiter und dritter Weltumsegelung, konnte seine „Sammlung“ auf Owhyhee/Big Island nicht nur mit sakralem Rindenbaststoff, sondern auch mit dem heiligen Federbildnis einer Gottheit aufstocken.

Die ungewöhnliche Bereitschaft der polynesischen Bewohner, sakrale Requisiten in fremde Hände zu geben, hatte vermutlich mit einem folgenreichen Missverständnis zu tun: Als die beiden britischen Schiffe am 17. Januar 1779 in der Bucht von Kealakekua auf Big Island vor Anker gingen, wurde Captain Cook von den Einheimischen für einen ruhmreichen zurückkehrenden Ahnengott, für Lono-i-ka-Makahiki gehalten und entsprechend gefeiert. Cook lag wenig daran, diesen Irrtum aufzuklären. Und so erhielt er nicht nur reichlich Proviant, sondern wurde am 26. Januar 1779 auch vom ranghöchsten Anführer (ali’i nui) Kalaniop’u empfangen, wobei den Briten in einer Zeremonie eine große Anzahl kostbarer Kulturzeugnisse Hawai’is überreicht wurde.

Am Ende aber konnte die gottgleiche Behandlung James Cook nicht davor bewahren, ausgerechnet am selben Ort, in der Bucht von Kealakekua, den Tod zu finden: Zunächst waren Cook und seine Crew von Hawai’i wieder abgereist, dann erzwang ein Mastbruch im Sturm die Rückkehr, doch inzwischen galt ein Tabu (kapu) für das Ankern in Kealakekua. Als die Briten dennoch an Land gingen und die Hawai’ianer ein Beiboot festsetzten, versuchte Cook die Geiselnahme hochrangiger hawai’ianischer ali‘i, um das Boot zurück zu erlangen. So kam es zu einem Handgemenge, bei dem der Kapitän das Feuer auf heranrückende hawai‘ianische Krieger eröffnete und in Folge dessen von ihnen erdolcht wurde. Die beiden Schiffe dieser dritten Cook’schen Erkundungsreise kehrten schließlich 1780 ohne ihren berühmten Captain nach England zurück.

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