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TEXTPASSAGEN ÜBER AOTEAROA / NEUSEELAND von der 2. Reise

Für die Ausstellung im Original gekürzt von F. Vorpahl, 2023

Erster Teil

Sechstes Hauptstück.

Reise von Dusky-Bay nach Charlotten-Sund.
Wiedervereinigung mit der Adventure.
Verrichtungen daselbst.

 

Sobald das Boot mit den Seehunden wieder zurückgekommen war, steuerten wir, bey hohen aus Südwest gehenden Wellen und von ganzen Schaaren rußbrauner Albatroße und blauer Sturmvögel begleitet, gegen Norden. Je weiter wir an der Küste herauf kamen, je niedriger schienen die Berge zu werden, und in den ersten vier und zwanzig Stunden stieg das Thermometer schon 7½ Grad; denn als wir Dusky-Bay verließen, hatte es auf 46 Grad gestanden, und des andern Morgens um 8 Uhr wars 53½.

In der Gegend von Cap Foul-Wind, (böser Wind) neben welchem wir uns am 14ten befanden, hörte der gute Wind auf, und ward uns, gleichsam um die Benennung des Caps wahr zu machen, völlig zuwider. Den 16ten stürmte es den ganzen Tag und wir lavirten diese Zeit über bis dicht unter Rocks point.

Um 4 Uhr des folgenden Morgens giengen wir mit gutem Winde ostwärts, und waren um 8 Uhr dem Cap Farewell gerade gegenüber. Das Land sahe hier an der Küste flach und sandig aus; gegen das Innere des Landes aber ragten hohe Berge mit beschneiten Gipfeln empor. Ganze Schaaren von kleinen Sturm-Täuchern (procellaria tridactyla, little diving petrels) flatterten oder schwommen auf der See herum, und tauchten zum Theil mit bewunderungswürdiger Geschwindigkeit auf große Strecken weit unter. Sie schienen mit jenen von einerley Art zu seyn, die sich am 29sten Januar und am 6ten Februar hatten sehen lassen, als wir unterm 48 Grad südlicher Breite nach Kerguelens Inseln suchten.

Nachmittags um vier Uhr, als wir uns ohngefähr neben dem Cap Stephens befanden, war wenig oder gar kein Wind zu spüren. Um diese Zeit sahen wir in Süd-Westen dicke Wolken und an der Süd-Seite des Caps regnete es. Es währte nicht lange, so erblickte man dort plötzlich einen weislichten Fleck auf der See von welchem eine Wasser-Säule empor stieg, die wie eine gläserne Röhre anzusehen war. Eine andre dergleichen Dunst-Säule senkte sich aus den Wolken herab und schien mit jener sich vereinigen zu wollen. Dies erfolgte auch wirklich, und so entstand das Meteor, welches Wasserhose, Trombe, oder Waterspout genannt wird. Kurz nachher sahen wir noch drey andre dergleichen Säulen, die eben wie die erste entstanden. Die nächste war ohngefähr drey englische Meilen von uns, und mochte unten am Fus, im Durchschnitt, ohngefähr 70 Klafter dick seyn. Das Thermometer stand auf 56 ½° als dies Phänomen sich zu formiren anfieng. Da die Natur und Ursach desselben bis jetzt noch so wenig bekannt ist, so waren wir auf alle, sogar auf die geringsten Umstände aufmerksam, die sich dabey ereigneten. Die Basis der Säulen, woselbst sich das Wasser heftig bewegte und in gewundener Richtung (nach einer Spiral-Linie) gleich einem Dunst empor stieg, nahm einen großen Fleck in der See ein, der, wenn die Sonne darauf schien, schön und gelblich in die Augen fiel. Die Säulen selbst hatten eine cylindrische Form, doch waren sie nach oben hin dicker als am untern Ende. Sie rückten ziemlich schnell auf der Oberfläche der See fort; da ihnen aber die Wolken nicht mit gleicher Geschwindigkeit folgten, so bekamen sie eine gebogne und schiefe Richtung. Oft giengen sie neben einander vorbey, die eine hier die andre dorthin; da es nun windstill war, so schlossen wir aus dieser verschiedenen Bewegung der Wasserhosen, daß jede derselben einen eignen Wind hervorbringen oder davon fortgetrieben werden müsse. Endlich brachen sie eine nach der andern, vermuthlich, weil der Obertheil sich gemeiniglich ungleich langsamer bewegte als der Untertheil und die Säule solchergestalt allzukrumm und zu weit in die Länge gezogen ward. In eben dem Verhältniß als uns die schwarzen Wolken näher kamen, entstanden kurze krause Wellen auf der See und der Wind lief um den ganzen Compaß herum, ohne sich in einem Striche festzusetzen. Gleich nachher sahen wir, daß die See ohngefähr zweyhundert Klaftern weit von uns, an einer Stelle in heftige Bewegung gerieth. Das Wasser kräuselte sich daselbst, aus einem Umfang von funfzig bis sechzig Faden, gegen den Mittelpunct hin zusammen, und zerstäubte alsdenn in Dunst, der durch die Gewalt der wirblenden Bewegung, in Form einer gewundnen Säule gegen die Wolken empor getrieben wurde. Um diese Zeit fiel etwas Hagel aufs Schiff und die Wolken über uns hatten ein schrecklich schwarzes und schweres Ansehen. Gerade über jenem Wasserwirbel senkte sich eine Wolke langsam herab, und nahm nach und nach die Gestalt einer langen, dünnen Röhre an. Diese schien sich mit dem Dunst-Wirbel vereinigen zu wollen, der unterdessen hoch aus dem Wasser aufgestiegen war; es währete auch nicht lange, so hiengen sie würklich zusammen und machten eine gerade aufstehende, cylindrische Säule aus. Man konnte deutlich sehen, wie das Wasser innerhalb des Wirbels mit Gewalt aufwärts gerissen ward; und es schien als ließe es in der Mitte einen hohlen Zwischenraum. Es dünkte uns auch wahrscheinlich, daß das Wasser keine dichte, sondern nur eine hohle Säule ausmache; und in dieser Vermuthung wurden wir durch ihre Farbe bestärkt, die einer durchsichtigen gläsernen Röhre völlig ähnlich war. Kurz nachher beugte sich und brach auch diese letzte Wasserhose wie die andern, nur mit dem Unterschied, daß sich, als sie von einander riß, ein Blitzstrahl sehen ließ, auf den jedoch kein Donnerschlag folgte. Diese ganze Zeit über befanden wir uns in einer höchstgefährlichen und beunruhigenden Lage. Die schreckenvolle Majestät eines Meteors, welches See und Wolken vereinigte, machte unsre ältesten Seeleute verlegen. Sie wußten kaum was sie thun oder lassen sollten; denn ob gleich die mehresten solche Wassersäulen schon ehemals von ferne gesehen hatten, so waren sie doch noch nie so umsetzt damit gewesen als diesmal, und ein jeder wußte fürchterliche Geschichten zu erzählen, was für schreckliche Verwüstungen sie anrichteten, wenn sie über ein Schiff weggingen oder sich gegen dasselbe brächen. Wir machten uns auch würklich aufs Schlimmste gefaßt und nahmen unsre Stengen-Seegel ein. Doch war jedermann der Meynung, daß uns dies wenig schützen und daß Masten und Seegelstangen drauf gehen würden, wenn wir in den Wirbel gerathen sollten. Man wollte wissen, daß Canonen-Feuren, vermittelst der starken Bebung in der Luft dergleichen Wassersäulen gemeiniglich zertheilt habe. Es ward deswegen auch Befehl gegeben, daß ein Vierpfünder in Bereitschaft gehalten werden sollte; da aber die Leute, wie gewöhnlich, lange damit zubrachten, so war die Gefahr über, ehe der Versuch angestellt werden konnte. In wie fern die Electricität als eine Ursach dieses Phänomens angesehen werden darf, konnten wir nicht eigentlich bestimmen; daß sie aber überhaupt einigen Antheil daran haben müsse, läßt sich wohl aus dem Blitze abnehmen, der beym Zerplatzen der letzten Wasser-Säule deutlich zu sehen war. Von Entstehung der ersten bis zum Aufhören der letzten vergingen drey Viertelstunden. Als um 5 Uhr die letzte erschien, stand das Thermometer auf 54., mithin 2½ Grad niedriger als beym Anfang der ersten. Die See war an der Stelle, wo wir uns damals befanden, sechs und dreyßig Faden tief, und die Gegend von eben der Beschaffenheit als jene, in welchen andre Reisende solche Wasserhosen sonst angetroffen haben; es war nemlich eine Art von Meer-Enge oder eine sogenannte See-Straße. Dr. Shaw und Thevenot, sahen dergleichen in der mittelländischen und persischen See; auch bey den westindischen Inseln, in der Straße von Malacca und in der chinesischen See sind sie gewöhnlich. Wir hätten gewünscht, bey dieser Gelegenheit einige besondre Entdeckungen über dies Phänomenon zu machen; allein so glücklich waren wir nicht. Unsre Bemerkungen bestätigen nur was andre bereits beobachtet haben, und worüber sich Dr. Benjamin Franklin schon umständlich herausgelassen hat. Seine sinnreiche Hypothese, daß Wirbelwinde und Wasserhosen einerley Ursprung haben, ist durch unsre Bemerkungen im mindesten nicht geschwächt; und wir verweisen unsre philosophischen Leser auf seine Schriften,[1] in welchen die vollständigste und beste Nachricht von diesen Phönomen zu finden ist.

Am folgenden Morgen, früh um 5 Uhr erreichten wir die Mündung von Charlotten-Sund, und um sieben Uhr sahe man es von der Süd Spitze von Motu-Aro her, woselbst laut Capitain Cooks voriger Reisebeschreibung ein Hippah oder festes Dorf liegt, dreymahl aufblitzen.[2] Es kam uns gleich so vor als ob dieses Signale von Europäern wären und wir vermutheten daß sie sich wohl von unsern Freunden in der Adventure herschreiben könnten. Der Capitain ließ deshalb etliche Vierpfünder abfeuern, die auch zu unserm Vergnügen aus Schip-Cove, der Insel gegenüber, alsbald beantwortet wurden. Gegen Mittag konnten wir unsern alten Reise-Gefährten schon vor Anker liegen sehen, und kurz nachher kamen uns verschiedne Officiers mit einem Geschenk von frischen Fischen entgegen, und erzählten wie es ihnen seit unsrer Trennung ergangen sey. Nachmittags ward es windstill, daher wir uns in die Bucht boogsieren lassen mußten, und nicht eher als gegen 7 Uhr Abends vor Anker gelangten. Mitlerweile kam auch Capt. Furneaux an Bord, und um seine Freude über unsre Wiedervereinigung zu bezeugen, ließ er uns, von seinem Schiffe aus, mit dreyzehn Canonenschüßen begrüßen, die unsere Leuthe mit Freuden erwiederten. Wer in ähnlichen Umständen gewesen ist, wird sich unsre gegenseitige Entzückung vorstellen können, zu welcher wir doppelte Ursach hatten, wenn wir die vielfältigen Gefahren überdachten, denen wir, auf unserer verschiednen Fahrt, beyderseits ausgesetzt gewesen, aber unter göttlichen Schutz, glücklich entgangen waren.

Die Adventure hatte, nachdem sie uns aus dem Gesicht verlohren, ihren Lauf zwischen 50. und 54. Grad südlicher Breite nach Norden hinauf genommen, und beständig heftige Stürme aus Westen gehabt. Am 28. Februar, da sie ohngefähr unterm 122. Grad westlicher Länge von Greenwich war, hielt es Captain Furneaux für rathsam, nach und nach bis gegen Van Diemens Land, als der von Abel Jansen Tasman im November 1642. entdeckten südlichen Spitze von Neu-Holland, heraufzugehn. Am 9. März gerieth er an den südwestlichen Theil der Küste und lief um das Süd-Ende nach der Ost-Seite des Landes herum, an welcher er am 11ten des Nachmittags in einer Bay vor Anker kam, die seinem Schiff zu Ehren Adventure-Bay genannt wurde, auch allem Anschein nach, eben dieselbige ist, in welcher sich Tasman einst auf hielt und solcher den Namen Friedrich Henrichs-Bay gab. Das südliche Ende dieses Landes bestand aus großen, gebrochnen, unfruchtbaren und schwarzen Felsen-Massen, und sahe in dieser Absicht den äußersten Spitzen von Africa und Amerika ähnlich. Um die Adventure-Bay herum war der Boden sandig und bergigt, und auf denen am weitesten von der See entlegenen Bergen gab es mancherley Bäume, doch standen sie nur dünne und hatten auch kein Unterholz. An der Westseite befand sich ein See von süßen Wasser, der mit wilden Endten und andren Wasser-Vögeln, haufenweise bedeckt war. Gegen Nord-Osten hin lagen ohnweit der Küste mehrere ziemlich hohe und gleichfalls mit Holz bewachsene Eylande, die Tasman nur für eine einzige große Insel angesehen zu haben scheint und sie in seinen Charten unter dem Namen Marien-Insel angezeigt hat. Die Adventure lag nur fünf Tage lang in dieser Bay, und Capitain, Furneaux nahm daselbst etwas frisch Wasser ein, sammlete auch einige merkwürdige Thiere, worunter eine neue Marter- oder Viverra-Art und ein schöner weißer Habicht war. Sie sahen dort herum nirgends Einwohner, glaubten aber tief im Lande Rauch wahrgenommen zu haben.

Am 15ten Abends seegelten sie aus der Adventure-Bay wiederum ab und steuerten gegen Norden längst der Küste hin, die hier sandig und bergigt war. Aus den inneren Gegenden des Landes ragten ungleich höhere Berge empor, und an manchen Stellen lagen Inseln vor der Küste, unter denen sie besonders diejenigen anmerkten, welche Tasman, Schoutens- und Van der Linds-Eylande genannt hat. Ohngefähr im 4lsten Grad 15 Minuten, südlicher Breite, gelangten sie an die Mündung einer kleinen Bay, die wegen verschiedner, ohne Zweifel von den Wilden angezündeten Feuer, den Namen der Feuer-Bay bekam. Von hieraus fuhren sie bis zum 19ten März fort die Küste zu untersuchen, welches jedoch der Untiefen halber öfters mit Gefahr verknüpft war. Als sie endlich an gedachtem Tage zu Mittage 39 Grad 20 Minuten südlicher Breite erreicht hatten und das Land sich noch immer nach Nordwesten hin erstreckte, so schlossen sie hieraus, daß Van Diemens Land mit dem festen Lande von Neu-Holland zusammen hängen müsse. Da nun Capitain Furneaux bloß zu Entscheidung dieser bisher streitigen Frage hieher gegangen war, und seine vorgedachte wahrscheinliche Vermuthung ihm zu Auflösung derselben genug zu seyn dünkte; so ließ er das Schiff jetzt umwenden, und fing an, nach dem angewiesenen, auf Neu-Seeland belegenen Sammelplatz hinzusteuern. – Es bleibt indessen noch einigem Zweifel unterworfen, ob jene beyden Länder würklich zusammen hängen: Denn, einmal hatte sich Capitain Furneaux, der Untiefen wegen, oft so weit vom Lande entfernen müssen, daß er die Küste gänzlich aus dem Gesicht verlohr, und folglich könnte es an einer oder der andern dieser Stellen, vielleicht eine Durchfahrt geben, ohne daß er solche hätte bemerken können; zweytens ist von der letzten Land-Ecke, die er gegen Norden hin gesehen, bis zu Point-Hicks, als der südlichsten Stelle, bis an welche Capitain Cook auf seiner vorigen Reise im Jahr 1770. hingekommen war, noch eine unbefahrne Strecke von 20 starken See-Meilen, mithin Raum genug zu einer Straße oder Durchgang zwischen dem festen Lande von Neu-Holland und van Diemens-Land, übrig. Was hingegen diese mögliche Trennung beyder Länder wiederum unwahrscheinlich macht, ist dieses, daß man auf letzterem vierfüßige Thiere gefunden hat, dergleichen es doch sonst selten auf Inseln zu geben pflegt, wie bereits S. 53. angemerkt worden ist. Dem sey wie ihm wolle, so verdient doch dem Anschein nach kein Theil der Welt mehr untersucht zu werden, als das große feste Land von Neu-Holland, weil wir dessen bloße Außenlinie kaum ganz kennen, und die natürlichen Reichthümer desselben uns gewissermaßen noch gänzlich unbekannt sind. Von den Einwohnern wissen wir nicht viel mehr, als daß sie, dem einstimmigen Bericht aller Reisenden zufolge, ungleich roher denn irgend ein anderes, unter dem heißen Himmelsstrich wohnendes Volk sind und ganz nackend einhergehen; auch müssen sie nur in geringer Anzahl seyn, weil dem Anschein nach bloß die Küsten bewohnt sind. Solchergestalt ist dies Land nicht anders als eine noch völlig unbekannte Wildniß zu betrachten, die aber um nichts kleiner seyn kann als ganz Europa, und größtentheils unter den Wende-Creysen gelegen ist, mithin, sowohl ihrer Größe, als ihres vielversprechenden, vortreflichen Himmelsstrichs wegen, vorzügliche Aufmerksamkeit verdienet und hohe Erwartungen erregt. Die Menge von Merkwürdigkeiten aus dem Thier- und Pflanzenreich, welche auf Capitain Cooks voriger Reise, in der Endeavour, bloß an den See-Küsten allhier gefunden worden, berechtigt uns zu dergleichen Erwartungen und macht es fast ohnfehlbar gewiß, daß die inneren Gegenden unendliche Schätze der Natur enthalten, die dem ersten civilisirten Volk zu Theil und nützlich werden müssen, welches sich die Mühe geben wird, sie aufzusuchen. An der südwestlichen Ecke dieses so unbekannten festen Landes, mögte vielleicht ein Eingang zu den inneren Gegenden desselben vorhanden seyn; denn es ist nicht wahrscheinlich, daß ein so großes Land zwischen den Wende-Cirkeln, ohne einem schiffbaren großen Flusse seyn sollte und vorgedachter Theil der Küste scheint für den Ausfluß desselben in die See am besten gelegen zu seyn. – Doch ich kehre zu meiner Erzählung zurück.

Die Adventure brachte auf der Überfahrt von van Diemens-Land nach Neu-Seeland, widrigen Windes wegen, funfzehen Tage zu. Am 3ten April erreichte sie die südliche Küste dieses letzteren Landes in der Gegend von Rocks-Point, und kam hierauf am 7ten im Charlotten-Sunde, namentlich in Ship-Cove, glücklich vor Anker.

Die Mannschaft hatte während ihres Hierseyns eben solche Einrichtungen am Lande getroffen als wir in Dusky-Bay; doch war an keine Brauerey gedacht worden, weil sie davon gar nichts wußten. Sie fanden die auf der südlichen Spitze von Motu-Aro gelegene Hippah oder Festung der Einwohner verlassen, und ihr Astronom hatte sein Observatorium daselbst aufgeschlagen. Die Eingebohrnen, welche ohngefähr aus einigen hundert Köpfen bestehen mögen und verschiedne unabhängige Partheyen ausmachen, die untereinander oft Krieg führen, hatten mit ihnen zu handeln angefangen. Auch aus dem Innern des Landes waren einigemal Leute zu ihnen gekommen, und da sie allemal sehr wohl aufgenommen wurden, so hatten sie kein Bedenken getragen, an Bord zu gehen, sondern im Gegentheil bey den Matrosen ganz unbesorgt, und mit großem Appetit geschmaußt, vornemlich aber am See-Zwieback und an Erbs-Suppen großen Geschmack gefunden. Kleidungs-Stücke, Handwerks-Zeug und Waffen, dergleichen sie in Menge mit sich brachten, hatten sie gegen Nägel, Beile und Zeug sehr gern und eifrig vertauscht.

Am 11ten May als an demselben Tage, da wir aus Dusky-Bay seegelten, hatten verschiedne Leute von der Adventure, die sich theils ihrer Arbeit, theils der Jagd wegen am Lande befanden, sehr deutlich den Stos eines Erdbebens gefühlt; die andern hingegen, welche auf dem Schiffe geblieben waren, hatten nichts davon empfunden. Dieser Vorfall macht es fast mehr als wahrscheinlich, daß feuerspeyende Berge auf Neu-Seeland, entweder noch jetzt, oder doch ehemals gewesen sind, denn diese beyden großen Phönomena scheinen beständig mit einander verbunden zu seyn.

Wir kamen in Charlotten-Sund an, als die Leute der Adventure schon alle Hoffnung uns jemals wieder zu finden aufgegeben, und sich bereits darauf eingerichtet, daß sie den ganzen Winter in diesem Haven zuzubringen hatten. Ihr Capitain sagte uns, er habe bis zu Eintritt des Frühlings allhier verbleiben und alsdenn wiederum nach Osten auf die Untersuchung der höhern südlichen Breiten ausgehen wollen. Capitain Cook hingegen war keinesweges gewillet, hier so viele Monathe lang unthätig liegen zu bleiben. Er wußte, daß auf den Societäts-Inseln, welche er auf voriger Reise besucht, gute Erfrischungen zu haben wären. Er befahl also beyde Schiffe, so bald als möglich, in seegelfertigen Stand zu setzen; und da es dem unsrigen an nichts fehlte, so half die Mannschaft desselben den Leuten von der Adventure um das Werk zu fördern.

Wir unsrer Seits fingen gleich den Tag nach unsrer Ankunft an, das Land zu untersuchen und fanden in den Wäldern, an Bäumen und Kräutern, ohngefähr eben das was wir in Dusky-Bay angetroffen hatten; doch waren Witterung und Clima hier zum Botanisiren günstiger, dergestalt, daß verschiedene Pflanzen noch in der Blüthe standen, auch bekamen wir einige noch unbekannte Vögel. Allein der größte Vorzug, den dieser Haven für unserm vorigen Erfrischungs-Platze hatte, bestand vornemlich darinn, daß es hier überall antiscorbutische Kräuter gab, die uns in Dusky-Bay gefehlt hatten. Wir brachten bald einen großen Vorrath von wilden Sellery und wohlschmeckendem Löffelkraut (lepidium) zusammen, und beydes wurde hernach täglich in einer Suppe von Weitzen- oder Habermehl zum Frühstück gegeben, oder auch zum Mittags-Essen reichlich an die Erbssuppe gethan; das Volk von der Adventure, welches bisher nicht gewußt hatte, daß diese Kräuter zu genießen wären, fieng bald an, sich derselben, so wie wir, zu Nutze zu machen. Nächst diesen fanden wir noch eine Art von Sau-Diesteln (Sonchus oleraceus) und auch ein andres Kraut, welches unsre Leute lambs quarters nannten (tetragonia cornuta); beyde ließen wir uns oftmals anstatt Salats gut schmecken. Hatten wir nun gleich nicht so viel Feder-Wildpret und Fische als in Dusky-Bay, so konnte man sich dagegen an diesen treflichen Gemüsen reichlich schadlos halten. Die Spros-Tanne (spruce) und der Theebaum von Neu-Seeland wuchsen hier ebenfalls in großer Menge, und wir lehrten unsern Freunden, auf welche Art auch diese zur Erfrischung zu gebrauchen wären.

Am folgenden Tage giengen wir nach der Hippah oder Festung der Indianer, wo Herr Bailey, der Astronom der Adventure, seine Sternwarte aufgeschlagen hatte. Sie liegt auf einem steilen, freystehenden Felsen, und ist nur von einer Seite, vermittelst eines unbequemen Fussteiges zugänglich, in welchem kaum zwey Mann neben einander gehen können. Der Gipfel war ehedem mit Pallisaden umgeben gewesen; die Matrosen hatten sie aber schon mehrentheils ausgerissen und zu Brennholz verbraucht. Innerhalb dieser Schutzwehr standen die Wohnungen der Einwohner ohne Ordnung durch einander. Diese Hütten waren ohne Seitenwände aufgeführt, indem das ganze Haus nur aus einem Dache bestand, das oben in eine scharfe Spitze zusammen lief. Die inwendige Seite hatten sie mit Baumzweigen, wie ein Zaun- oder Hürden-Werk ausgeflochten, alsdenn Baumrinde darüber hergelegt, und von außen mit den stärksten Fibern der hiesigen Flachspflanze gedeckt. Die Leute erzählten uns, daß diese Hütten voll Ungeziefers, besonders aber voll Flöhe gewesen wären, und wunderten sich gleichsam, daß sie diesen Anzeigen nach zu urtheilen, so ganz kürzlich noch bewohnt gewesen seyn sollten. Ich glaube aber überhaupt, daß dergleichen feste Plätze den Einwohnern jedesmal nur auf kurze Zeit zur Wohnung dienen, auf so lange nemlich als sie etwa wegen Annäherung eines Feindes in Gefahr seyn mögen. Zu vorgedachtem Ungeziefer gehörten auch Ratten, die unsre Reisenden auf diesem Hippah-Felsen in so großer Anzahl fanden, daß sie, um derselben nur einigermaßen los zu werden, statt anderer Fallen etliche große Töpfe in den Boden eingruben, in welchen sich denn diese Thiere des Nachts häufig fingen. Ihrer Menge nach zu urtheilen, müssen sie entweder mit zu den ursprünglichen Bewohnern von Neu-Seeland gehören, oder wenigstens schon früher dahin gekommen seyn als dies Land von Europäern entdeckt worden ist. Capitain Furneaux zeigte uns einige Stücke Land auf dem Felsen, die er hatte umgraben und mit Garten-Gewächs besäen lassen. Es gerieth daselbst so wohl, daß oft Salat und andre Arten von europäischen Gemüse auf unsern Tisch kamen, ob es gleich hier zu Lande schon tief in den Winter hinein war. Diese Annehmlichkeit hatten wir aber dem Clima zu verdanken, welches hier ungleich besser als in Dusky-Bay, und so gelinde war, daß es, der nahgelegnen und mit Schnee bedeckten Berge ohnerachtet, in Charlotten-Sund nur selten hart frieren mag; wenigstens erlebten wir es nicht während unsers Hierseyns, welches gleichwohl bis zum 6ten Junius dauerte, der auf dieser Halbkugel, mit unserm December übereinkommt.

Am 22sten giengen wir nach einer im Sunde gelegenen Insel, die Capitain Cook auf seiner vorigen Reise Long-Eyland genannt hatte. Sie besteht aus einem langen Bergrücken, der an beyden Seiten zwar sehr steil, obenauf aber fast ganz eben, obschon an den mehresten Stellen nur schmal ist. Auf der Nordwestseite fanden wir einen schönen Strand, und überhalb demselben ein kleines Stück flaches Land, das größtentheils morastig und mit verschiednen Gras-Arten bewachsen war; das übrige Land brachte allerhand antiscorbutische Kräuter, imgleichen den Neu-Seeländischen Flachs (phormium) hervor, welcher letztere sich am häufigsten neben den alten verlaßnen Hütten der Einwohner fand. Wir ließen hier etliche Stücken Land umgraben und zurecht machen und säeten europäisches Garten-Gesäme hinein das, allem Anschein nach, gut fortkommen wird. Hierauf erstiegen wir die Spitze dieser Insel, fanden aber nichts als trocknes, bereits verwelktes Gras und allerhand niedriges Strauchwerk darauf, unter welchem eine Menge Wachteln, die den Europäischen völlig ähnlich waren, ihre Wohnung aufgeschlagen hatten. Einige tiefe und schmale Erdrisse, die von der Höhe gegen die See herab liefen, waren mit Bäumen, Stauden und Schling-Pflanzen verwachsen und voll kleiner Vögel, darunter es auch Falken gab. Wo die Klippen ganz senkrecht aus dem Meer empor steigen, oder schief über das Wasser überhiengen, da hatten große Heerden einer schönen Seeraben-Art (Shags) genistet, entweder auf kleinen Felsenstücken, oder wo möglich, in kleinen Höhlungen, die ohngefähr einen Fus ins Gevierte haben mogten, und manchmal von den Vögeln selbst erweitert zu seyn schienen. Der thonartige Stein, aus welchem die mehresten Berge in Charlotten-Sund bestehen, ist dazu oft weich genug: Er liegt in schief hängenden Schichten, die sich gemeiniglich gegen Süden senken, ist theils grünlich grauer, theils blauer, theils gelbbräunlicher Farbe, und enthält zuweilen Quarzadern. Auch findet man in selbigem den grünen Talkstein, lapis nephriticus genant, der, wenn er die gehörige Härte hat, halb durchsichtig ist und eine feine Politur annimmt; doch giebt es ungleich mehr weichere, undurchsichtige und blaßgrüne, als Feuersteinharte und halbdurchsichtige. Die Einwohner machen Meißel, Beile, zuweilen auch Pattu-Pattuhs oder Streit-Äxte daraus, und es ist eben dieselbige Art, welche bey den englischen Jubelierern, Jade heißt. Nächst diesem fanden wir, an verschiednen Stellen, auch Schichten eines schwarzen Felssteins (Saxum Linn.), der aus schwarzem dichten Glimmer (mica) und kleinen Quarz-Theilchen bestand. Von Hornsteinen und Thonschiefer findet man ebenfalls verschiedene Arten in mächtigen Schichten; besonders ist der Thonschiefer sehr häufig und gemeiniglich in gebrochenen Stücken am See-Ufer anzutreffen. Die Seeleute nennen ihn Shingle und unter diesem Namen ist desselben auch in der Beschreibung von Capitain Cooks voriger Reise gedacht worden. Er siehet oft rostfarben aus, welches offenbar von Eisentheilchen herkommt; und es läßt sich hieraus, gleichwie auch aus den vorbeschriebnen Mineralien, mit Grunde vermuthen, daß dieser Theil von Neu-Seeland Eisen, ja vielleicht noch andre Erzarten, enthalten müsse. Auf dem Strande sammleten wir verschiedne Feuerstein- und Kiesel-Arten; imgleichen einige Stücke schwarzen, dichten und schweren Basalts ein, daraus die Eingebohrnen ebenfalls Streit-Äxte oder Pattu-Pattuhs verfertigen. Endlich so fanden wir auch, kurz vor unsrer Abreise, noch einige Stücke von weißlichten Bimsstein am See-Ufer, und diese, nebst der obgenanten Basalt-Lava, dienen zu untrüglichen Beweisen, daß es in Neu-Seeland, entweder noch jetzt Volcane geben oder doch ehemals dergleichen gegeben haben müsse.

Am 23sten des Morgens kamen zwey kleine Canots und in denselben fünf Indianer auf uns zu, welches die ersten waren, die sich seit unsrer Ankunft sehen ließen. Sie waren, ohngefähr von eben der Art als die Leute in Dusky-Bay, jedoch mit dem Unterschied, daß diese gleich von Anfang weniger mißtrauisch und besorgt gegen uns thaten als jene. Wir kauften ihnen Fische ab und machten ihnen auch einige Geschenke. So wenig sie Bedenken trugen aufs Schiff zu kommen, eben so wenig Umstände machten sie auch uns in die Cajütte zu folgen, und da wir uns gerade zu Tisch setzten, so aßen sie ganz getrost mit von unsern Speisen; im Trinken hingegen wollten sie uns nicht Gesellschaft leisten, wenn es auf Wein oder Branntewein ankam, sondern für beydes bezeugten sie einen unüberwindlichen Abscheu und tranken nichts als Wasser. Sie waren so unstätt, daß sie von unserm Tische nach den Steuer-Raum hinab liefen und auch da, bey den Officieren, von neuem wieder tüchtig mit speißten, imgleichen eine Menge Wasser soffen, die ihnen mit Zucker süß gemacht wurde, weil man wußte, daß sie darnach ungemein lüstern waren. Was sie sahen oder erreichen konnten, stand ihnen an; so bald man ihnen aber nur im mindesten bedeutete, daß wir es nicht missen könnten oder wollten, so legten sie es willig wiederum hin. Glas-Bouteillen, welche sie Tahah nannten, mußten ihnen besonders schätzbar seyn, denn wo sie dergleichen nur ansichtig wurden, da zeigten sie auch darauf, und sagten mokh, indem sie die Hand auf die Brust legten, welches allemahl bedeutete, daß sie etwas zu haben wünschten. Aus Corallen, Bändern, weißen Papier und andern solchen Kleinigkeiten machten sie sich nichts; aber Eisen, Nägel und Beile waren ihnen sehr angenehm, ein Beweis, daß sie den inneren Werth dieser Waaren nunmehro durch die Erfahrung hatten kennen und schätzen lernen, und daß die Gleichgültigkeit, welche sie bey Capitain Cooks voriger Reise dagegen blicken ließen, blos daher rührte, daß sie von der Nutzbarkeit und Dauerhaftigkeit des Eisenwerks damals noch gar keinen Begriff hatten. Einige von unsern Leuten waren so frey gewesen, sich nach Tische ihrer Canots zu bedienen um damit ans Land zu fahren; allein die Indianer, denen mit einer solchen Vertraulichkeit eben nicht gedient seyn mochte, kamen gleich in die Cajütte, um sich beym Capitain darüber zu beschweren. Man sahe folglich, daß sie begriffen haben mußten, der Capitain habe den Leuten zu befehlen; und da er ihnen auch sogleich Gerechtigkeit wiederfahren, und die Canots wieder geben ließ; so kehrten sie alle höchst vergnügt ans Land zurück.

Am folgenden Morgen kamen sie schon bey Anbruch des Tages wieder und brachten noch vier andre Leute mit sich, worunter auch ein Weib nebst verschiednen Kindern war. Sie schienen des Handels wegen gekommen zu seyn, worinn wir sie auch nicht stöhren wollten, sondern gleich nach dem Frühstück mit den Capitains der beyden Schiffe nach einem sehr breiten See-Arm ausruderten, der an der Nord-Seite des Sundes gelegen und auf der vorigen Reise West-Bay genannt worden war. Unterwegens begegneten wir einem doppelten Canot, welches mit dreyzehen Mann besetzt, zu uns heran kam. Diese Leute schienen sich des Capitain Cook's zu erinnern, denn sie wandten sich an ihn und fragten nach Tupaya,[3] dem Indianer von O-Taheitti, welchen er auf seiner vorigen Reise bey sich gehabt, und der bey des Schiffes Anwesenheit in Neu-Seeland noch am Leben gewesen war. Als sie hörten, daß er todt sey, schienen sie ganz betrübt darüber und sagten einige Wörter in einem klagenden Tone her. Wir machten ihnen Zeichen, daß sie an Bord des Schiffs nach Ship-Cove gehen mögten; als sie aber sahen, daß wir nach einer andern Gegend hinruderten, kehrten auch sie nach der Bucht zurück, aus welcher sie gekommen waren.

Wir fanden die Berge in dieser Gegend des Landes nicht völlig so steil als sie an dem südlichen Ende von Neu-Seeland zu seyn pflegten, besonders waren sie an der Küste hier alle niedriger als dort, aber fast durchgängig mit Waldung bewachsen, und diese war eben so dick und undurchdringlich als in Dusky-Bay. Dagegen gab es hier ungleich mehr Tauben, Papagayen und kleine Vögel, die zum Theil jene kalte Gegenden im Winter verlassen haben und nach diesem wärmern Theile gezogen seyn mochten. Austerfänger oder See-Elstern und verschiedne Seeraben-Arten machten es an den Küsten lebhaft; aber Endten waren selten. Übrigens giebt es in West-Bay eine Menge schöner Buchten, die alle guten Ankergrund haben. Rund umher steigen die Berge in sanften Anhöhen empor und sind mit Buschwerk und Bäumen bewachsen, doch findet man auch einige die an der Spitze ohne Holz sind, und statt dessen nur eine Art von gemeinen Farnkraut (acrostichum furcatum) hervorbringen. Ohngefähr eben so siehet das Land auf verschiednen Inseln im Sunde und auf einem großen Theil der südöstlichen Küste desselben, vom Cap Koamaru gegen Ost-Bay hin, aus. Nachdem wir eine Menge neuer Pflanzen eingesammlet, worunter auch eine Pfeffer-Art war, die fast wie Ingwer schmeckte, imgleichen allerhand Vögel geschossen hatten, so kehrten wir des Abends spät an Bord zurück.

In unsrer Abwesenheit war, aus Norden her, ein großes Canot mit zwölf Indianern an Bord gekommen, die eine Menge von ihren Kleidungsstücken, einige steinerne Streit-Äxte, Keulen, Speere, ja so gar ihre Ruder verhandelt hatten. Das große Boot, welches am Morgen nach einer nahgelegnen Bucht hin geschickt worden war, um für unser Schiffsvolk Gemüse und für die Ziegen und Schaafe Gras zu holen, war bey unsrer Rückkunft an Bord noch nicht wieder eingetroffen; und da es auch den folgenden Tag ausblieb, so wurden wir wegen der zwölf Mann, womit es besetzt war, sehr unruhig. Unter diesen befanden sich der dritte Schiffs-Lieutenant, der Lieutenant der See-Soldaten, Herr Hodges, der Zimmermann und der Constabel. Wir hatten um so viel mehr Ursach von ihrem Außenbleiben die schlimmsten Vermuthungen zu hegen, da Wind und Wetter nicht schuld daran haben konnten, indem beydes bis zum 25sten Morgens vollkommen gut gewesen war und alsdenn erst angefangen hatte, regnicht und stürmisch zu werden.

Am 26. Nachmittags, als sich das Wetter etwas aufklärte, kam das vermißte Boot endlich wieder, die Leute aber waren von Arbeit und Hunger äußerst erschöpft. Der ganze Vorrath von Lebensmitteln, den sie mitgenommen, hatte aus drey Zwiebacken und einer Flasche Brantewein bestanden, und des stürmischen Wetters wegen war auch nicht ein einziger Fisch zu fangen gewesen. Sie hatten aus allen Kräften gegen die Wellen gearbeitet, um wieder an das Schiff zu kommen, aber gegen das Ungestüm der See nichts auszurichten vermocht, und nachdem sie eine Zeitlang tüchtig herumgeschleudert worden waren, ihre Zuflucht nach einer Bucht genommen, wo ihnen einige von den Indianern verlaßne Hütten, zum Obdach dienen mußten. Indessen wären sie doch beynahe verhungert, denn ihr ganzer Unterhalt bestand nur aus einigen Muscheln, die hier und da an den Felsen klebten.

Am folgenden Morgen spazierten wir rund an dem Ufer der Bucht umher, um Pflanzen und Vögel aufzusuchen; und Nachmittags giengen wir nach der felsichten Küste von Point Jackson, um Meer-Raben (Shags) zu schießen, die wir nun statt wilder Enten zu essen gelernt hatten. In der Zwischenzeit bekamen wir einen zweyten Besuch von der indianischen Familie, welche am 23. schon bey uns gewesen war, doch schien es diesmal blos aufs Mitessen angesehen zu seyn, denn zum Vertauschen hatten sie nichts mitgebracht. Wir fragten nach ihren Namen; es währte aber eine lange Zeit ehe sie unsre Meynung verstehen konnten. Endlich erfuhren wir, daß der älteste unter ihnen Towahangha, die andern aber Kotughä`-a, Koghoää`, Khoää`, Kolläkh, und Taywaherua hießen. Dieser letztbenannte war ein Knabe von ohngefähr vierzehn Jahren, der etwas sehr gefälliges an sich hatte, auch der lebhafteste und verständigste von allen zu seyn schien. Wir nahmen ihn mit uns in die Cajütte, und behielten ihn zu Tische, wo er sichs tapfer schmecken ließ: Unter andern verzehrte oder verschlang er vielmehr, mit recht gefräßigem Appetit, ein Stück von einer See-Raben-Pastete, (Shag-pye) und wider alle Erwartung war ihm der Teig davon lieber als das Fleisch. Der Capitain schenkte ihm Madera-Wein ein, wovon er etwas mehr als ein Glas trank, anfänglich aber viel saure und schiefe Gesichter dabey machte. Als hierauf eine Flasche von ganz süßem Cap-Wein auf den Tisch kam, so ward ihm auch davon ein Glas vorgesetzt; dieser schmeckte ihm so gut, daß er die Lippen ohne Aufhören darnach leckte, und bald noch ein zweytes Glas verlangte, welches ihm auch gegeben ward. Nunmehro fieng er an überaus lebhaft und gesprächig zu werden. Er tanzte in der Cajüte herum, und verfiel mit einem mal darauf des Capitains Boot-Mantel zu haben, der auf einem Stuhle lag. Als er eine abschlägige Antwort hierauf bekam, ward er sehr verdrüßlich. Es währte nicht lange so forderte er eine ledige Bouteille, und da ihm auch diese versagt ward; so lief er im größten Zorn zur Cajütte hinaus. Auf dem Verdeck fand er einige unsrer Bedienten, die Leinenzeug zusammen legten, welches sie getrocknet hatten. Von diesem hatte er in einem Augenblick ein Tischtuch weggehascht; man nahm es ihm aber gleich wieder ab. Nun wußte er sich gar nicht mehr zu bändigen, er stampfte mit den Füßen, drohte, brummte oder grunzte vielmehr etwas zwischen den Zähnen her, und ward zuletzt so tückisch, daß er kein Wort mehr sprechen wollte. Die empfindliche, leicht zu beleidigende Gemüthsart dieses Volks zeigte sich nirgends deutlicher als in dieses Knaben Betragen; und wir sahen bey dieser Gelegenheit, welch ein Glück es für sie ist, daß sie von berauschenden Getränken nichts wißen, denn dergleichen würde sie ohnfehlbar noch wilder und unbändiger machen.

Am folgenden Morgen hatten wir verschiedne Canots um uns her, in denen zusammen genommen etwa dreyßig Indianer seyn mochten. Sie brachten allerhand Werkzeuge und Waffen zu Markte, und bekamen eine Menge andrer Sachen dagegen, weil unsre Leute so eifrig aufs Eintauschen waren, daß einer den andern immer üherboth. Es befanden sich auch einige Weiber unter ihnen; diese hatten sich die Backen mit Rothstein und Öhl geschminkt, die Lippen hingegen sahen, vom Puncktiren oder Tättowiren, welches hier zu Lande sehr Mode ist, ganz schwärzlich blau aus. Wir fanden, daß sie fast durchgängig, gleich den Leuten in Dusky-Bay, dünne krumme Beine, mit dicken Knieen hatten. Dies muß ohne Zweifel davon herrühren, daß sie solche wenig gebrauchen, indem sie eines theils am Lande die mehreste Zeit unthätig liegen mögen, andern theils aber in den Canots stets mit untergeschlagnen Füßen, zu sitzen pflegen. Übrigens waren sie von ziemlich heller Farbe, die ohngefähr zwischen Oliven- und Mahoganybraun das Mittel halten mochte; dabey hatten sie pechschwarzes Haar, runde Gesichter, und vielmehr dicke, als platte Nasen und Lippen. Auch hatten sie schwarze Augen, die oft lebhaft und nicht ohne Ausdruck, so wie der ganze Obertheil des Cörpers wohl gebildet und ihre Gestalt überhaupt gar nicht wiedrig war. Unsre Matrosen hatten seit der Abreise vom Cap mit keinen Frauenspersonen Umgang gehabt; sie waren also sehr eifrig hinter diesen her, und aus der Art wie ihre Anträge aufgenommen wurden, sahe man wohl, daß es hier zu Lande mit der Keuschheit so genau nicht genommen würde, und daß die Eroberungen eben nicht schwer seyn müßten. Doch hiengen die Gunstbezeigungen dieser Schönen nicht blos von ihrer Neigung ab, sondern die Männer mußten, als unumschränkte Herren, zuerst darum befragt werden. War deren Einwilligung durch einen großen Nagel, ein Hemd oder etwas dergleichen erkauft; so hatten die Frauenspersonen Freiheit mit ihren Liebhabern vorzunehmen was sie wollten, und konnten alsdenn zusehen noch ein Geschenk für sich selbst zu erbitten. Ich muß indessen gestehen, daß einige derselben sich nicht anders als mit dem äußersten Wiederwillen zu einem so schändlichen Gewerbe gebrauchen ließen, und die Männer mußten oft ihre ganze Autorität ja sogar Drohungen anwenden, ehe sie zu bewegen waren, sich den Begierden von Kerlen preis zu geben, die ohne Empfindung ihre Thränen sehen und ihr Wehklagen hören konnten. Ob unsre Leute, die zu einem gesitteten Volk gehören wollten und doch so viehisch seyn konnten, oder jene Barbaren, die ihre eignen Weibsleuthe zu solcher Schande zwangen, den größten Abscheu verdienen? ist eine Frage, die ich nicht beantworten mag. Da die Neu-Seeländer fanden, daß sie nicht, wohlfeiler und leichter zu eisernem Geräthe kommen konnten, als vermittelst dieses niederträchtigen Gewerbes; so liefen sie bald genug im ganzen Schiffe herum und bothen ihre Töchter und Schwestern ohne Unterschied feil. Den verheiratheten Weibern aber, verstatteten sie, so viel wir sehen konnten, nie die Erlaubniß, sich auf ähnliche Weise mit unsern Matrosen abzugeben. Ihre Begriffe von weiblicher Keuschheit sind in diesem Betracht so sehr von den unsrigen verschieden, daß ein unverheirathetes Mädchen viele Liebhaber begünstigen kann, ohne dadurch im mindesten an ihrer Ehre zu leiden. So bald sie aber heirathen, wird die unverbrüchlichste Beobachtung der ehelichen Treue von ihnen verlangt. Da sie sich solchergestalt, aus der Enthaltsamkeit unverheyratheter Frauenspersonen nichts machen; so wird man vielleicht denken, daß die Bekanntschaft mit ausschweifenden Europäern den moralischen Character dieses Volks eben nicht verschlimmert haben könne: Allein wir haben alle Ursach zu vermuthen, daß sich die Neu-Seeländer zu einem dergleichen schändlichen Mädchen-Handel nur seitdem erst erniedrigt hatten, seitdem vermittelst des Eisengeräthes neue Bedürfnisse unter ihnen waren veranlaßt worden. Nun diese einmal statt fanden, nunmehro erst verfielen sie, zu Befriedigung derselben, auf Handlungen an die sie zuvor nie gedacht haben mochten und die nach unsern Begriffen auch nicht einmal mit einem Schatten von Ehre und Empfindsamkeit bestehen können.

Es ist Unglücks genug, daß alle unsre Entdeckungen so viel unschuldigen Menschen haben das Leben kosten müssen. So hart das für die kleinen, ungesitteten Völkerschaften seyn mag, welche von Europäern aufgesucht worden sind, so ists doch warlich nur eine Kleinigkeit in Vergleich mit dem unersetzlichen Schaden, den ihnen diese durch den Umsturz ihrer sittlichen Grundsätze zugefügt haben. Wäre dies Übel gewissermaßen dadurch wieder gut gemacht, daß man sie wahrhaft nützliche Dinge gelehret oder irgend eine unmoralische und verderbliche Gewohnheit unter ihnen ausgerottet hätte; so könnten wir uns wenigstens mit dem Gedanken trösten, daß sie auf einer Seite wieder gewonnen hätten, was sie auf der andern verlohren haben mögten. So aber besorge ich leyder, daß unsre Bekantschaft den Einwohnern der Süd-See durchaus nachtheilig gewesen ist; und ich bin der Meinung, daß gerade diejenigen Völkerschaften am besten weggekommen sind, die sich immer von uns entfernt gehalten und aus Besorgniß und Mistrauen unserm Seevolk nie erlaubt haben, zu bekannt und zu vertraut mit ihnen zu werden. Hätten sie doch durchgängig und zu jeder Zeit in den Minen und Gesichtszügen derselben den Leichtsinn lesen und sich vor der Liederlichkeit fürchten mögen, welche den See-Leuten überhaupt und mit Recht zur Last gelegt wird! –

Man führte einige von diesen Wilden in die Cajütte, wo sichs Herr Hodges angelegen seyn lies diejenigen zu zeichnen in deren Gesicht der mehreste Character war. Zu dem Ende gaben wir uns Mühe sie auf einige Augenblicke lang zum Stillsitzen zu bringen, indem wir ihnen allerhand Kleinigkeiten vorzeigten und zum Theil auch schenkten. Vornemlich befanden sich einige bejahrte Männer mit grauen Köpfen, desgleichen etliche junge Leute darunter, in deren Physionomien vorzüglich viel Ausdruck war. Die letzteren hatten ungemein straubicht und dickgewachsenes Haar, das ihnen über die Gesichter her hieng und ihr natürlich wildes Ansehen noch vermehrte. Sie waren fast alle von mittlerer Statur; und, sowohl der Gestalt, als der Farbe und Tracht nach, den Leuten in Dusky-Bay beynahe vollkommen ähnlich. Ihre Kleidungen waren aus den Fibern der Flachs-Pflanze zusammen geflochten, aber nie mit Federn durchwebt, sondern an deren statt war der Mantel auf den vier Ecken mit Stücken von Hundefell besetzt, eine Zierrath die man in Dusky-Bay nicht haben konnte, weil es daselbst keine Hunde giebt. Außerdem trugen auch die Leute, der späten Jahreszeit wegen, in welcher das Wetter schon kalt und regnicht zu werden anfieng, fast beständig ihren Boghi-Boghi, welches ein rauher Mantel ist, der als ein Bund zusammengewundnes Stroh vom Halse über die Schultern herabhängt.[4] Ihre übrigen Kleidungsstücke von Zeug waren gemeiniglich alt, schmutzig und nicht so fein gearbeitet als sie in der Geschichte von Capitain Cooks voriger Reise beschrieben sind.[5] Die Männer hatten das Haar nachläßig um den Kopf hängen; die Frauenspersonen hingegen trugen es kurz abgeschnitten und dieser Unterschied scheint durchgehends bey ihnen beobachtet zu werden. Sie hatten auch den Kopfputz oder die Mütze von braunen Federn, deren in Capt. Cooks voriger Reisebeschreibung erwähnt ist. Nachdem sie ein Paar Stunden an Bord gewesen, fiengen sie an zu stehlen und alles auf die Seite zu bringen was ihnen in die Hände fiel. Man ertappte einige die eben eine vierstündige Sand-Uhr, eine Lampe, etliche Schnupftücher und Messer fortschleppen wollten. Dieses Diebes-Streichs wegen ließ sie der Capitain zum Schiffe hinaus werfen und ihnen andeuten, daß sie nie wieder an Bord kommen sollten. Sie fühlten vollkommen, wie sehr ihnen eine solche Begegnung zur Schande gereiche, und ihr hitziges Temperament, das keine Kränkung ertragen kann, gerieth darüber in Feuer und Flammen, so daß der eine sich nicht enthalten konnte von seinem Canot aus zu drohen, als wolle er zu Gewaltthätigkeiten schreiten. Dazu kam es indessen nicht, sondern am Abend giengen sie alle geruhig ans Land und richteten, dem Schiffe gegenüber, aus Baumzweigen einige Hütten auf, um die Nacht darunter zuzubringen. Hierauf zogen sie die Canots aufs Land, zündeten ein Feuer an und bereiteten ihr Abendessen, das aus einigen Fischen bestand, die sie in ihren Fahrzeugen, nicht weit vom Ufer, mit besonderer Geschicklichkeit in einem Reifen-Netz gefangen hatten. Beydes, so wohl das Netz als die Art sich desselben zu bedienen, sind in Cook's voriger Reise beschrieben.[6]

Am folgenden Morgen fuhren wir, des schönen gelinden Wetters wegen, nach Long-Eyland, um nach dem Heu zu sehen, welches unsre Leute vor acht Tagen allda gemacht hatten. Auch wollten wir, in der Nachbarschaft eines daselbst befindlichen aber verlaßnen indianischen Wohnplatzes, Gemüse für das Schiffsvolk einsammlen. Wir fanden bey dieser Gelegenheit wiederum einige neue Pflanzen und schossen auch etliche kleine Vögel, die von den bisher bekannten verschieden waren. Nachmittags gab der Capitain mehreren Matrosen Erlaubniß ans Land zu gehen, woselbst sie von den Wilden allerhand Curiositäten einhandelten, und sich zu gleicher Zeit um die Gunst manches Mädchens bewarben, ohne sich an die ekelhafte Unreinlichkeit derselben im geringsten zu kehren. Hätten sie indessen nicht gleichsam aller Empfindung entsagt gehabt; so würde die widrige Mode dieser Frauenspersonen, sich mit Oker und Öl die Backen zu beschmieren, sich schon allein von dergleichen vertrauten Verbindungen abgehalten haben. Außerdem stanken die Neu-Seeländerinnen auch dermaßen, daß man sie gemeiniglich schon von weitem riechen konnte und saßen überdem so voll Ungeziefer, daß sie es oft von den Kleidern absuchten und nach Gelegenheit zwischen den Zähnen knackten. Es ist zum Erstaunen, daß sich Leute fanden, die auf eine viehische Art mit solchen ekelhaften Creaturen sich abzugeben im Stande waren, und daß weder ihr eignes Gefühl noch die Neigung zur Reinlichkeit, die dem Engländer doch von Jugend auf beygebracht wird, ihnen einen Abscheu vor diesen Menschern erregte!

Vnde

Hæc tetigit Gradive, tuos urtica nepotes?

JUVENAL.

Ehe sie an Bord zurück kamen, hatte eine von diesen Schönen, einem Matrosen die Jacke weggestohlen und solche einem jungen Kerl von ihren Landsleuten gegeben. Der Eigenthümer fand sie in den Händen dieses letztern und nahm sie ihm wieder ab. Dieser versetzte ihm dagegen einige Faustschläge, die der Engländer jedoch nur für Spas aufnahm; wie er sich aber umwandte und ins Boot steigen wollte, warf der Wilde mit großen Steinen nach ihm. Nun fieng der Matrose Feuer, gieng auf den Kerl los und fieng auf gut Englisch an, ihn tüchtig zusammen zu boxen. In einem Augenblick hatte der Neu-Seeländer ein blaues Auge und eine blutige Nase weg, und dem Ansehn nach genung; denn er gab in vollem Schrecken das Treffen auf und lief davon.

Capitain Cook hatte sich vorgenommen, alle mögliche Sorgfalt anzuwenden, daß die europäischen Garten-Gewächse in diesem Lande fortkommen möchten. Er ließ zu dem Ende das Erdreich bestellen, streute allerley Saamen aus und versetzte hernach die jungen Pflanzen auf vier oder fünf verschiedne Stellen des Sundes. Einen dergleichen Fleck legte er am Ufer von Long-Eyland an, einen andern auf dem Hippah-Felsen, zwey auf MotuAro und zum fünften hatte er einen ziemlich großen Platz im Hintergrunde von Ship-Cove, wo unsre Schiffe vor Anker lagen, ausgesucht. Er richtete hiebey sein vornehmstes Augenmerk auf nützliches, nahrhaftes Wurzelwerk, vornehmlich auf Cartoffeln, wovon wir das Glück gehabt, einige frisch zu erhalten. Auch hatte er verschiedne Arten von Korn, imgleichen große Bohnen, Fasel-Bohnen und Erbsen ausgesäet, und sich die letzte Zeit unsers Hierseyns über fast lediglich damit allein beschäftiget.

[1773. Junius.]

Am 1sten Junius kamen in der Frühe verschiedne Canots mit Wilden zu uns, die wir noch nicht gesehen hatten. Ihre Fahrzeuge waren von verschiedner Größe und drey derselben mit Seegeln versehen, die man sonst eben nicht häufig unter ihnen antrift. Das Seegel bestand aus einer großen dreyeckigten Matte, und war auf einer Seite an dem Maste, auf der andern an einer Stange befestigt, welche beyde unten in einem scharfen Winkel zusammen stießen und sehr leicht losgemacht und niedergelassen werden konnten. Der obere oder breitere Theil des Seegels war an dem Saum mit fünf braunen Federbüschen ausgeziert. Der Boden des Canots bestand aus einem ausgehöhlten Baumstamm, die Seiten aber aus Brettern oder Planken. Von diesen hatten sie immer eine auf die andre gesetzt, vermittelst kleiner Löcher, durch Schnüre von der Neu-Seeländischen Flachspflanze fest zusammen gebunden, und hernach die Fugen mit der Wolle von Schilf-Keulen (typha latifolia) dicht verstopft. Es gab etliche doppelte Canots darunter, das ist, zwey derselben waren alsdann mit Queerhölzern und Stricken neben und aneinander befestigt; die übrigen, einfachen hatten einen sogenannten Ausleger (outrigger) oder ein schmales Bret, das an einer Seite des Canots an Queerhölzer, parallel mit dem Fahrzeug befestigt war und dasselbe für dem sonst allzu leichten Umschlagen sichern sollte. Alle diese Canots waren alt und schienen beynahe ausgedient zu haben, auch keines derselben so reich mit Schnitzwerk und künstlicher Arbeit geziert, als jene, welche Capitain Cook bey seiner ersten Reise, an der nördlichen Insel dieses Landes, angetroffen und beschrieben hat; doch waren sie im Ganzen eben so gebauet und hatten z. B. durchgehends ein unförmlich geschnitztes Menschen-Gesicht am Vordertheil, hohe Hintertheile, imgleichen scharfgespitzte Ruder-Schaufeln. Die Eigenthümer derselben brachten verschiedne von ihren Zierrathen zum Verkauf, die mehrentheils aus Stücken von grünem Lapis nephriticus geschnitten, und uns der Form nach, zum Theil, neu waren. Einige waren flach und hatten eine scharfe Schneide, als Beil- oder Axt-Klingen. Andre waren lang und dünn und dienten zu Ohrgehänken, wieder andre waren zu kleinen Meißeln geschliffen und in hölzerne Griffe gefaßt; und endlich noch andre waren mit vieler Mühe und Arbeit in die Form hockendsitzender Figuren geschnitzt, die zuweilen einer menschlichen Gestalt etwas ähnlich sahe, und mit eingesetzten, ungeheuer großen Augen von Perlmutter versehen zu seyn pflegte. Diesen Zierrath, e-Tighi genannt, trugen so wohl Männer als Weiber, ohne Unterschied des Geschlechts, an einer Halsschnur die auf die Brust herab hieng, und wir vermutheten, daß er eine oder die andre religiöse Bedeutung haben müsse. Unter andern verkauften sie uns eine Knie-Schürze, die aus dichtgeflochtnen Zeuge verfertigt, mit rothen Federn besetzt, an den Seiten mit weißen Hundefell verbrämt und mit Stücken von See-Ohr-Muscheln geziert war. Die Weiber sollen dergleichen bey ihren Tänzen tragen. Außerdem handelten wir auch eine Menge Fisch-Angeln ein; diese waren sehr unförmlich, aus Holz gemacht und an der Spitze mit einem Stück ausgezackten Knochen versehen, welches ihrer Aussage nach, Menschen-Knochen seyn sollten. Neben dem Tighi oder anstatt desselben, trug mancher etliche Schnuren von aufgereiheten Menschen-Zähnen. Sie hielten solche aber keinesweges für so unschätzbar als in Capitain Cook's voriger Reisebeschreibung angegeben wird; sondern verkauften sie ganz gern gegen Eisengeräthe oder andre Kleinigkeiten. Sie hatten eine Menge Hunde in ihren Canots und schienen viel auf diese Thiere zu halten, denn jeder hatte den seinigen mit einer Schnur mitten um den Leib angebunden. Es war eine langhaarichte Art mit zugespitzten Ohren, dem gemeinen Schäfer-Hunde oder des Grafen Büffon's chien de Berger, (Siehe dessen Hist. naturelle etc.) sehr ähnlich, und von allerhand Farben, nemlich einige gefleckt, einige schwarz; andre wiederum ganz weiß. Sie werden mit nichts als Fischen gefuttert, und leben folglich in dieser Absicht so gut als ihre Herren, dagegen muß ihr Fleisch diesen hinwiederum zur Speise, die Felle aber zu mancherley Zierrathen und Kleidungsstücken dienen. Wir kauften ihnen etliche ab, allein die Alten wollten nicht bey uns gedeyhen, denn sie grämten sich und wollten nicht fressen; die Jungen hingegen gewöhnten sich sehr bald an unsre Speisen. Von den Neu-Seeländern die mittlerweile ins Schiff gekommen waren wurden verschiedene in die Cajütte geführt, wo man ihnen einige Geschenke machte; doch ließ nicht ein einziger das Erstaunen, das Nachdenken und die Aufmerksamkeit blicken, welche man an unserm alten Freund in Dusky-Bay wahrgenommen hatte. Einige waren im Gesicht auf eine sonderbare Weise mit tief eingeritzten Schnecken-Linien gezeichnet; und insbesondre waren diese Merkmahle bey einem langen, starken Mann von mittleren Alter, nach einer ganz regulären Zeichnung an der Stirne, der Nase und dem Kinn so tief in die Haut eingeprägt, daß sein Bart, der sonst sehr dick und stark gewesen seyn müßte, nur aus einzelnen zerstreuten Haaren bestand. Er hieß Tringho-Waya und schien über die andern ein gewisses Ansehn zu haben; dergleichen wir unter den kleinen Haufen, die bisher zu uns gekommen waren, noch nicht bemerkt hatten. Von allen unsern Waaren tauschten sie am liebsten Hemden und Bouteillen ein; aus letztern machten sie sich besonders viel, wahrscheinlicherweise, weil sie zu Aufbewahrung flüßiger Dinge keine andre Gefäße haben als eine kleine Art von Calabassen oder Kürbissen (gourds), die nur in der nordlichen Insel wachsen aber schon hier, in Charlotten-Sund, nur in weniger Leuten Händen waren. Sie suchten es immer so einzurichten, daß sie bey keinem Tausch zu kurz kamen und forderten für jede Kleinigkeit, die sie ausbothen, sehr hohe Preise, ließen sich es aber nicht verdrießen, wenn man nicht so viel dafür geben wollte als sie verlangten. Da einige dieser Leute in besonders guter Laune waren, so gaben sie uns auf dem Verdeck des Hintertheils einen Heiva oder Tanz zum Besten. Zu dem Ende legten sie ihre dicken zotigen Oberkleider ab und stellten sich in eine Reihe; alsdenn fing der eine an ein Lied anzustimmen, streckte dabey wechselsweise die Arme aus und stampfte gewaltig, ja fast wie rasend mit den Füßen dazu. Die andern alle machten seine Bewegungen nach und wiederholten von Zeit zu Zeit die letzten Worte seines Gesanges, die man vielleicht als einen refrain oder Rundgesang ansehen muß. Wir konnten eine Art von Sylbenmaße darinn erkennen, waren aber nicht gewiß, ob es gereimte Verse wären. Die Stimme des Vorsängers war schlecht genug, und die Melodie seines Liedes höchst einfach, denn sie bestand nur in einer Abwechslung von etlichen wenigen Tönen. Gegen Abend giengen die Indianer alle nach dem obern Ende des Sundes, als woher sie gekommen waren, wieder zurück.

Am folgenden Morgen begleiteten wir die Capitains Cook und Furneaux nach Ost-Bay und Gras-Cove, woselbst sie eine Boots-Ladung antiscorbutischer Kräuter einzusammeln, und zugleich zum Besten des Landes einen neuen Versuch zu machen gedachten. Wir hatten es uns, nemlich, wie im vorhergehenden gemeldet worden, bereits angelegen seyn lassen, allerhand nützliches europäisches Kräuter- und Wurzelwerk allhier anzupflanzen; nunmehro aber wollten wir auch die Wildnisse mit Thieren zu bereichern suchen, die in der Folge den Eingebohrnen und auch künftigen Seefahrern zum Nutzen gereichen könnten. In dieser Absicht hatte Capitain Furneaux bereits einen Eber und zwey Säue in Canibal-Cove ans Land und in Freyheit gesetzt, damit sie sich daselbst in den Wäldern vermehren sollten, und auch wir ließen es uns einen Bock und eine Ziege kosten, welche an einer öden Stelle in Ost-Bay jetzt an Land gesetzt wurden. Man hatte diese Gegenden vor andern hiezu ausgewählt, weil unsre neuen Colonisten, dem Anschein nach, hier für den Einwohnern am sichersten seyn konnten, als welches die einzigen Feinde sind, für denen sie sich zu fürchten haben. Es war nemlich nicht zu vermuthen, daß die unwissenden Neu-Seeländer Überlegung genug haben würden, um einzusehen, was für Nutzen ihnen aus der ungestöhrten Vermehrung dieser nützlichen Thiere zuwachsen könnte. - In der Gegend von Gras-Cove erblickten wir ein großes Thier im Wasser, welches der Größe nach zu urtheilen, ein See-Löwe seyn mogte; doch konnten wir ihm nicht nahe genug kommen, um es zu schießen und zu untersuchen. Ist es aber würklich ein See-Löwe gewesen, so war vermittelst dieses Thieres und einer kleinen Art von Fledermäusen, die wir in den Wäldern angetroffen hatten, desgleichen mit Innbegrif des hiesigen zahmen Hundes, die Liste der Neu-Seeländischen Säugthiere nunmehro schon bis auf fünf Geschlechter angewachsen; und viel höher dürfte sich die Zahl derselben wohl überhaupt schwerlich belaufen, ja bey allen künftigen Untersuchungen vielleicht nicht einmal ein einziges neues mehr zu entdecken übrig seyn. Nachdem wir weit und breit im Walde herumgestreift, und nicht nur einen ziemlichen Vorrath von wilden Sellery und Löffelkraut zusammengebracht, sondern auch abermals etliche neue Pflanzen und Vögel gefunden hatten, so kehrten wir spät an Bord zurück.

Am dritten Junius wurden einige Boote nach Long-Eyland geschickt, um von dort her das Heu an Bord zu holen; und da nunmehro die Schiffe in seegelfertigen Stand gesetzt, Holz und Wasser eingenommen, auch das Volk, vermittelst der hiesigen gesunden Kräuterkost ganz erfrischt war; so hinderte uns nichts mehr, bey erster Gelegenheit wiederum abzusegeln. Eins von unsern Booten sahe, als es auf dem Rückwege nach dem Schiffe begriffen war, ein großes doppeltes und noch ein andres einfaches Canot, in welchen ohngefähr funfzig Mann seyn mochten. Beyde Fahrzeuge machten sogleich Jagd auf das Boot, da aber unsre Leute nicht bewafnet waren, so spannten sie ein Seegel auf und befanden sich bald so weit von den Neu-Seeländern, daß diese das Nachsetzen aufgaben und nach Ost-Bay umkehrten, woher sie gekommen waren. Wir können zwar nicht behaupten, daß sie feindselige Absichten gehabt, allein es wäre doch der Klugheit nicht gemäß gewesen, wenn es die Unsrigen gleichsam hätten darauf ankommen lassen wollen, unter eine ungleich überlegne Anzahl von Leuten zu gerathen, die ohne Überlegung und Billigkeit, immer nur nach Instinkt und Eigensinn zu Werke gehen.

Am folgenden Morgen als den 4ten Junii ließen wir die St. Georgen-Flagge, Fahnen und Wimpel wehen, um den Geburts-Tag Sr. Majestät des Königs mit den zur See gewöhnlichen Feyerlichkeiten zu begehen. Die indianische Familie, deren Namen ich oben S. 185 angegeben und die nunmehro sehr bekannt mit uns geworden war, weil sie ihren Wohnplatz ohnweit dem Schiffe in einer Bucht aufgeschlagen hatte, kam heute sehr zeitig an Bord. Als wir uns mit ihnen im Steuer-Raum, eben zum Frühstück niedergesetzt hatten, meldete ein Officier dem Capitain, daß sich, von Norden her, ein großes doppeltes und stark bemanntes Canot nähere. Wir machten uns also aufs Verdeck, und fanden, daß es ohngefähr nur noch einen Büchsenschuß von uns seyn mochte und mit acht und zwanzig Mann besetzt war. Sie ruderten bey der Adventure vorbey und auf unser Schiff zu, vermuthlich, weil sie aus der Größe desselben schlossen, daß dies das Haupt-Schiff seyn müsse. Die Indianer, welche sich bey uns an Bord befanden, behaupteten, daß die Neu-Ankommenden feindselige Absichten gegen uns hätten; und wollten deshalb, daß wir auf sie feuern sollten. Ja Towahanga, das Oberhaupt dieser Familie, sprang auf den Gewehr-Kasten, der auf dem Hintertheil des Verdeckes stand, ergrif einen Prügel, machte eine Menge kriegerischer und bedrohender Stellungen damit, und fieng alsdenn an mit vieler Heftigkeit jedoch in einem feyerlichen Tone gegen sie herabzureden; zu gleicher Zeit schwenkte er, gleichsam herausforderungweise, ein großes Beil von grünen Neu-Seeländischen Stein um den Kopf, das wir vorher noch nie bey ihm gesehen hatten. Mittlerweile kam das Canot dicht heran, achtete aber im geringsten nicht auf unsern Freund und Vorredner, daher wir ihn auch bathen, daß er es gut seyn lassen und still schweigen mögte. Zwey Leute, die von einer schönen Statur waren, standen aufrecht, der eine auf dem Vordertheil, der andre in der Mitte des Canots; die übrigen aber saßen alle. Der erstere hatte einen durchaus schwarz gefärbten Mantel an, der aus dickgewürktem Zeuge gemacht und felderweise mit viereckigen Stücken von Hundefell besetzt war. Er hielt eine grüne Neu-Seeländische Flachspflanze in der Hand und ließ von Zeit zu Zeit einzelne Worte von sich hören. Der andre aber hielt eine vernehmlich articulirte, laute und feyerliche Anrede, wußte auch seine Stimme auf eine sehr mannichfaltige Weise bald erheben, bald sinken zu lassen. Aus dem verschiednen Tone, in dem er sprach, und aus den Bewegungen, womit er seine Rede begleitete, schien er wechselsweise zu fragen, zu prahlen, zu drohen, herauszufordern und dann, uns wieder gütlich zuzureden. Zuweilen blieb er eine lange Weile in einem gemäßigten Tone, mit einem mahle aber ward er wieder ungewöhnlich laut und schrie so heftig, daß er hernach gemeiniglich eine kleine Pause machen mußte um wieder zu Athem zu kommen. So bald er mit seiner Rede fertig war, nöthigte ihn der Capitain an Bord zu kommen. Anfänglich schien er unschlüßig und besorgt zu seyn, doch währte es nicht lange, so gewann seine natürliche Dreistigkeit die Oberhand über alles Mißtrauen und er kam zum Schiff herauf. Alle seine Leute machten es bald eben so und ein jeder von ihnen begrüßte, so wie er an Bord kam, die bey uns befindliche indianische Familie, dem Landesgebrauch nach, durch gegenseitiges Aneinanderhalten der Nasen, oder, wie unsre Matrosen sich auszudrücken beliebten, sie naseten sich untereinander; eben diese Ehre ließen sie auch uns wiederfahren, so viel unserer auf dem Verdeck waren. Man nöthigte hierauf die beyden Sprecher, als die Hauptpersonen, in die Cajütte. Der zweyte, welches der eigentliche Redner war, hies Teiratu, und gehörte, seiner Aussage nach, auf der nördlichen Insel dieses Landes, Thira-Whittie genannt, zu Hause. Sie fragten sogleich nach Tupaya, und als man ihnen sagte, daß er nicht mehr am Leben sey, schienen sie, gleich den vorerwähnten Indianern, ganz betrübt darüber, sprachen auch gleich jenen einige Worte in einem traurigen und klagenden Ton her. So sehr hatte sich dieser Mann durch seine Naturgaben und durch seine Leutseligkeit der Achtung und Liebe dieses unwissenden und rohen Volks empfohlen. Vermuthlich würde es ihm auch viel eher als irgend einem von uns gelungen seyn, dieser Nation mehr Cultur zu geben, weil er, nebst einer gründlichen Kenntniß der Landessprache, zugleich mehr Analogie mit ihrem Genie und Begriffen besaß als wir Europäer. Uns hindert in diesem Geschäft der allzu große Abstand, der sich zwischen unsern weit ausgedehnten Kenntnissen und den gar zu eingeschränkten Begriffen dieses Volkes befindet, und wir wissen gleichsam nicht, wo wir die Glieder zu der Kette hernehmen sollen, die ihre Einsichten mit den unsrigen vereinigen könnte.

Teiratu und seine Begleiter waren eine größere Art von Leuten, als wir bisher in Neu-Seeland gesehen hatten. Keiner unter ihnen war von kleiner, und viele von mehr denn mittlerer Statur. Auch waren ihre Kleidungen, Schmuck und Waffen, reicher als sie bey den Einwohnern von Charlotten-Sund zu seyn pflegten, und schienen eine Art des Wohlstandes und Überflusses anzuzeigen, dergleichen wir hier zu Lande noch nirgends bemerkt hatten. Unter ihren Kleidungsstücken waren einige Mäntel durchaus mit Hundefell gefüttert. Auf diese schienen sie besonders viel zu halten, und in der That hatte ein solcher Pelz nicht nur ein stattliches Ansehen, sondern er mochte ihnen auch, bey dem kalten Wetter das sich jetzt empfinden ließ, gute Dienste leisten. Unter ihren übrigen, aus den Fasern des Neu-Seeländischen Flachses (Phormium) verfertigten Kleidern, gab es viele ganz neue mit bunten, eingewürkten Rändern verzierte. Diese Ränder waren roth, schwarz und weiß, aber allemal nach einem so regulären Muster gearbeitet, daß man sie füglich für das Werk eines weit cultivirteren Volks hätte halten können.[7] Die schwarze Farbe ihrer Zeuge ist so ächt und dauerhaft, daß sie die Aufmerksamkeit der englischen Manufacturisten verdient, denen es bis jetzt noch an einer dauerhaften Farbe dieser Art für Stoffe aus dem Pflanzenreiche fehlt. Blos unsre mangelhafte Kenntniß ihrer Sprache hinderte uns hierüber näheren Unterricht von ihnen zu erlangen. Ihre Kleidung ist eine Art von Mantel, der aus einem viereckigen Stück Zeug bestehet. Die beyden obersten Enden desselben binden sie vorn auf der Brust, entweder mit Bändern oder stecken solche mit einer Nadel von Knochen, Fischbein oder grünem Stein, zusammen. Ohngefähr in der Mitte des Mantels ist ein Gürtel, von dichtgeflochtnen Grase, innerhalb befestigt, der mitten um den Leib gebunden werden kann, so daß der Mantel alsdenn auf den Hüften fest anliegt und die unteren Enden bis gegen die Knie, manchmal auch wohl bis auf die Waden herabhängen.[8] Ohnerachtet sie, dem Äußern nach, so viel vor den Einwohnern von Charlotten-Sund voraus hatten; so waren sie denselben doch in der Unreinlichkeit vollkommen ähnlich, dergestalt, daß das Ungeziefer haufenweise auf ihren Kleidern herum kroch. Das Haar trugen sie, dem Landesgebrauch nach, mitten auf dem Kopf zusammen gebunden, mit Fett eingeschmiert und mit weißen Federn besteckt; auch hatten einige große Kämme von Wallfischknochen hinter dem Haarschopfe eingesteckt, die gerade in die Höhe standen. Viele von ihnen waren im Gesicht mit schneckenförmigen Linien punctirt, und einige auch mit rothem Oker und Öl geschminkt, wie sie denn durchgehends einen großen Gefallen daran hatten, wenn wir ihnen etwas rothes auf die Backen schmierten. Sie führten einige kleine Calabassen bey sich, in welchen das Öl befindlich war, womit sie sich einzubalsamiren pflegen; ob dieses aber aus dem Pflanzen- oder Thierreiche seyn mochte, konnten wir nicht herausbringen. Alle Geräthschaften, die sie bey sich führten, waren ungemein zierlich geschnitzt und überhaupt mit großem Fleiße gearbeitet. Sie verkauften uns ein Beil, dessen Klinge aus dem feinsten grünen Talk-Steine bestand und einen mit durchbrochner Arbeit überaus künstlich verzierten Stiel hatte. Auch fanden wir einige musicalische Instrumente bey ihnen, nemlich eine Trompete oder: vielmehr ein hölzernes Rohr, das vier Fus lang und ziemlich dünn war. Das Mundstück mochte höchstens zwey, und das äußerste Ende ohngefähr 5 Zoll im Durchschnitt halten. Sie bliesen damit immer in einerley Ton, der wie das rauhe Blöken eines Thieres klang, doch möchte ein Waldhornist vielleicht etwas mehr und besseres darauf haben herausbringen können. Eine andre Trompete war aus einem großen Tritons-Horn (murex Tritonis) gemacht, mit künstlich ausgeschnitzten Holz eingefaßt, und an demjenigen Ende, welches zum Mundstück dienen sollte, mit einer Öfnung versehen. Ein schrecklich bölkender Ton war alles was sich herausbringen ließ. Ein drittes Instrument, welches unsere Leute eine Flöte nannten, bestand aus einem hohlen Rohr, das in der Mitte am weitesten war und in dieser Gegend, desgleichen an beyden Enden eine Öffnung hatte. Dies und das erste Instrument waren beyde, der Länge nach, aus zwey hohlen Stücken von Holz zusammengesetzt, die eins für das andre so eben zurecht geschnitten waren, daß sie genau auf einander paßten und eine vollkommne Röhre ausmachten. Das doppelte Canot, in welchem sie zum Theil gekommen waren, schien noch neu und ohngefähr 50 Fuß lang zu seyn. So wohl das vordere Ende, als das hohe Hintertheil waren künstlich durchbrochen und mit schneckenförmigen, eingeschnittenen Zügen verziert, so wie sie in der Beschreibung von Capitain Cooks voriger Reise, abgebildet und beschrieben sind. Ein ungestaltes Ding, an welchem man mit vieler Mühe eine Ähnlichkeit mit einem Menschenkopfe entdecken konnte, war mit ein Paar Augen von Perlmutter und mit einer langen Zunge versehen, die aus dem Rachen heraus hieng; diese Zierrath machte das äußerste Ende des Vordertheils aus. Dergleichen Figuren bringen sie zur Verzierung überall an, vornemlich an solchen Geräthschaften, die sich auf Krieg und Waffenrüstung beziehen. Vermuthlich hat die hier zu Lande durchgehends übliche Gewohnheit, den Feind durch Ausstreckung der Zunge zu schimpfen und auszufordern, zu so häufiger Abbildung solcher Fratzengesichter Gelegenheit gegeben. Man siehet dergleichen nicht nur am Vordertheil ihrer Kriegs-Canots und an den Griffen ihrer Streit-Äxte, sondern sie tragen solche auch an einer Schnur um den Hals auf der Brust hängend; ja sie schnitzen sie sogar auf die Schöpf-Schaufeln und an die Ruder, womit sie ihre Canots fortarbeiten.

Sie verweilten nicht lange bey uns an Bord, denn da es anfieng sehr windig zu werden, so giengen sie insgesammt wieder in ihre Fahrzeuge und ruderten nach Motu Aro über. Um Mittagszeit ließ sich auch der Capitain in Begleitung einiger Officiers nach dieser Insel übersetzen, und fand daselbst sieben Canots auf den Strand gezogen, in welchen ohngefähr neunzig Indianer hier angekommen waren. Man sahe sie sämmtlich beschäftigt sich Hütten zu machen, und sie nahmen unsre Leute mit allen ersinnlichen Freundschaftsbezeugungen auf. Der Capitain erwiederte solche durch Austheilung von mancherley Geschenken, darunter sich auch vergoldete kupferne Medaillen befanden, die einen und drey Viertel-Zoll im Durchschnitt dick und zum Andenken dieser Reise waren geschlagen worden, damit sie unter die verschiedenen Völker ausgetheilt werden sollten, welche wir auf dieser Reise antreffen würden. Auf einer Seite sahe man das Brustbild des Königs mit der Inschrift: GEORGE. III. KING. OF. GREAT. BRITAIN. FRANCE. AND. IRELAND. Auf der andern Seite zwey Krieges-Schiffe mit der Beyschrift ihres Namens RESOLUTION. und ADVENTURE. und unten im Abschnitt war zu lesen: SAILED. FROM. ENGLAND. MARCH. MDCCLXXII.[9] Von dergleichen Schaustücken waren auch unter die Einwohner von Dusky-Bay, desgleichen hier in Charlotten-Sund bereits etliche ausgetheilt worden. Die große Anzahl von Indianern welche unsre Leute hier beysammen fanden, verschaffte ihnen eine gute Gelegenheit gegen Eisen, Zeug und Glas-Corallen, eine große Menge von Waffen, Geräthschaften, Kleidern und Zierrathen einzutauschen, von welchen allen diese Neu-Seeländer ungleich mehr besaßen, als wir sonst bey ihren Landesleuten angetroffen hatten. Der Capitain und seine Gesellschaft bemerkten, daß Teiratu der Befehlshaber aller dieser Leute seyn müsse, denn sie bezeigten ihm durchgehends viel Ehrfurcht. Was es aber mit dieser Art von Oberherrschaft eigentlich für Bewandniß habe, konnte man nicht ausfündig machen. Leute von Jahren pflegen sie durchgehends in Ehren zu halten, wahrscheinlicher Weise ihrer langen Erfahrung wegen; allein dies konnte hier der Fall nicht seyn, denn solche Anführer dergleichen uns Teiratu einer zu seyn dünkte, sind starke, muntre Leute in der Blüthe der Jahre. Vielleicht wissen aber die Neu-Seeländer, so gut als die Nord-Amerikanischen Wilden, daß bey Entstehung eines Krieges ein großer Haufe von Menschen einen Anführer haben muß, auf dessen größere Geschicklichkeit und Talente die andern ihr Vertrauen und Hoffnung setzen können, und zu einem solchen Posten taugen dann freylich keine andre als dergleichen junge Leute die noch Feuer haben. Je mehr wir die kriegerische Neigung dieser Nation und die vielen kleinen Partheyen erwägen, worin sie getheilt sind, desto nothwendiger scheint uns diese Art von Regierungsform zu seyn. Sie müssen ohne Zweifel erfahren oder eingesehen haben, daß die Fähigkeiten eines Anführers nicht erblich sind, und folglich vom Vater nicht allemal auf den Sohn gebracht werden; vielleicht haben sie auch Beweise unter sich erlebt, daß erbliches Regiment natürlicher Weise zum Despotismus führt.

Capitain Cook fürchtete, daß die Indianer unsern auf dieser Insel angelegten Garten finden und aus Unwissenheit verwüsten mögten. Er führte also den Befehlshaber Teiratu selbst dahin, zeigte ihm alle die verschiedenen Pflanzen, besonders aber die Cartoffeln. Diese schien der Wilde sehr hoch zu schätzen, und er kannte sie ohne Zweifel schon, weil ein ähnliches Gewächs, nämlich die virginische süße Cartoffel (convolvulus batatas) in einigen Gegenden der nördlichen Insel, auf welcher er zu Hause gehörte, gebauet wird. Er versprach dem Capitain auch, daß er den Garten nicht vernichten, sondern alles unangerührt wolle stehen, wachsen und sich vermehren lassen; mit dieser Abrede schieden sie von einander. So bald der Capitain auf unser Schiff zurück gekommen war, gaben die See-Soldaten, zur Ehre des Königlichen Geburtsfestes, drey Salven, und unser Seevolk machte ein dreymaliges Huzzah!

Nachmittags ward der Wind sehr frisch und hielt die folgenden zwey Tage mit gleicher Heftigkeit an, so daß wir bis zum 7ten liegen bleiben mußten; alsdann aber hoben wir am Morgen den Anker und segelten nebst der Adventure aus Ship-Cove ab. Unser bisheriger Aufenthalt in Charlotten-Sund war unsern Leuten so wohl bekommen, daß sie ietzt wieder völlig so gesund waren, als bey der Abreise aus England. In unserm Schiffe hatten wir nur einen einzigen Kranken, einen See-Soldaten, der seit der Abreise von England immer schwindsüchtig und wassersüchtig gewesen war.

 

Zwölftes Hauptstück.

Seefahrt von den freundschaftlichen Inseln nach Neu-Seeland.
Trennung von der Adventure.
Zweyter Aufenthalt in Charlotten-Sund.

 

Kaum hatten wir den heißen Erdstrich zwischen den Wende-Cirkeln verlassen, als sich schon wieder große Heerden von See-Vögeln einfanden und mit leichtem Fluge über den Wellen hinschwebten, die der günstige Wind vor sich her trieb. Am 12ten sahen wir, unter einer Menge von Vögeln die nur im gemäßigtem Erdstrich anzutreffen sind, einen Albatros; diese kommen nie bis innerhalb der Wende-Zirkel; aber jenseits derselben findet man sie bis gegen den Pol hin. So sorgfältig hat die Natur jedem Thiere seinen Wohnplatz angewiesen!

Das Wetter blieb bis zum l6ten Morgens schön und günstig, alsdenn fiengs an zu regnen. Man fand um diese Zeit, unten im Schiff, beym Pumpen-Kasten, einen Hund, der auf Huaheine war eingekauft worden. Er hatte sich aber, gleich vielen andern, nicht an unser Futter gewöhnen wollen, und mußte, allem Vermuthen nach, schon neun und dreißig bis vierzig Tage in diesem Loche, ohne alle Nahrung, zugebracht haben. Der ganze Cörper war zu einem bloßen Gerippe abgemergelt; die Beine waren gelähmt und klares Blut gieng aus dem Hintern von ihm. So jämmerlich indessen der Anblick dieses armen Thiers war; so hatte er wenigstens den Nutzen, daß unsre Leute einsahen und sich vornahmen, inskünftige nur allein junge Hunde dieser Art einzukaufen: die Alten wollten sich auch in der That durchaus nicht zu unserm Futter bequemen, man mochte es anfangen wie man wollte.

In der Nacht giengen verschiedne Blubbers (Medusen) neben dem Schiffe vorbey. Sie wurden durch ihr phosphorisches Licht sichtbar, und funkelten so hell, daß die See glänzendere Sterne zu enthalten schien als der Himmel. Meergras, Sturmvögel und Albatrosse sahen wir täglich mehr, je näher wir der Küste von Neu-Seeland kamen. Am 19ten leuchtete die See; am 20sten verkündigten uns ganze Heerden von Sturm-Tauchern, (diving petrels) daß wir nicht mehr weit vom Lande seyn könnten, und am folgenden Morgen um 5 Uhr, entdeckten wir die Berggipfel desselben. Den ganzen Tag über steuerten wir gegen die Küste hin, und um 4 Uhr Nachmittags waren wir dem Table Cap und Portland Eyland[10] gegenüber, welches letztere mit jenem durch eine Reihe Klippen zusammenhängt. Die Küste bestand aus weißen, steilen Felsen, und wir konnten schon die Hütten und Festungen der Einwohner unterscheiden, die wie die Adlers-Nester oben auf den Klippen erbauet waren. Die Eingebohrnen liefen in ziemlicher Anzahl längst dem Berge hin, um uns nachzusehen. Viele setzten sich auf die Landspitze gegen Süden, aber keiner gab sich die Mühe, sein Canot ins Meer zu bringen um zu uns heran zu kommen. Wir seegelten zwischen den verborgnen Klippen und dem Lande durch, liefen bey Hawkes-Bay vorüber, und steuerten sodann, die Nacht über, längst der Küste hin.

Am Morgen waren wir jenseit des Cap Kidnappers und näherten uns dem schwarzen Cap. Nach dem Frühstück stießen drey Canots vom Lande, welches in dieser Gegend zwischen den Bergen und der Küste eine kleine Ebene ausmacht. Da wir nicht weit vom Strande waren, so holten sie uns bald genug ein. In einem derselben, befand sich ein vornehmer Mann, der ohne Bedenken sogleich aufs Verdeck kam. Er war groß, von mittlern Alter, und hatte ein Paar gute, von hiesigem Flachs gemachte neue Kleidungs-Stücke an. Sein Haar war nach der Landes-Art im feinsten Geschmack aufgesetzt, das heißt auf der Scheitel aufgebunden, mit Öl eingeschmiert und mit Federn besteckt. In jedem Ohr hatte er ein Stück Albatros-Fell, daran noch die weißen Pflaum-Federn saßen, und das Gesicht war über und über in krummen und gewundnen Linien punctirt. Herr Hodges zeichnete sein Portrait, welches auch sehr gut in Kupfer gestochen ist. Der Capitain schenkte diesem Manne ein Stück rothen Boy, etwas Garten-Gesäme, ein Paar Schweine und drey Paar Hühner. Maheine, unser junger Reisegefährte aus Borabora, der die Sprache der Neu-Seeländer nicht als Tupaia, gleich bey der ersten Unterredung, verstehen konnte, hörte nicht sobald daß es hier weder Coco-Palmen noch Yams gebe; als er von seiner eignen Provision etliche solche Nüsse und Wurzeln hervorsuchte, um dem Wilden ein Geschenk damit zu machen. Da man ihm aber sagte, daß in diesem Clima keine Cocos-Bäume wachsen würden, gab er ihm nur die Yams und überließ es uns, dem Neu-Seeländer die Nutzbarkeit dieser fremden Lebensmittel zu erklären. Wir wandten auch alle Mühe an, ihm wenigstens soviel beyzubringen, daß er die Schweine und Hühner zur Zucht behalten, die Wurzeln aber pflanzen müßte. Nach langen Erklärungen schien er endlich zu begreifen was wir sagen wollten; und um uns seine Dankbarkeit zu bezeugen, beraubte er sich einer neuen Mahipeh oder Streitaxt, die künstlich geschnitzt und mit Papagay-Federn, imgleichen mit weißem Hunde-Haar ausgeziert war. Darauf empfahl er sich, und stieg wieder aufs Verdeck, woselbst ihm Capitain Cook noch etliche große Nägel schenkte, über die er ungleich mehr Freude bezeugte denn über alles andre. Er hatte bemerkt, daß der Capitain sie aus einem Loche in der Anker-Winde hervorlangte, wo der Schiffschreiber sie zufälligerweise hin gelegt hatte. Er drehte also die Winde ganz herum, und untersuchte jedes Loch, ob nicht mehrere darinn verborgen wären. Dieser Umstand beweißt zur Gnüge, daß man den Werth des Eisengeräths nunmehro vollkommen hatte einsehen lernen, ohnerachtet es die Neu-Seeländer bey Capitain Cooks ersten Anwesenheit allhier, im Jahr 1769 an manchen Orten kaum annehmen wolten. Zum Abschied gaben unsre Gäste uns einen Hiwa- oder Krieges-Tanz zum besten, der aus Stampfen mit den Füßen, drohender Schwenkung der Keulen und Speere, schrecklichen Verzerrungen des Gesichts, Ausstreckung der Zunge und wildem heulenden Geschrey bestand, wobey aber durchgehends ein gewisser Tact beobachtet ward. Die Art, wie sie mit den Hühnern umgiengen, lies uns eben nicht viel Hoffnung, daß wir unsre gute Absicht erreichen und dies Land mit zahmen Hausthieren würden besetzen können, denn es schien fast, daß sie kaum so lebendig ans Land kommen würden. Wir mußten uns also damit beruhigen, daß wenigstens von unsrer Seite alles geschehn sey.

Während der Zeit, daß diese Wilden bey uns gewesen waren, hatte sich der Wind gedrehet; er blies jetzt gerade vom Lande und war uns sehr zuwider. Gegen Abend stürmte es so heftig, daß wir uns scharf am Winde halten und mehrentheils laviren mußten, um nicht zu weit von der Küste verschlagen zu werden; dabey regnete es so stark, daß man in keiner Cajütte des Schiffes trocken blieb; und von Zeit zu Zeit kam ein jählinger Windstoß und riß uns die morschen Seegel in Stücken. Hiernächst machte der Wind, der von den beschneyten Bergen des Landes herabwehete, die Luft so empfindlich kalt, daß das Thermometer am nächsten Morgen auf 50 Grad stand. Wir hatten nicht erwartet, unterm 40sten Grade, südlicher Breite so schlimm empfangen zu werden! So stürmisch und brausend indessen dieser Anfang war, so ruhig ward es doch bald wieder; allein, die Stille hatte kaum etliche Stunden gewährt, als der Sturm von neuem los gieng und diese Nacht nicht minder als in der gestrigen wüthete. Am folgenden Morgen ließ er in so weit nach, daß wir wieder gegen die Küste heran steuern konnten, mit Einbruch der Nacht aber ward er fürchterlicher als je und die Matrosen hatten nicht einen Augenblick Ruhe. Am 24sten Abends sahen wir endlich die Einfahrt von Cooks Straße, namentlich das Cap Palliser vor uns; doch durften wir es nicht wagen, in der Dunkelheit hineinzusteuern, und ehe wir am nächsten Morgen Anstalt dazu machen konnten, erhob sich der Sturm abermals, und ward um 9 Uhr so rasend, daß wir beylegen, und alle Seegel, bis auf eins, einnehmen mußten. Ohnerachtet wir uns ziemlich dicht an der Küste hielten und daselbst von den hohen Bergen hätten Schutz haben sollen; so rollten die Wellen gleichwohl so lang und stiegen so entsetzlich hoch, daß sie, beym Brechen, durch den Sturm völlig zu Dunst zerstäubt wurden. Dieser Wasserstaub breitete sich über die ganze Oberfläche der See aus, und da kein Wölkchen am Himmel zu sehen war, die Sonne vielmehr hell und klar schien, so gab die schäumende See einen überaus blendenden Anblick. Endlich ward der Wind so wütend, daß er uns vollends das einzige Seegel zerriß, welches wir noch aufgespannt zu lassen gewagt hatten. Nun waren wir ein vollkommnes Spiel der Wellen; sie schleuderten uns bald hier, bald dorthin, schlugen oft mit entsetzlicher Gewalt über dem Verdeck zusammen und zerschmetterten alles was ihnen im Wege war. Von dem beständigen Arbeiten und Werfen des Schiffs litt das Tau- und Takelwerk ungemein, auch die Stricke, womit Kisten und Kasten fest gebunden waren, gaben nach, und rissen endlich los, so daß alles in der größten Verwirrung vor und um uns her lag. Als das Schiff einmal außerordentlich stark rollte, riß auch der Gewehrkasten der auf dem Verdeck des Hintertheils befestigt war, los, und stürzte gegen das Seiten-Geländer, an welchem sich einer unserer jungen Reisegefährten, Herr Hood, so eben hingestellt hatte. Kaum blieb ihm so viel Zeit übrig, sich niederzubücken, doch würde auch das ihn nicht gerettet haben, wenn nicht der Kasten schräg gegen das Gelender gefallen und unterhalb ein hohler Zwischenraum geblieben wäre, in welchem Herr Hood glücklicherweise unbeschädigt blieb. So wild es solchergestalt auch mit den Elementen durcheinander gieng, so waren die Vögel doch nicht ganz weggescheucht. Noch immer schwebte über der brausenden aufgewühlten Fläche der See hie und da ein schwarzer Sturmvogel hin, indem er sich hinter den hohen Wellen, sehr künstlich gegen den Sturm zu schirmen suchte. Der Anblick des Oceans war prächtig und fürchterlich zugleich. Bald übersahen wir von der Spitze einer breiten schweren Welle, die unermeßliche Fläche des Meers, in unzählbare tiefe Furchen aufgerissen; bald zog uns eine brechende Welle mit sich in ein schroffes fürchterliches Thal herab, indeß der Wind von jener Seite schon wieder einen neuen Wasserberg mit schäumender Spitze herbey führte und das Schiff damit zu bedecken drohte. Die Annäherung der Nacht vermehrte diese Schrecken, vornemlich bey denenjenigen, die nicht von Jugend auf an das See-Leben gewohnt waren. In des Capitains Cajütte wurden die Fenster ausgenommen, und statt derselben Bretter-Schieber eingesetzt, damit die Wellen nicht hineindringen möchten. Diese Veränderung brachte einen Scorpion, der sich zwischen dem Holzwerk eines Fensters verborgen gehalten hatte, aus seinem Lager hervor. Vermuthlich war er, auf einer von den letztern Inseln, unter einem Bündel Früchte oder Wurzelwerk mit an Bord gekommen. Unser Freund Maheine, versicherte uns, es sey ein unschädliches Thier, allein der bloße Anblick desselben war fürchterlich genug uns bange zu machen. In den andern Cajütten waren die Betten durchaus naß; doch, wenn auch das nicht gewesen wäre, so benahm uns das fürchterliche Brausen der Wellen, das Knacken des Holzwerks, nebst dem gewaltigen Schwanken des so Schiffs ohnehin alle Hoffnung ein Auge zuzuthun. Und um das Maaß der Schrecken voll zu machen, mußten wir noch das entsetzliche Fluchen und Schwören unsrer Matrosen mit anhören, die oftmals Wind und Wellen überschrien. Von Jugend auf, zu jeder Gefahr gewöhnt, ließen sie sich auch jetzt den drohenden Anblick derselben nicht abhalten, die frechsten gotteslästerlichsten Reden auszustoßen. Ohne die geringste Veranlassung, um derenwillen es zu entschuldigen gewesen wäre, verfluchten sie jedes Glied des Leibes in so mannigfaltigen und sonderbar zusammengesetzten Ausdrücken, daß es über alle Beschreibung geht. Auch weis ich die fürchterliche Energie ihrer Flüche mit nichts als dem Fluch des Ernulphus zu vergleichen, der dem Christenthum Schande macht.[11] Unterdessen raste der Sturm noch immer nach wie vor, als es um 2 Uhr des Morgens mit einemmale aufhörte zu wehen und gänzlich windstill ward. Nun schleuderten die Wellen das Schiff erst recht herum! es schwankte so gewaltig von einer Seite zur andern, daß manchmal die mittlern Wände, ja selbst das hintere Verdeck zum Theil ins Wasser tauchte. Nach Verlauf einer Stunde erhob sich endlich ein frischer, günstiger Wind, mit welchem wir, den ganzen Tag über, dem Lande wieder zu seegelten, denn der Sturm hatte uns weit in die See hinaus verschlagen. Pintaden, schwarze und andre Sturmvögel schwärmten, von neuem, Haufen-weise um uns her, und ein Albatros, neben welchem wir vorbey fuhren, war auf ofner See fest eingeschlafen, so sehr mußte der vorige Sturm ihn ermüdet haben.

Am folgenden Tage gieng es uns an der Mündung von Cooks Straße nicht besser als zuvor. Wir bekamen nemlich abermals widrigen Wind, der, ehe es Nacht ward, in einen vollkommnen Sturm ausarthete. Eben so blieb das Wetter die beyden folgenden Tage fast ohne Unterlas. Am 29sten früh Morgens erblickte der wachhabende Officier verschiedene Tromben oder Wasserhosen, und kurz nachher hatten wir einen leichten Regen und guten Wind. Abends verloren wir das andre Schiff die Adventure aus dem Gesichte, und bekamen es die ganze Reise über nicht mehr zu sehn. Der widrige Wind der am folgenden Morgen einfiel, muß uns vollends auseinander gebracht haben, denn die Adventure war ungleich weiter vom Lande als wir, und folglich hat der Sturm seine Gewalt weit mehr auf sie, denn auf uns, auslassen können.

[1773. November.]

Es würde unnütz und langweilig seyn, wenn ich noch ferner der Länge nach erzählen wollte, wie widrige Stürme und günstige Winde noch immer mit einander abwechselten. Genug wir wurden neun elende lange Nächte in der See herumgeworfen, ohne daß Schlaf in unsre Augen kam, und wir gaben beynahe alle Hoffnung auf, an dieser Küste je wieder vor Anker zu gelangen. Endlich erreichten wir, am 1sten November, Cooks-Straße. Das Wetter blieb zwar noch immer unbeständig und ward uns von neuem zuwider, als wir bald an das auf der nordlichen Insel gelegene Cap Tera Witti heran waren, doch glückte es uns, am 2ten, in eine Bay einzulaufen, die wir hart unter diesem Vorgebirge, gegen Osten hin, entdeckten. Die Küste bestand daselbst aus lauter fürchterlichen schwarzen unfruchtbaren Bergen, die sehr hoch, fast ganz ohne Holz und Buschwerk waren, und in langen, spitzigen, säulenförmigen Felsen in die See hinaus ragten. Die Bay selbst schien weit zwischen den Bergen hinein zu gehen, und ließ uns, ihrer Richtung nach, vermuthen, daß das Land, worauf Cap Tera-Witti liegt, vielleicht eine von Eaheino-Mauwe getrennte Insel sey. So kahl indessen und so öde auch diese Gegend aussähe, so war sie doch bewohnt, denn wir lagen noch keine halbe Stunde vor Anker, als schon verschiedene Canots zu uns an Bord kamen. Die Leute giengen sehr dürftig in alte lumpichte Mäntel oder sogenannte Boghi-Boghi's gekleidet. Der Rauch, dem sie in ihren niedrigen kleinen Hütten beständig ausgesetzt sind, und der Schmutz, der sich vermuthlich von ihrer Jugend an, ungestört auf der Haut angehäuft hatte, machte, daß sie über und über häslich gelbbraun aussahen, und daß man von ihrer wahren Farbe nicht urtheilen konnte. Den Winter hindurch, der eben zu Ende gieng, mochten sie sich vielleicht oft mit halb verfaulten Fischen haben behelfen müssen; diese ekelhafte Nahrung aber und das ranzige Öl, womit sie sich das Haar einschmieren, hatte ihren Ausdünstungen einen so unerträglichen Gestank mitgetheilt, daß man sie schon von weitem wittern konnte. Sie brachten einige Fisch-Angeln und gedörrte Krebsschwänze zu Kauf, und nahmen unsre Eisenwaaren imgleichen Tahitisches Tuch sehr gierig dagegen. Capitain Cook schenkte ihnen ein Paar Hühner, mit dem Bedeuten, daß sie solche zur Bruth beybehalten möchten, allein es ist wohl schwerlich zu vermuthen, daß diese elenden Wilden auf die zahme Viehzucht bedacht seyn werden. Ihre Gedankenlosigkeit läßt vielmehr befürchten, daß, so bald es ihnen einmal an Lebensmitteln fehlen sollte, unsre armen Hühner wohl ohne Bedenken werden her halten müssen. In irgend einer von den nördlichsten Bayen würde das zahme Vieh vielleicht noch ehe in Acht genommen werden, denn dort sind die Einwohner gesitteter, wenigstens schon an die Landwirthschaft gewöhnt, indem sie verschiedene esbare Wurzeln bauen.[12]

Um drey Uhr Nachmittags ward es völlig Windstill, kurz nachher aber erhob sich in der Straße ein südlicher Wind, der nicht so bald das Wasser unruhig zu machen anfieng, als wir die Anker wiederum lichteten und die Bay verließen; auch war es ein Glück daß wir nicht länger damit gewartet hatten, denn in wenig Minuten ward es so stürmisch, daß das Schiff unglaublich schnell forttrieb; doch kamen wir bey den gefährlichen Klippen, die Brüder genannt, an denen eine erschreckliche Brandung brach, ohne Schaden vorüber, und gelangten endlich bey einbrechender Nacht, unter dem Cap Koa-Maruh, in Charlotten-Sund vor Anker.

Am folgenden Tage um Mittag trafen wir glücklich wieder in Schip-Cove ein, von da wir ohngefähr fünf Monath zuvor ausgeseegelt waren. Der frühen Jahreszeit wegen ließ sich zwar nicht erwarten, daß wir jetzt so viel gesunde frische Kräuter finden würden als das erstemal, dagegen aber machten wir uns große Hoffnung hier wieder mit der Adventure zusammen zu stoßen, weshalb auch Capitain Cook einige Zeit allhier zu bleiben gedachte.

Kaum hatten wir geankert, so besuchten uns verschiedene Indianer, die vom Fischen zurück kamen, und was sie gefangen hatten zum Verkauf ausboten. Es waren einige von unsern ehemaligen Bekannten unter ihnen, die sehr erfreut zu seyn schienen, daß wir sie bey Namen zu nennen wußten; vermuthlich glaubten sie, daß wir sehr viel Antheil an ihrer Wohlfahrt nehmen müßten, weil wir uns ihrer so genau erinnerten. Das Wetter war schön und in Betracht der Jahrszeit warm zu nennen; die Neu-Seeländer erschienen aber doch noch in ihren Winterkleidern. Wir erkundigten uns nach dem Befinden unsrer übrigen Bekannten von ihrer Nation, und erhielten verschiedentliche Nachrichten davon; unter andern erzählten sie, daß Gubaia, einer ihrer alten Befehlshaber, mit den beyden Ziegen, welche wir in den Wäldern bey Gras-Cove gelassen, eine Jagd angestellt, sie geschlachtet und gegessen habe. Diese Nachricht war uns höchst unangenehm, denn auf solche Art durften wir uns gar keine Hoffnung machen, dies Land je mit vierfüßigen Thieren zu versehen.

Nachmittags besuchten wir die Pflanzungen, die wir am Strande von Schip-Cove, auf dem Hippah-Felsen und auf Motu-Aro angelegt hatten. Die Rüben und fast alle andre Wurzeln waren in Saamen geschossen; der Kohl und die gelben Möhren standen sehr schön, und die Petersilie und Zwiebeln nicht minder gut; die Erbsen und Bohnen hingegen mußten von den Ratten verheeret worden seyn, denn kaum war noch eine Spur davon zu finden. Auch die Cartoffeln waren fast alle fort, doch schien es, daß sie von den Eingebohrnen selbst waren ausgegraben worden. Der gute Zustand der Gartengewächse bewieß, daß der Winter in diesem Theile von Neu-Seeland sehr gelinde seyn müsse; denn da alle vorgedachte Pflanzen bey uns nicht überwintern, so kann es hier unmöglich hart gefroren haben. Die einländischen Pflanzen waren noch ziemlich weit zurück; das Laubholz und Strauchwerk insbesondere fieng erst eben an auszuschlagen, und stach, vermöge des helleren Laubes, gegen die dunkelere Farbe der immer grünen Bäume, ungemein gut ab. Der Flachs, woraus die Einwohner ihren Hanf bereiten, stand aber schon in Blüthe; so auch verschiedne andre frühe Pflanzen. Wir sammleten was wir finden konnten, brachten einen großen Vorrath von Sellery und Löffelkraut zusammen, und schössen einige Wasserhühner, womit wir Abends an Bord zurück kehrten. Von allem was in der Naturgeschichte neu war, wurden sogleich Zeichnungen und Beschreibungen gemacht, vornehmlich von der Flachspflanze (phormium tenax) als welche, ihres öconomischen Nutzens wegen bekannter zu seyn verdient. Und weil es uns vorzüglich darum zu thun ist, unsern Nebenmenschen auf alle Art und Weise nützlich zu werden, so haben wir, auf Verlangen des Grafen Sandwich, unsre Zeichnung von dieser Pflanze gern dazu hergegeben, daß sie in Kupfer gestochen werden könnte.

Am folgenden Morgen kamen die Indianer in größerer Anzahl und mit mehrern Canots zu uns als Tages zuvor. Unter den neuen Ankömmlingen befand sich auch der Befehlshaber Teiratuh, den wir ehemals schon hatten kennen lernen, und von dem wir, bey unsrer vorigen Anwesenheit, mit einer langen Rede waren bewillkommt worden. Jetzt zog er ziemlich schlecht einher, und schien, wenn ich so sagen darf, en deshabillé zu seyn. Statt gewürfelter und so mit Hundefell verbrämter Matten, die er vormals zu tragen pflegte, gieng er ganz einfach gekleidet, und hatte das Haar nur schlechtweg in einen Zopf aufgebunden, ungekämmt und ungesalbt. Der Redner und Befehlshaber schien zu dem Stande eines gemeinen Fischkrähmers herabgesunken zu seyn; auch erkannten wir ihn in diesem Aufzuge nicht gleich wieder, so bald wir uns aber seiner Physiognomie erinnerten, wiederfuhr ihm alle gebührende Ehre. Man nöthigte ihn nemlich in die Cajütte, und machte ihm ein Geschenk von Nägeln. Das Eisenwerk und das tahitische Zeug welches wir bey uns führten, waren in seinen Augen so wichtige Artikel, daß er und alle seine Begleiter ohnverzüglich Anstalt machten, ihren Wohnplatz in der Nachbarschaft aufzuschlagen; vermuthlich um des Handels wegen immer bey der Hand zu seyn, vielleicht aber auch, um desto mehr Gelegenheit zu haben auf andere Art etwas an sich zu bringen. Das Schiff lag nahe am Strande, nicht weit von der Gegend wo die Wasserfässer angefüllt werden sollten. Zu diesem Behuf war auch schon ein Zelt für die Wasserleute, ein andres für die Holzschläger, und die Sternwarte für den Astronomen aufgeschlagen. Wir giengen Vor- und Nachmittags ans Land, mußten uns aber allemal durch ein Labyrinth von Schlingpflanzen hindurch arbeiten, die von einem Baume zum andern übergelaufen waren. Maheine oder Ohedidi kam gemeiniglich mit ans Land und streifte in diesen unwegsamen Wäldern herum, ganz erstaunt über die Verschiedenheit der Vögel, über ihren schönen Gesang und ihr prächtiges Gefieder. In einem unsrer Gärten, wo die Radiese und Rüben in Blüthe standen, hielt sich vorzüglich eine Menge kleiner Vögel auf, welche den Nectarsaft aus den Blumen saugten, und sie darüber oft von den Stengeln rissen. Wir schössen verschiedene davon und Maheine, der in seinem Leben noch nie eine Flinte in Händen gehabt, erlegte seinen Vogel beym ersten Schusse. – Es gehört mit zu den körperlichen Vorzügen der halb civilisirten Völker, daß ihre Sinne durchaus schärfer sind als die unsrigen, die durch tausend Umstände und Verhältnisse der sogenannten verfeinerten Lebensart, stumpf gemacht und verdorben werden. Maheine gab in vorgedachtem Fall ein Beyspiel davon ab, und in Tahiti war es nichts neues, daß uns die Leute in dicken Bäumen kleine Vögel, oder Enten und Wasserhühner im dicksten Schilf zeigten, wo doch keiner von uns das geringste entdecken konnte. Das angenehme und warme Wetter begünstigte unsre zoologischen Untersuchungen dermaaßen, daß wir gleich vom ersten Ausgang eine Menge Vögel mit an Bord brachten. Ehe wir am folgenden Morgen noch Anstalt machten wieder ans Land zu gehen, lief von unsern dort campirenden Leuten schon Klage ein, daß die Indianer in der Nacht, einen Wächtermantel und einen Beutel mit Linnen, aus dem Wasserzelt weggestohlen hätten. Da die Bucht, in welcher die Wilden sich aufhielten, nur durch einen Hügel von unserm Wasserplatz abgesondert, mithin ganz in der Nähe war, so begab sich der Capitain unverzüglich zu ihnen, und setzte ihren Anführer Teiratuh, des Diebstahls wegen, zur Rede. Dieser schickte auch alsbald nach den gestohlnen Sachen, und lieferte sie ohne Wiederrede zurück, betheuerte aber, daß er nicht das mindeste davon gewußt, geschweige denn persönlichen Antheil daran gehabt habe. Bey dieser Erklärung ließen es unsre Leute um so eher bewenden, weil sie auf einer andern Seite wieder Vortheil von den Indianern hatten, und es also nicht gern mit ihnen verderben wollten. Sie versahen uns nemlich, für eine Kleinigkeit an tahitischen Zeuge, täglich mit frischen Fischen, die wir selbst weder so leicht, noch so reichlich zu fangen wußten. Bey dieser Gelegenheit fand man auch eine von den Sauen die Capitain Furneaux in Cannibal-Cove zurückgelassen hatte; und als Teiratuh befragt ward, wo die beyden andern geblieben wären, wies er nach verschiedenen Gegenden der Bay hin, um anzudeuten, daß man sie hier und dorthin geschlept hätte. Durch solche Trennung der Thiere, die sie als Beute unter einander theilen, hindern diese rohen Leute das Fortkommen derselben. Immer nur darauf bedacht für den gegenwärtigen Augenblick zu sorgen, nur das dringendste Bedürfnis zu befriedigen, vernachläßigen sie die Mittel, durch welche man ihnen einen beständigen Unterhalt zu verschaffen und sie glücklicher zu machen wünscht!

Am 6sten Nachmittags kam, aus verschiedenen Gegenden der Bay, eine Menge andrer Indianer mit Fischen, Kleidern, Waffen u. d. g. zu uns, und vertauschten alle diese Waaren gegen tahitisches Zeug. Abends begaben sie sich, dem Schiffe gegen über, in eine Bucht, zogen dort ihre Canots ans Land, richteten Hütten auf, zündeten Feuer an, und machten sich ein Abendbrodt von Fischen zurecht. Früh am folgenden Morgen waren sie alle fort, selbst die in Schip-Cove. Wir konnten nicht begreifen, warum sie allesammt so plötzlich aufgebrochen wären, endlich aber zeigte sichs, daß sie sechs kleine Fässer, 30 vermuthlich der eisernen Reifen wegen, vom Wasserplatze entwandt hatten. Im Grunde hätten sie nicht nöthig gehabt ihre Zuflucht zum Stehlen zu nehmen, denn wenn sie uns noch einen einzigen Tag länger mit Fischen versorgten, so bekamen sie wenigstens drey bis viermal so viel und noch dazu brauchbareres Eisenwerk als jetzt; unsre Leser werden aber schon bey mehreren Gelegenheiten angemerkt haben, daß es der Neu-Seeländer Sache eben nicht sey, sich mit Nachdenken den Kopf zu brechen, und daß sie, ohne irgend eine Rücksicht, mehr auf das Gewisse denn aufs Ungewisse rechnen. Ihre Entfernung war uns in gegenwärtigem Fall empfindlicher als der Verlust den sie uns zugefügt hatten, denn nun mußten wir selbst fischen, ob wir gleich den Strich und Stand der Fische so gut nicht kannten als die Eingebohrnen, auch die Leute dazu nicht füglich missen konnten. Die Matrosen hatten alle Hände voll zu thun das Schiff abzuputzen und zu kalfatern, neues Tau- und Takelwerk aufzusetzen, kurz alles in Ordnung zu bringen, was zu der beschwerlichen Fahrt gegen den Südpol erfordert ward. Ein Theil derselben blieb am Lande, um die Wasserfässer zu füllen, Holz zu schlagen, und den Schiffs-Zwieback durchzusehen, der in sehr üblen Umständen war. Unglücklicherweise hatte man ihn bey der Abreise aus Engelland in neue oder grüne Fäßer eingepackt, wodurch er feucht und schimmlig geworden, ja zum Theil ganz verfault war. Damit dieses Übel nicht noch weiter um sich greifen möchte, ward alles Brod ans Land geschafft, das Verdorbne sorgfältig von dem Esbaren abgesondert, und letzteres von neuem in einem Ofen ausgetrocknet und aufgebacken.

Das Wetter blieb diese Zeit über mehrentheils eben so stürmisch und unbeständig als es bey unserer Annäherung auf dieser Küste gewesen war. Selten vergieng ein Tag ohne heftige Windstöße und Regengüsse, die von den Bergen mit verdoppelter Gewalt herabstürzten und unsre Leute oft an der Arbeit hinderten; dabey war die Luft gemeiniglich kalt und rauh. Das Wachsthum der Pflanzen gieng daher langsam von statten und die Vögel hielten sich nur in solchen Thälern auf, wo sie gegen den kalten Südwind Schutz fanden. Diese Art von Witterung scheint auch den ganzen Winter hindurch, und weit in den Sommer hinein, die herrschende zu seyn, ohne im Winter merklich kälter oder im Sommer merklich wärmer zu werden. Überhaupt dünkt mich, daß alle Inseln, die weit von großen Ländern oder wenigstens nicht nahe bey einem kalten Lande liegen, stets eine ziemlich gleiche Temperatur der Luft haben müssen, woran wohl die Natur der See vornemlich Schuld seyn mag. Aus den in Port-Egmont auf den Falklands-Inseln angestellten Wetter-Beobachtungen,[13] ergiebt sich, daß die größte daselbst bemerkte Hitze und Kälte in einem ganzen Jahre nicht über 30 Grad des Fahrenheitischen Thermometers auseinander ist. Dieser Haven liegt unterm 51sten Grade 25 Minuten südlicher Breite; Ship-Cove aber, in Charlotten-Sund, liegt nur unter 41 Grad 5 Minuten südlicher Breite. Bey einem so beträchtlichen Unterschied der Himmelsgegend muß zwar das Clima von Neu-Seeland, an und für sich, gelinder seyn als das Clima auf den Falklands-Inseln; allein das thut nichts zur Sache, denn wenn meine Hypothese von der Temperatur der Luft auf den Inseln richtig ist, so muß sie für alle Polhöhen gelten. Überdem dürfte zwischen dem Clima von Neu-Seeland und den Falklands-Inseln, der Unterschied auch so beträchtlich wohl nicht seyn, als man, nach der Lage beyder Länder, vielleicht urtheilen sollte; wenigstens sind in Neu-Seeland die Berge überaus hoch und zum Theil das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, welches die Luft bekanntermaßen sehr kalt macht. Es würde mich daher nicht wundern, wenn es hier fast eben so kalt wäre als auf den Falklands-Inseln, die zwar 10 Grad weiter nach dem Pol herab liegen, dagegen aber ungleich flacher und niedriger sind. rauh indessen das Wetter auch war, so ließen sich die Eingebohrnen dadurch doch nicht abhalten, in diesem weitläuftigen Sunde herum zu streifen. Nachdem wir drey ganzer Tage von ihnen verlassen gewesen waren, kam am 9ten dieses wiederum eine Parthey in dreyen Canots zu uns, wovon das eine am Hintertheile sehr künstlich mit erhobner und durchbrochener Arbeit verziert war. Sie verkauften uns einige Merkwürdigkeiten und begaben sich sodann, dem Schiffe gegen über, an Land. Am folgenden Tage stießen noch zwey Canots zu ihnen, darinn sich unser Freund Towahangha mit seiner ganzen Familie befand. Als ein alter Bekannter säumte er nicht uns zu besuchen, und brachte seinen Sohn Khoaah, ungleichen seine Tochter Ko-parrih mit an Bord. Wir kauften ihm eine Menge grüner Nephritischen Steine ab, die zu Meißeln und Äxten geschliffen waren, und führten ihn sodann in die Cajüte wo er vom Capitain Cook allerhand Sachen, der kleine Junge aber ein Hemde zum Geschenk bekam. Kaum hatte man dem Knaben seinen neuen Staat angezogen, als er für Freuden gleichsam außer sich, und mit guten Worten schlechterdings nicht länger in der Cajütte zu behalten war. Er wollte vor seinen Landsleuten auf dem Verdeck paradiren, und um des Plagens los zu seyn, mußten wir ihm seinen Willen lassen. Diese kleine Eitelkeit kam ihm aber theuer zu stehn. Ein alter Ziegenbock der, zum großen Mißvergnügen der Neu-Seeländer die sich vor ihm fürchteten, ebenfalls auf dem Verdeck seinen Stand hatte, schien über die lächerliche Gestalt des armen Khoaah, der sich in dem weitläuftigen Hemde nicht finden konnte, und doch mit so vielem Wohlgefallen über sich selbst, so poßierlich herumgaukelte, böse zu werden; denn er sprang ihm ganz ergrimmt in den Weg, hob sich auf den Hinterfüßen, zielte und sties mit ganzer Gewalt den armen Jungen zu Boden, daß er alle viere von sich streckte. Vom Schreck betäubt oder vielleicht besorgt an seinem neuen Staat etwas zu verderben, wagte ers nicht sich wieder aufzuraffen und davon zu laufen, sondern begnügte sich aus Leibeskräften zu schreyen: Dadurch aber ward sein bärthiger Widersacher so böse, daß er von neuem Mine machte ihm eins zu versetzen, welches den Ritter der traurigen Gestalt vielleicht auf immer zum Schweigen gebracht haben würde, wenn unsre Leute nicht dazwischen gekommen wären. Man half dem Knaben wieder auf die Beine, allein Hemd, Gesicht und Hände war alles gleich schmutzig. In dieser kläglichen Verfassung kam er nun, für seine Eitelkeit sehr gedemüthigt, in vollem Heulen nach der Cajütte zurück, und klagte seinem Vater was ihm für ein Unglück begegnet; allein dieser, statt Mitleid mit dem armen Schelm zu haben, ward vielmehr zornig, und gab ihm, zur Strafe seiner Thorheit, noch einige derbe Schläge, ehe wir uns ins Mittel legen und sie beyderseits wieder zufrieden stellen konnten. Das Hemd ward wieder rein gemacht, und er selbst ward über und über gewaschen, welches ihm vielleicht sein Lebelang noch nicht wiederfahren seyn mochte. Nunmehr war alles wieder gut, der Vater aber, der für einen neuen Unstern nicht sicher seyn mogte, rollte das Hemd sorgfältig zusammen, nahm sein eignes Kleid ab und machte aus beyden ein Bündel, worinn er alle Geschenke zusammen packte die wir ihm und seinem Sohn gegeben hatten.

An diesem und dem folgenden Tage, die beyde regnigt waren, fuhren die Einwohner noch immer fort, uns Merkwürdigkeiten und Fische zu verkaufen. Am 12ten Morgens, da sich das Wetter wieder aufgeklärt hatte, gieng ich, nebst Dr. Sparrmann und meinem Vater nach Indian-Cove. Wir trafen aber keinen von den Eingebohrnen daselbst an, und giengen deshalb auf einem Fussteige weiter, der uns durch den Wald einen ziemlich hohen und steilen Berg hinan brachte, vermittelst dessen Indien- und Shag-Cove von einander abgesondert sind. Dieser Fussteig schien blos des vielen Farrnkrautes wegen angelegt zu seyn, welches sich auf der Höhe des Berges findet, und wovon die Wurzel den Neu-Seeländern zur Nahrung dient. In der untersten Gegend, woselbst der Pfad am steilsten war, hatte man ordentliche Stuffen gemacht und solche mit Schiefer ausgelegt; weiter hinauf aber mußten wir uns, durch die in einander gewachsnen Schlingpflanzen, erst einen Weg bahnen. An der Südseite war der Berg von oben bis unten, auf den übrigen Seiten aber nur bis zur Hälfte mit Waldung, und jenseits derselben, nach dem Gipfel hin, mit niedrigem Strauchwerk und Farrnkraut bewachsen, ob wohl vom Schiff her die ganze obere Gegend kahl und nackend aussähe. Auf dieser Höhe sproßten verschiedne Pflanzen, die in Dusky-Bay nur in den Thälern und an der Küste wuchsen, woraus man abnehmen kann, um wie viel in jenem Theile von Neu-Seeland, das Clima rauher ist, denn in dieser Gegend. Der ganze Berg bestand bis oben hinauf aus solchem Talk-Thon als man hier überall häufig findet, und der, wenn er zu Stein erhärtet, durch Luft und Wetter in schieferichte Blätter zerfällt. Diese Steinart ist weißlicht, graulicht, zuweilen auch von Eisentheilchen gelb-roth gefärbt. Von dem Gipfel aus hatten wir eine große und schöne Aussicht. East-Bay (Ost-Bay,) lag als ein kleiner Fischteich gleichsam unter unsern Füßen, und außerhalb der Straße konnte man bis nach dem Cap Tera-witti hinsehen. Südwärts war die Gegend überall rauh und wild, indem man, so weit das Auge reichte, nichts als hohe mit Schnee bedeckte Gebürge erblickte. Um ein Merkmahl von unsrer Anwesenheit zurück zu lassen, legten wir ein Feuer an und ließen einen Theil des Gesträuchs niederbrennen. Am folgenden Morgen giengen wir nach Long-Eyland, woselbst es eine Menge Pflanzen und verschiedne Vögel gab die uns neu waren. In dem gegen Osten gelegenen Walde hörten wir die Sturmvögel (petrels) in ihren Höhlen unter der Erde, zum Theil als Frösche quäken, zum Theil als Hühner kakeln. Vermuthlich waren es sogenannte Sturm-Taucher (diving petrels,) denn das ganze Geschlecht der Sturmvögel scheint unter der Erde zu nisten, wenigstens hatten wir die blaue und silberfarbne Art in Dusky-Bay, ebenfalls in dergleichen unterirdischen Höhlen angetroffen.

Seit dem 13ten war das Wetter gelind und schön. Die Indianer, die ihre Wohnhütten dem Schiffe gegenüber aufgeschlagen hatten, versahen uns noch immer reichlich mit Fischen, so wie auch unsre Seeleute ihre Galanterien mit den hiesigen Frauenspersonen noch immer fortsetzten, ohnerachtet nur eine einzige derselben erträgliche und etwas sanfte Gesichtszüge hatte. Dieses Mädchen war von ihren Eltern einem unsrer jungen Reisegefährten, der sich hier durchgängige Liebe erworben, ordentlich zur .Frau überlassen. Er hatte sich nemlich besonders viel mit den Leuten zu thun gemacht, und bey jeder Gelegenheit Zuneigung für sie blicken lassen, welches selbst unter den Wilden weder unbemerkt noch unerwiedert bleibt. Toghiri, so hies das Mädchen, war ihrem Manne eben so treu und ergeben, als ob er ein Neu-Seeländer gewesen wäre. Sie verwarf die Anträge andrer Seeleute, mit dem Ausdruck, sie sey eine verheirathete Person (tirra-tàne.) So gern aber der Engländer sie auch leiden mogte, so brachte er sie doch nie an Bord, und in der That wäre dort, für die zahlreiche Gesellschaft die auf ihren Kleidern und in den Haaren haufenweise herumkroch, nicht füglich Platz gewesen. Er besuchte sie also nur den Tag über, am Lande, und trug ihr gemeiniglich den ausrangirten verdorbnen Schiffszwieback zu, den sie und ihre Landesleute immer noch als einen Leckerbissen mit großer Begierde verzehrten. Maheine von Borabora, unser indianischer Reisegefährte, war in seinem Vaterlande so sehr gewöhnt, jedem Ruf der Natur zu folgen, daß er gar kein Bedenken trug, ihrer Stimme auch in Neu-Seeland Gehör zu geben. Er sähe freylich wohl, daß die Frauenspersonen hier weder so schön noch so artig waren als in seinem Vaterlande; allein die Stärke des Instincts brachte seine Delicatesse zum Schweigen und das ist wohl um so weniger zu verwundern, da es die gesittetem Europäer selbst nicht besser machten. In jedem andern Betracht waren seine Gesinnungen und sein Betragen gegen die Neu-Seeländer desto untadelhafter. Er bemerkte ganz richtig, daß sie weit übler dran wären, als die Bewohner der tropischen Inseln, und wenn er uns vergleichungsweise die Vortheile herrechnete, welche diese für jenen voraus hätten: so unterließ er nie sie deshalb herzlich zu bedauren. Daß es ihm auch mit diesen Gesinnungen Ernst sey, zeigte er bey allen Gelegenheiten durch die That. So theilte er z. B. den Leuten die uns am Cap Blake besuchten, aus seinen eignem Vorrath, Yamwurzeln mit, und wenn der Capitain ausgieng, um ein Stück Land zu besäen oder zu bepflanzen, so war er allemal als ein treuer Gehülfe dabey zugegen. Ihre Sprache verstand er zwar nicht genugsam, um sich so geläufig mit ihnen unterreden zu können, als vom Tupia erzählt wird; doch begrif er bald mehr von derselben, als irgend sonst einer an Bord, und dazu war ihm natürlicherweise die Analogie mit seiner Muttersprache sehr behülflich. Wir selbst verstanden jetzt, nachdem wir uns eine Zeitlang in den tropischen Inseln aufgehalten hatten, den Neu-Seeländischen Dialect weit besser als zuvor, denn er hat ungemein viel Ähnlichkeit mit der Sprache auf den freundschaftlichen Inseln, von denen wir so eben herkamen. Dergleichen kleine Umstände verdienen deshalb angezeigt zu werden, weil sich daraus vielleicht am ersten errathen läßt, von woher das so weit gen Süden gelegene Neu-Seeland mag bevölkert worden seyn?

Da das Wetter bis zum 14ten Abends gut blieb, so verfügte sich der Capitain und mein Vater auf die Sternwarte ans Land, um die Emersion eines Jupiters-Trabanten zu beobachten. Nach dem Resultat vieler Observationen, die von unserm genauen und unermüdeten Astronom, Herrn W. Wales, zu verschiedenen Zeiten angestellt worden, ist Charlotten-Sund 174°. 25'. östlicher Länge von Greenwich.

Am folgenden Morgen begleiteten wir den Capitain nach East-Bay, woselbst an verschiedenen Stellen etliche einzelne Familien von Indianern wohnten. Sie nahmen uns durchgehends sehr freundschaftlich auf; schenkten uns Fische, das Beste, was sie geben konnten, und verkauften uns, gegen Eisen und Tahitisches Zeug, verschiedne solcher großen Fischer Netze, als in den Nachrichten unsrer Vorgänger schon beschrieben worden. Am hintersten Ende der Bay, bestiegen wir eben denselben Berg, den Capitain Cook auf seiner ersten Reise auch besucht hatte,[14] und von dessen Gipfel wir uns in der offnen See, nach der Adventure umsehen wollten. Als wir aber hinauf kamen, war es so nebligt auf dem Wasser, daß man kaum 2 bis 3 See-Meilen weit vor sich hin sehen konnte. Das vom Capitain Cook ehemals allhier errichtete Monument, welches aus einem Haufen zusammengeworfner Steine bestanden hatte, worunter etliche Münzen, Kugeln etc. und dergleichen Sachen waren vergraben worden, lag jetzt ganz zerstört. Vermuthlich hatten die Wilden hier einen Schatz von europäischen Waaren zu finden geglaubt. Am Fuße des Berges kamen uns etliche Indianer entgegen, denen wir allerhand Waffen, Hausgeräthe und Kleider abkauften. Sonderbar ist es, daß dem Capitain auf eben dieser Stelle ehemals ein gleiches begegnete. Nachmittags probirten wirs mit unsern neugekauften Netzen zu fischen und der Versuch lief ziemlich glücklich ab. Sie waren von gespaltnen oder gerißnen Blättern, der getrockneten und alsdenn geklopften Flachspflanze verfertigt, deren ich schon mehrmals erwähnt habe. Der Hanf oder Flachs der davon fällt, ist außerordentlich stark, und, so wenig sich auch die Neu-Seeländer auf die Zubereitung desselben verstehen, gleichwohl sehr glänzend und dabey ungemein weich; wir haben etwas davon in England umarbeiten und gehörig zubereiten lassen, welches fast völlig so glänzend als Seide geworden ist. Diese Pflanze kommt in jeder Art von Boden fort, erfordert auch fast gar keine Wartung oder Cultur, und da sie perennirend oder überwinternd ist, so kann sie alle Jahr bis auf die Wurzel abgeschnitten werden.

Wir brachten am 17ten fast den ganzen Morgen mit Abhauung vieler hohen Bäume zu, von welchen wir gern die Blüthen gehabt hätten; aber alle angewandte Mühe war vergebens, denn wenn wir gleich einen Stamm abgehauen hatten, so fiel der Baum doch nicht, sondern blieb in tausend Schlingpflanzen, die ihn von oben bis unten hinangelaufen waren und den Gipfel an andere Bäume festgeschlungen hatten, gleichsam schwebend hängen. Die drey folgenden Tage regnete es so heftig, daß wir an Bord bleiben mußten; es ließ sich auch diese ganze Zeit über nicht ein einziger Wilder sehen. Am 21sten des Morgens kamen zwey Canots mit Frauenspersonen an das Schiff. Diese gaben uns zu verstehen, daß ihre Männer gegen eine andre Parthey zu Felde gezogen, und daß sie wegen derselben gar sehr besorgt wären. So viel sich aus den Zeichen urtheilen ließ, wodurch sie uns die Gegend anzudeuten suchten, nach welcher ihre Männer hingegangen waren, mußten die Feinde irgendwo in der Admiralitäts-Bay wohnen.

Da am 22sten das Wetter schön und gelinde war, so begleiteten wir den Capitain nach West-Bay, um dort, in dem tiefsten und entlegensten Winkel des Waldes, zwey Sauen nebst einem Eber, imgleichen drey Hähne und zwey Hennen in die Wildniß auszusetzen. Diese Gegend ist sumpfig, und wird, allem Ansehen nach, von den Einwohnern nicht sonderlich besucht; wir hofften daher, daß diese Thiere sich hier ungestöhrt würden vermehren können, zumal da wir unser Geschäft ganz unbemerkt ausgeführt hatten. Es war uns nemlich nur am Eingange der Bay ein einziges Canot mit etlichen wenigen Indianern begegnet, und diese konnten wohl ohne Zweifel nicht errathen, daß wir einer so besondern Absicht wegen hieher gekommen wären. Sollte also, vermittelst dieser Anlage, die südliche Insel von Neu-Seeland dereinst mit Schweinen und Hühnern versehen werden; so wird solches lediglich der Vorsicht zuzuschreiben seyn, daß diese wenigen Zuchtthiere hier so sorgfältig versteckt worden.

Als wir wieder auf dem Schiffe eintrafen, kamen sieben oder acht Canots von Norden hergerudert; ein Theil derselben stach, ohne sich im mindesten um uns zu bekümmern, geradenweges nach Indian-Cove über. Die andern kamen zu uns an Bord, und brachten eine große Menge von Kleidern und Waffen zum Verkauf. Diese Leute waren stattlicher angeputzt als wir, seit unserm diesmaligen Aufenthalt in Charlotten-Sund, noch keine gesehn hatten. Sie hatten sich das Haar sehr nett aufgebunden, und die Backen roth geschminkt. Alle diese Umstände stimmten leyder nur gar zu wohl mit der Nachricht überein, welche wir den Tag zuvor von den Weibern erhalten hatten; denn die Wilden pflegen sich mit ihren besten Kleidern zu putzen, wenn sie gegen den Feind gehen. Ich fürchte, wir selbst hatten Schuld daran, daß ihre unseligen Zwistigkeiten mit andern Stämmen wieder rege geworden waren: denn unsre Leute begnügten sich nicht, von ihren Bekannten unter den Indianern, so viel steinerne Äxte, Pattu-Pattuhs, Streit-Kolben, Kleider, grüne Steine und Fischangeln etc. aufzukaufen, als diese im Vermögen hatten; sondern sie verlangten immer mehrere, und suchten die armen Leute, durch Vorzeigung ganzer Ballen von Tahitischem Zeuge, anzulocken, daß sie noch ferner Waffen und Hausgeräth herbeyschaffen möchten. Wenn sich aber die Neu-Seeländer, wie wohl zu vermuthen steht, so durch solche Versuchungen hinreißen ließen; so werden sie auch wohl gesucht haben, sich das, woran es ihnen fehlte, auf die leichteste und schnellste Art zu verschaffen, und dieses Mittel mag vielleicht in Beraubung ihrer Nachbarn bestanden haben. Der große Vorrath von Waffen, Putz und Kleidern, mit welchem sie jetzt zu Markt kamen, ließ allerdings vermuthen, daß sie einen Streich von dieser Art ausgeführt hatten, und das wird schwerlich ohne Blutvergießen abgelaufen seyn.

Am folgenden Morgen sahen wir, daß die Wilden am Wasserplatze zum Frühstück Wurzeln aßen, die sie vorher zubereitet hatten. Herr Whitehouse, einer der ersten Unter-Officiers brachte von diesem Gericht etwas an Bord, und man fand, daß es fast von besserm Geschmack war als unsre Rüben. Mein Vater gieng also mit ihm ans Land, kaufte den Indianern ein Paar solcher Wurzeln ab, und bewog zween derselben ihn nebst Herrn Whitehouse in den Wald zu begleiten, und sie die Pflanze kennen zu lehren, von welcher diese Wurzel kömmt. Im völligen Vertrauen auf die Rechtschaffenheit ihrer wilden Führer, folgten sie denselben ganz unbewafnet; nachdem sie ein gut Stück Weges mit einander gegangen waren, zeigten ihnen jene eine Art von Farrenbaum, der hier zu Lande Mamaghu genannt wird, mit dem Bedeuten, daß eben dieser die vorgedachte esbare Wurzel liefere. Sie zeigten ihnen auch den Unterschied zwischen dem Mamagu und dem Ponga, welches ein anderer Baum ist, der jenem sehr ähnlich siehet, dessen Wurzel aber nicht zu genießen ist. Beyde gehören zum Geschlecht der Farrnbäume. Bey ersterem ist der innere Theil des Holzes, oder das Herz des Stammes, eine weiche pulpöse Substanz, die beym Durchschneiden einen röthlichen klebrichten Saft von sich gab, der ungemein viel Ähnlichkeit mit dem Sago hatte. Im Grunde ist auch der wahre Sagobaum selbst nichts anders als eine Art von Farrenbaum. Die gute esbare Wurzel des Mamaghu muß aber nicht mit der Wurzel des Farrenkrauts (acrostichum furcatum Linnaei) verwechselt werden, denn letztere, die der Neu-Seeländer gewöhnlichste Speise zu seyn pflegt, ist fast durchaus holzig und weder schmackhaft noch nährend. Die Einwohner braten sie eine Weile über dem Feuer und schlagen oder quetschen sie hierauf zwischen zween Steinen oder zwey Stücken Holz, um aus dieser mürbe geklopften Masse ein wenig Saft aussaugen zu können; das übrigbleibende sind trockne Fasern, die alsdenn weggeworfen werden. Die Mamaghu-Wurzel hingegen giebt ein ziemlich gutes Essen ab; nur Schade, daß sie nicht häufig genug anzutreffen ist, um für ein tägliches, beständiges Nahrungsmittel zu dienen. Als mein Vater mit seinen Begleitern aus dem Walde zurück kam, hatte er Gelegenheit zu bemerken, wie roh die Sitten dieser Wilden sind. Ein Junge von ohngefähr sechs bis sieben Jahren, verlangte von seiner Mutter ein Stück von einem gebratnen Pinguin, welches sie in Händen hatte, und da sie ihm nicht gleich zu Gefallen war, ergrif er einen großen Stein und warf nach ihr. Sie lief auf ihn zu, um diese Ungezogenheit zu ahnden, kaum aber hatte sie ihm einen Schlag gegeben, als der Mann hervorsprang, sie zu Boden warf und unbarmherzig prügelte. Unsre am Wasserplatz campirenden Leute erzählten meinem Vater, sie wären von dergleichen Grausamkeiten vielfältig Zeugen gewesen und hätten mehr denn einmal gesehen, daß auch die Kinder sogar Hand an ihre unglücklichen Mütter legten und solche in Gegenwart des Vaters schlügen, der gleichsam nur Acht gäbe, ob sich jene etwa wehren oder wiedersetzen würde. Zwar pflegen fast alle wilde Völker, in so fern sie blos das Recht des Stärkern unter sich gelten lassen, ihre Weiber durchgehends als Sclavinnen anzusehn, die den Männern Kleider machen, Hütten bauen, Speisen kochen und zutragen, und bey aller ihrer Dienstbarkeit doch noch mit der härtesten Begegnung vorlieb nehmen müssen: Allein in Neu-Seeland scheint diese Tyranney viel weiter getrieben zu seyn, denn irgend sonst wo. Die Mannspersonen werden daselbst von Kindheit auf ordentlich dazu angehalten, daß sie ihre Mütter gegen alle Grundsätze der Sittlichkeit verachten müssen. Ich commentire indessen nicht über diese Barbarey, um die Vorfälle des heutigen Tages vollends zu erzählen, als welche uns über die Verfassung der Neu-Seeländer noch manchen Aufschluß gaben. Der Capitain, nebst Herrn Wales und meinem Vater, ließen sich am Nachmittage nach Motu-Aro übersetzen, um die Pflanz-Gärten zu besehen und Kräuterwerk für das Schiff einzusammlen, indeß verschiedne von den Lieutenants nach Indian-Cove giengen, um mit den dortigen Indianern Handel zu treiben. Das erste, was ihnen daselbst in die Augen fiel, waren die Eingeweide eines Menschen, die nahe am Wasser auf einem Haufen geschüttet lagen. Kaum hatten sie sich von der ersten Bestürzung über diesen Anblick erholt, als ihnen die Indianer verschiedne Stücke vom Cörper selbst vorzeigten, und mit Worten und so Gebehrden zu verstehen gaben, daß sie das übrige gefressen hätten. Unter den vorhandenen Gliedmaaßen war auch noch der Kopf befindlich, und nach diesem zu urtheilen, mußte der Erschlagne ein Jüngling von fünfzehn bis sechzehn Jahren gewesen seyn. Die untere Kinnlade fehlte, und über dem einen Auge war der Hirnschedel, vermuthlich mit einem Pättu-Pättu, eingeschlagen. Unsre Leute fragten die Neu-Seeländer, wo sie diesen Cörper her bekommen hätten? worauf jene antworteten, daß sie ihren Feinden ein Treffen geliefert, und verschiedne derselben getödtet, von den Erschlagnen aber nur allein den Leichnam dieses Jünglings mit sich hätten fortbringen können. Sie setzten hinzu, daß auch von ihrer Parthey verschiedne umgekommen wären und zeigten zu gleicher Zeit auf einige seitwärts sitzende Weiber, die laut wehklagten und sich zum Andenken der Gebliebnen die Stirn mit scharfen Steinen verwundeten. Was wir also von den Zwistigkeiten der Indianer bisher nur blos vermuthet hatten, das fanden wir jetzt durch den Augenschein bestätigt, und allem Anschein nach, war die Muthmaßung, daß wir selbst zu diesem Unheil Gelegenheit gegeben hätten, nicht minder gegründet. Hiernächst blieb uns nun auch kein Zweifel mehr übrig, die Neu-Seeländer für würkliche Menschenfresser zu halten. Herr Pickersgill wünschte den Kopf an sich zu kaufen, und solchen zum Andenken dieser Reise mit nach England zu nehmen. Er both also einen Nagel dafür und erhielt ihn, um diesen Preiß, ohne das mindeste Bedenken.[15] Als er mit seiner Gesellschaft an Bord zurück kam, stellte er ihn oben auf das Geländer des Verdecks zur Schau hin. Indem wir noch alle darum her waren ihn zu betrachten, kamen einige Neu-Seeländer vom Wasserplatze zu uns. So bald sie des Kopfes ansichtig wurden, bezeugten sie ein großes Verlangen nach demselben, und gaben durch Zeichen deutlich zu verstehen, daß das Fleisch von vortreflichem Geschmack sey. Den ganzen Kopf wollte Herr Pickersgill nicht fahren lassen, doch erbot er sich ihnen ein Stück von der Backe mitzutheilen, und es schien als freuten sie sich darauf. Er schnitt es auch würklich ab und reichte es ihnen; sie wolltens aber nicht roh essen, sondern verlangten es gar gemacht zu haben. Man ließ es also, in unsrer aller Gegenwart ein wenig über dem Feuer braten, und kaum war dies geschehen, so verschlungen es die Neu-Seeländer vor unsern Augen mit der größten Gierigkeit. Nicht lange nachher kam der Capitain mit seiner Gesellschaft an Bord zurück, und da auch diese Verlangen trugen, eine so ungewöhnliche Sache mit anzusehen, so wiederholten die Neu-Seeländer das Experiment noch einmal in Gegenwart der ganzen Schiffsgesellschaft. Dieser Anblick brachte bey allen denen die zugegen waren, sonderbare und sehr verschiedne Würkungen hervor. Einige schienen, dem Eckel zum Trotze, der uns durch die Erziehung gegen Menschenfleisch beygebracht worden, fast Lust zu haben mit anzubeißen, und glaubten etwas sehr witziges zu sagen, wenn sie die Neu-Seeländischen Kriege für Menschen-Jagden ausgaben. Andre hingegen waren auf die Menschenfresser unvernünftigerweise so erbittert, daß sie die Neu-Seeländer alle todt zu schießen wünschten, gerade als ob sie Recht hätten über das Leben eines Volks zu gebieten, dessen Handlungen gar nicht einmal für ihren Richterstuhl gehörten! Einigen war der Anblick so gut als ein Brechpulver. Die übrigen begnügten sich, diese Barbarey eine Entehrung der menschlichen Natur zu nennen, und es zu beklagen, daß das edelste der Geschöpfe dem Thiere so ähnlich werden könne! Nur allein Maheine, der junge Mensch von den Societäts-Inseln, zeigte bey diesem Vorfall mehr wahre Empfindsamkeit als die andern alle. Geboren und erzogen in einem Lande, dessen Einwohner sich bereits der Barbarey entrissen haben und in gesellschaftliche Verbindungen getreten sind, erregte diese Scene den heftigsten Abscheu bey ihm. Er wandte die Augen von dem gräßlichen Schauspiel weg, und floh nach der Cajütte, um seinem Herzen Luft zu machen. Wir fanden ihn daselbst in Thränen, die von seiner inneren Rührung das unverfälschteste Zeugniß ablegten. Auf unser Befragen, erfuhren wir, daß er über die unglückseligen Eltern des armen Schlacht-Opfers weine! Diese Wendung seiner Betrachtungen machte seinem Herzen Ehre; dann man sähe daraus, daß er für die zärtlichsten Pflichten der Gesellschaft ein lebhaftes inniges Gefühl haben und gegen seine Nebenmenschen überaus gut gesinnt seyn mußte. Er war so schmerzlich gerührt, daß einige Stunden vergiengen, ehe er sich wieder beruhigen konnte, und auch in der Folge sprach er von diesem Vorfall nie ohne heftige Gemüthsbewegung. Philosophen, die den Menschen nur von ihrer Studierstube her kennen, haben dreist weg behauptet, daß es, aller älteren und neueren Nachrichten ohnerachtet, nie Menschenfresser gegeben habe: Selbst unter unsern Reisegefährten waren dergleichen Zweifler vorhanden, die dem einstimmigen Zeugniß so vieler Völker bisher noch immer nicht Glauben beymessen wollten. Capitain Cook hatte indessen schon auf seiner vorigen Reise aus guten Gründen gemuthmaaßt, daß die Neu-Seeländer Menschenfresser seyn müßten; und jetzt, da wir es offenbahr mit Augen gesehen haben, kann man wohl im geringsten nicht mehr daran zweifeln. Über den Ursprung dieser Gewohnheit sind die Gelehrten sehr verschiedener Meynung, wie unter andern aus des Herrn Canonicus Pauw zu Xanten recherches philosophiques sur les Americains ersehen werden kann. Er selbst scheint anzunehmen, daß die Menschen ursprünglich durch Mangel und äußerste Nothdurft darauf verfallen sind, einander zu fressen.[16] Dagegen aber lassen sich sehr wichtige Einwürfe machen, und folgender ist einer der stärksten: Wenig Winkel der Erde sind dermaßen unfruchtbar, daß sie ihren Bewohnern nicht so viel Nahrungsmittel liefern sollten als zu Erhaltung derselben nöthig sind; und diejenigen Länder, wo es noch jetzt Menschenfresser giebt, können gerade am wenigsten für so elend ausgegeben werden. Die nördliche Insel von Neu-Seeland, die beynahe 400 See-Meilen im Umfange haben mag, enthält, so viel sichs berechnen läßt, kaum einhundert Tausend Einwohner; welches für ein so großes Land, selbst alsdann noch, eine sehr geringe Anzahl ist, wenn auch nur allein die Küsten, und nicht die innern Gegenden des Landes durchaus bewohnt seyn sollten. Wenn aber auch ihrer noch weit mehrere wären; so würden sie sich doch alle von dem Überfluß an Fischen und vermittelst des Landbaues der in der Bay of Plenty und andrer Orten angefangen ist, zur Genüge ernähren, ja sogar den Fremden noch davon mittheilen können, welches sie auch würklich gethan haben. Zwar mag vor Einführung der Künste, ehe sie Netze hatten und Cartoffeln pflanzten, der Unterhalt sparsamer und mühseliger gewesen seyn; aber damals war auch die Anzahl der Bewohner gewiß weit unbeträchtlicher. Bey alle dem läugne ich keinesweges, daß es nicht Fälle gegeben hätte, wo ein Mensch den andern wirklich aus Noth aufgefressen hat: Allein davon sind doch nur einzelne Beyspiele vorhanden, und aus einzelnen Beyspielen läßt sich, für die Gewohnheit des Menschenfressens im Ganzen genommen, durchaus nichts beweisen. Nur so viel kann man daraus abnehmen, daß der Mensch, in einzelnen Fällen durch Hunger und Elend zu außerordentlichen Mitteln gebracht werden könne. Im Jahr 1772. da Deutschland Mißwachs hatte und viele Provinzen Hunger leiden mußten, ward auf den Boinenburgischen Gütern, an der Gränze von Thüringen, ein Hirte eingezogen, und, wo ich nicht irre, am Leben bestraft, weil er, durch Hunger gezwungen, einen jungen Burschen erschlagen und gefressen, auch verschiedne Monathe lang, in gleicher Absicht, bloß des Wolschmacks wegen, zu morden fortgefahren hatte. Er sagte im Verhör aus, daß ihm das Fleisch junger Leute vorzüglich gut geschmeckt habe, und eben das ließ sich auch aus den Mienen und Zeichen der Neu-Seeländer schließen. Ein altes Weib in der Provinz Matogroßo in Brasilien, gestand dem damaligen portugiesischen Gouverneur Chevalier Pinto, der jetzt portugiesischer Gesandter zu London ist, daß sie mehrmalen Menschenfleisch gegessen, daß es ihr ungemein gut geschmeckt habe, und daß sie auch noch ferner welches essen möchte, besonders junges Knabenfleisch. – Würde es aber nicht abgeschmackt seyn, wenn man aus diesen Beyspielen folgern wollte, daß die Deutschen und die Brasilianer, ja überhaupt irgend eine andere Nation, Menschen umzubringen, und sich mit dem Fleische der Erschlagnen etwas zu Gute zu thun pflegen? Eine solche Gewohnheit kann ja nicht mit dem Wesen der menschlichen Gesellschaft bestehen. Wir müssen also der Veranlassung dazu auf einem andern Wege nachspühren. Man weis, daß sehr geringe Ursachen oft die wichtigsten Begebenheiten auf dem Erdboden veranlaßt, und daß unbedeutende Zänkereyen die Menschen sehr oft bis zu einem unglaublichen Grad gegen einander erbittert haben. Eben so bekannt ist es, daß die Rachsucht bey wilden Völkern durchgängig eine heftige Leidenschaft ist, und oft zu einer Raserey ausartet, in welcher sie zu den unerhörtesten Ausschweifungen aufgelegt sind. Wer weiß also, ob die ersten Menschenfresser die Körper ihrer Feinde nicht aus bloßer Wuth gefressen haben, damit gleichsam nicht das geringste von denselben übrig bleiben sollte? Wenn sie nun überdem fanden, daß das Fleisch gesund und wohlschmeckend sey, so dürfen wir uns wohl nicht wundern, daß sie endlich eine Gewohnheit daraus gemacht und die Erschlagenen allemal aufgefressen haben: Denn, so sehr es auch unsrer Erziehung zuwider seyn mag, so ist es doch an und für sich weder unnatürlich noch strafbar, Menschenfleisch zu essen. Nur um deswillen ist es zu verbannen, weil die geselligen Empfindungen der Menschenliebe und des Mitleids dabey so leicht verloren gehen können. Da nun aber ohne diese keine menschliche Gesellschaft bestehen kann; so hat der erste Schritt zur Cultur bey allen Völkern dieser seyn müssen, daß man dem Menschenfressen entsagt und Abscheu dafür zu erregen gesucht hat. Wir selbst sind zwar nicht mehr Cannibalen, gleichwohl finden wir es weder grausam noch unnatürlich zu Felde zu gehen und uns bey Tausenden die Hälse zu brechen, blos um den Ehrgeiz eines Fürsten, oder die Grillen seiner Maitresse zu befriedigen. Ist es aber nicht Vorurtheil, daß wir vor dem Fleische eines Erschlagnen Abscheu haben, da wir uns doch kein Gewissen daraus machen ihm das Leben zu nehmen? Ohne Zweifel wird man sagen wollen, daß ersteres den Menschen brutal und fühllos machen würde. Allein, es giebt ja leyder Beyspiele genug, daß Leute von civilisirten Nationen, die, gleich verschiednen unsrer Matrosen, den bloßen Gedanken von Menschenfleisch-Essen nicht ertragen und gleichwohl Barbareyen begehen können, die selbst unter Cannibalen nicht erhört sind! Was ist der Neu-Seeländer, der seinen Feind im Kriege umbringt und frißt, gegen den Europäer, der, zum Zeitvertreib, einer Mutter ihren Säugling, mit kaltem Blut, von der Brust reißen und seinen Hunden vorwerfen kann?[17]

Neque hic lupis mos nec fuit leonibus,

Nunquam nisi in dispar feris.

HORAT 

Die Neu-Seeländer fressen ihre Feinde nicht anders als wenn sie solche im Gefecht und in der größten Wuth erlegt haben. Sie machen nicht Gefangne um sie zu mästen und denn abzuschlachten,[18] noch weniger bringen sie ihre Verwandten in der Absicht um, sie zu fressen: (wie man wohl von einigen wilden Nationen in America vorgegeben hat) vielmehr essen sie solche nicht einmal wenn sie natürlichen Todes gestorben sind. Es ist also nicht unwahrscheinlich, daß in der Folge der Zeit dieser Gebrauch bey ihnen ganz abkommen wird. Die Einführung von neuem zahmen Schlacht-Vieh kann diese glückliche Epoche vielleicht befördern, in so fern nemlich größerer Überfluß, mehr Viehzucht und Ackerbau das Volk näher zusammenbringen und es geselliger machen wird. Auch von Seiten ihrer Religion stehet jener Hoffnung kein Hinderniß im Wege, denn, so viel wir bemerken konnten, sind sie nicht sonderlich abergläubisch, und nur unter sehr abergläubischen Völkern hat man auch nach ihrer Cultur, noch Menschen-Opfer gefunden. Tupia,[19] der einzige Mann, der sich ohne Anstos mit den Neu-Seeländern unterhalten konnte, erfuhr gar bald, daß sie ein höchstes Wesen erkennen, welche Kenntniß auch, bey allen Völkern der Erde, gleichsam als ein Funke der göttlichen Offenbahrung übrig zu seyn scheint. Nächst diesem Begriff nehmen die Neu-Seeländer gewisse Unter-Gottheiten an, die mit denen auf Tahiti so genau überein kommen, daß das System ihrer Vielgötterey sehr alt und von den gemeinschaftlichen Vor-Eltern beyder Nationen herzustammen scheint. Wir bemerkten auf Neu-Seeland keine einzige Ceremonie, die einige Beziehung auf die Religion gehabt hätte; und ich weis nur von zwey Umständen, die auf eine entfernte Art Aberglauben zu verrathen scheinen. Eins ist der Name Etui oder Vogel der Gottheit, welchen sie zuweilen einer Art von Baumläufern (certhia cincinnata) beylegten.[20] Diese Benennung scheint eine Verehrung anzudeuten, dergleichen die Tahitier und die übrigen Bewohner der Societäts-Inseln den Reyhern und Eisvögeln wiederfahren lassen; doch kann diese Achtung so gar weit nicht gehen, wenigstens haben wir nie bemerkt, daß sie diesen Vogel mehr als jeden andern beym Leben zu erhalten gewünscht hätten. Der zweyte Umstand besteht in Tragung eines Amulets von grünen Stein, welches an einer Halsschnur auf der Brust hängt, ohngefähr die Größe eines harten Thalers hat, und einer Menschengestalt gewissermaßen ähnlich sieht. Sie nennen es Etighi, welche Benennung ohne Zweifel mit dem tahitischen Eti übereinkommt.[21] Daselbst und in den benachbarten Inseln bedeutet Eti ein hölzernes Menschenbild, das, zum Andenken der Todten, keinesweges aber zu gottesdienstlicher Verehrung, bey den Gräbern auf einem Pfahle aufgerichtet wird. Das Neu-Seeländische Tighi scheint aus gleicher Absicht getragen und auch in aller Absicht nicht höher geschätzt zu werden: Für eine Kleinigkeit gaben sie es zwar so nicht weg, wenn wir aber eine halbe Elle Tuch oder rothen Kirsey daran wenden wollten, überließen sie es, uns ohne Bedenken; denn diese Zeuge waren ihnen, von allen unsern Tauschwaaren, das schätzbarste und annehmlichste. Außer dergleichen Figuren tragen sie zuweilen Schnüre mit aufgereiheten Menschen-Zähnen um den Hals; allein auch dieser Zierrath hat keine abergläubische Bedeutung, sondern gilt blos für ein Kennzeichen der Tapferkeit: Es sind nemlich die Zähne ihrer im Gefechte erschlagenen Feinde. Von Priestern oder Zauberern wissen sie, so viel wir bemerken konnten, gar nichts, und dann ist es freylich nicht zu verwundern, daß sie so wenig abergläubisch sind. Sollten sie aber, in der Folge einmal, zu mehreren Bequemlichkeiten des Lebens gelangen; so ist es leicht möglich, daß einige unter ihnen verschlagen genug seyn werden, ihres eignen Vortheils wegen, die Religions-Begriffe der Natur zu erweitern; denn die Geschichte zeigt uns nur zu viel Beyspiele, daß das heiligste und unschätzbarste Geschenk des Himmels, die Religion, zum Deckmantel von Betrügereyen ist gemißbraucht worden. –

Da das Schiff nunmehro völlig in Stand gesetzt war, dem rauhen Wetter der südlichen See-Gegenden Trotz zu bieten, wir auch mit frischem Vorrath von Trinkwasser und mit genügsamen Brennholz von neuem versorgt waren; so wurden die Zelte wieder an Bord geschafft, und am 24sten des Morgens die letzten Anstalten zur Abreise gemacht. Kaum sahen die Indianer, daß wir unsern bisherigen Wohnplatz am Strande verlassen hatten, als sie sich unverzüglich daselbst einfanden, und mit großer Begierde über den weggeworfnen Schiffs-Zwieback herfielen, den doch sogar unsre Schweine nicht mehr hatten fressen wollen. Was die Wilden hiezu verleiten mochte: weiß ich selbst kaum. Hunger konnte es wenigstens nicht seyn, denn sie hatten solchen Überfluß an frischen Fischen, daß sie, außer ihrem eignen Bedürfniß, auch uns, alle Tage reichlich damit zu versorgen pflegten. Die Ursach mußte folglich, entweder an der Verschiedenheit ihres Geschmacks liegen, oder die Liebe zur Abwechselung machte ihnen diese verdorbene vegetabilische Speise blos um deswillen angenehm, weil sie etwas neues und seltnes für sie war. Indessen schien es ihnen nicht so ganz allein um den Zwieback, sondern auch um die wenigen Kleinigkeiten zu thun zu seyn, die unsre Leute während ihres Aufenthalts am Strande verloren oder weggeworfen haben mochten. Unter der Zeit, daß sie überaus emsig nach Nägeln, alten Stücken Zeug und dergleichen Kostbarkeiten umher suchten, kamen andre aus den entferntesten Gegenden der Bay und brachten eine Menge Waffen und Geräthschaften zum Verkauf.

Nachmittags ward ein Boot abgeschickt, um eine Flasche mit einem Briefe an Capitain Furneaux unter einem Baume zu vergraben, falls er etwa nach unsrer Abreise, noch hieher kommen sollte.[22] In einem andern Boote gieng mein Vater mit verschiedenen Officiers nach Indien-Cove, woselbst die Menschen-Eingeweide noch immer auf der Erde lagen. Auch das Canot war noch da, in welchem die Wilden ihre Krieges-Expedition ausgeführt hatten. An dem mit Schnitzwerk und braunen Federbüschen ausgezierten Vordertheil desselben, befand sich eine vierzackige Gabel, auf welcher das Herz des erschlagenen Jünglings angespießt war. Die unsrigen kauften bey dieser Gelegenheit eine Parthie zubereiteten Flachs oder Hanf, und eine Menge Angelhaken mit knöchernen Spitzen, die, nach dem Vorgeben der Indianer, aus Menschen-Gebeinen, namentlich aus den Röhrknochen des Arms gemacht seyn sollten.

Am folgenden Morgen um 4 Uhr ward ein Boot nach Motu-Aro geschickt, um etwas Kohl aus unserm Garten zu holen, und mein Vater gieng mit dahin, um die Küste nochmals durchzusuchen. Seine Mühe war auch nicht vergebens, denn er fand verschiedene neue Pflanzen. Unterdessen hatten wir den Anker schon gelichtet, waren unter Seegel gegangen, und nahmen erst unterwegens das Boot wiederum ein: da aber Wind und Strom uns entgegen kamen, so mußten wir um 7 Uhr zwischen Motu-Aro und Long-Eyland die Anker von neuem fallen lassen. Nachdem wir ein Paar Stunden daselbst zugebracht, ward der Wind günstiger und führte uns in kurzer Zeit nach Cooks Straße.

Wir hielten uns daselbst in der Gegend des Cap Terawitti dicht am Lande, und feuerten von Zeit zu Zeit Canonen ab, um der Adventure von unsrer Ankunft Nachricht zu geben, falls sie in einem der benachbarten Häven gelegen hätte. Zwischen dem Cap Terawitti und Palliser, entdeckten wir eine Bay, die weit ins Land hinauf zu reichen schien. Die Ufer derselben waren durchgehends flach, und ließen vermuthen, daß rings umher eine beträchtliche Ebene vorhanden seyn müsse, hauptsächlich am hintersten Ende, woselbst die Berge so weit entfernt lagen, daß man kaum die Gipfel entdecken konnte. Sollte die Bay für große Schiffe tief genug seyn, woran wohl nicht zu zweifeln ist; so wäre dieser Platz zur Anlegung einer Colonie ganz vorzüglich bequem. Denn man fände hier einen großen Strich bauwürdigen Landes vor sich, der mit genügsamer Waldung, vermuthlich auch mit einem schiffbaren Strom versehen ist, und, seiner Lage nach, in den besten Vertheidigungsstand gesetzt werden könnte. Da diese Gegend auch nicht sonderlich bewohnt zu seyn scheint, so würde desto weniger Gelegenheit zu Streitigkeiten mit den Eingebohrnen vorhanden seyn. Vortheile, die sich an andern Stellen von Neu-Seeland wohl selten so glücklich vereinigt finden dürften. Der Flachs (phormium tenax,) wovon die Einwohner ihre Kleider, Matten, Stricke und Netze verfertigen, ist von so vortreflichem Glanz, Elasticität und Stärke, daß die neue Colonie schon mit diesem einzigen Artikel einen beträchtlichen Handel nach Indien treiben könnte, weil dort Taue und Seegeltuch in sehr hohen Preisen stehen. Vielleicht werden die Europäer, wenn sie dereinst ihre americanischen Colonien verloren haben, auf neue Niederlassungen in entferntem Ländern bedacht seyn; mögte nur alsdenn der Geist der ehemaligen Entdecker nicht mehr auf ihnen ruhen! mögten sie die einheimischen Bewohner der Südsee als ihre Brüder ansehen, und ihren Zeitgenossen zeigen, daß man Colonien anlegen könne, ohne sie mit dem Blut unschuldiger Nationen beflecken zu dürfen!

Auch jenseits dieser Bay fuhren wir noch immer fort Kanonen abzufeuern, aber alle Versuche unsre Begleiterinn wieder zu finden, waren umsonst. Es erfolgte keine Antwort auf unsre Signale, ob wir gleich mit einer Aufmerksamkeit und Sehnsucht darnach lauschten, aus denen sich deutlich genug abnehmen ließ, wie ungern wir, ohne Gesellschaft, den zahllosen Gefahren eines zweyten Zuges gen Süden entgegen giengen. Am folgenden Morgen erreichten wir die Ausfahrt aus der Straße, liefen um das Cap Palliser herum und nordwärts an der Küste hinauf, noch immer in Hoffnung die Adventure hier irgendwo anzutreffen. Da uns aber auch diese Erwartung fehl schlug; so gaben wir alle Gedanken zur Wiedervereinigung auf, nahmen um 6 Uhr des Abends Abschied von Neu-Seeland und steuerten nach Süd-Süd-Ost.

Auf unserer ersten Fahrt gegen Süden, vom Vorgebürge der guten Hoffnung aus, hatte sich bey verschiedenen von unsern Leuten der Scorbut geäußert: Allein, während des Aufenthalts in Dusky-Bay, war diese Krankheit, vermittelst der gesunden Fischspeisen, wie auch durch den Genuß des Sprossenbiers, glücklich vertrieben worden. Zwar hatten sich auf der folgenden unangenehmen Winter-Reise, von Neu-Seeland nach Tahiti, bey manchem, neue und zum Theil gefährliche Symptomen dieses Übels eingefunden: Allein, der große Vorrath frischer Pflanzen, den wir auf letztgedachter Insel erhielten, und das vortrefliche Schweinefleisch, das wir auf den Societäts- und freundschaftlichen Inseln so reichlich einlegten, stellte die Patienten sehr bald wieder her. Bey unserm diesmaligen zweyten Aufenthalt in Charlotten-Sund war es ohne Zweifel dem häufigen Genuß des Sellery und Löffelkrauts beyzumessen, daß wir von den üblen Folgen der eingesalznen Speisen verschont blieben, und bey unsrer nunmehrigen Abreise, allerseits in guten Gesundheits-Umständen zu seyn schienen. Aber bey dem allen hatten wir, jetzt vielleicht mehr als je, Ursach, uns für den Anfällen des Scharbocks zu fürchten, denn die Mühseligkeiten des See-Lebens, die wir nun schon so geraume Zeit hindurch erlitten, mußten unsre Constitutionen wohl allerdings geschwächt und uns die Kraft benommen haben, den künftigen Beschwerlichkeiten, so gut als bisher, zu widerstehen. Vornemlich sahen die Officier und Passagier, auf der nunmehrigen Reise gegen den Südpol, mancherley Unannehmlichkeiten vor sich, wovon sie vorher nichts gewußt. Ihr jetziger Vorrath von lebendigen Vieh war gegen den, womit sie sich ehedem vom Vorgebürge der guten Hoffnung aus versorgt gehabt, für gar nichts zu rechnen; folglich hörte der geringe Unterschied, der bisher zwischen ihrer Tafel und dem Essen der gemeinen Matrosen statt gefunden hatte, gänzlich auf, und sie waren nun, in diesem Betracht, um nichts besser, ja fast noch schlimmer daran als die gemeinen Seeleute, die sich von Jugend auf an keine andere als die eigentliche Schiffskost gewöhnt, dahingegen Officier und Passagier solche gleichsam nie versucht hatten. Hiernächst war auch die Hoffnung neue Länder zu entdecken, nun schon verschwunden: die Gegenstände der freundschaftlichen Unterredung waren erschöpft; die Fahrt gegen Süden konnte nichts Neues mehr darbieten; sondern lag mit allen ihren mannigfaltigen Gefahren und Schrecken vor uns, die desto mehr Eindruck machten, da wir nun ohne Gesellschaft seegeln mußten. Zwischen den Wendezirkeln hatten wir wenigstens einige glückliche Tage genossen; unsre Tafel war dort so gut besetzt gewesen, als es die Producte dieser Inseln zulassen wollten, und die Abwechselung so mancher neuen Gegenstände, die wir unter den verschiedenen Nationen antrafen, hatte uns auf das angenehmste unterhalten: Nunmehro sahen wir aber, auf eine ziemlich lange Periode, nichts als Nebel, kaltes Wetter, Fasten und die langweiligste Einförmigkeit vor uns! Der Abt Chappe, oder vielmehr der Herausgeber seiner Reise nach Californien, Cassini, bemerkt,[23] „daß Abwechselung allein dem Reisenden angenehm ist, und daß er, solcher zu gefallen, von Land zu Lande gehe.“ Seine Philosophie ist zugleich so erhabner Natur, daß er den Ausspruch thut,[24] „das Seeleben sey nur denen langweilig und einförmig, die nicht gewohnt sind, um sich zu schauen, sondern die Natur mit Gleichgültigkeit ansehen.“ Wäre aber der gute Herr Abt so unglücklich gewesen, den antarctischen Zirkel zu besuchen, ohne ein Paar Hundert fette Capaunen bey sich zu haben, womit er sich, auf seiner Reise von Cadiz nach Vera-Cruz, wohl weislich zu versorgen wußte; so dürfte vielleicht seine Philosophie minder hochtrabend gewesen seyn. Was diesen Verdacht gar sehr bestätigt, ist, daß er die Abwechslung in Mexico nicht fand, die er doch zur See so häufig angetroffen zu haben vorgab.[25] Gleichwohl durchreiste er daselbst große Striche ungebautes Land und weitläuftige Wälder, und sähe die Natur in einem sehr wilden Zustande. Er gesteht zwar, daß sie reich und schön sey; allein in wenig Tagen ward ihm die Mannigfaltigkeit ihrer Reize schon unschmackhaft und gleichgültig; und doch versichert man uns von diesem Mann, er sey zugleich Astronom, Botanist, Zoolog, Mineraloge, Chymist und Philosoph gewesen!

Wir unsrer Seits waren, bey der Abreise von Neu-Seeland, von der erhabnen Philosophie des französischen Abts sehr weit entfernt. Wenn noch je etwas die traurige Aussicht der Zukunft in unsern Augen mildern konnte, so wars die Hoffnung, daß die Reise um den Südpol in irgend einer hohen noch unbefahrnen Breite, wenigstens nicht länger als den bevorstehenden Sommer über dauern, und daß wir innerhalb acht Monathen wieder nach England zurückkommen würden. Diese Hoffnung erhielt das Volk, während des größten Theils der Reise und des bösen Wetters, bey gutem Muth. Am Ende zeigte sich freylich, daß dieser Gedanke nichts mehr als ein süßer Traum gewesen war; allein dann trösteten wir uns schon wieder mit der gewissen Aussicht, daß wir, statt dessen, auf den glücklichen Inseln des heißen Erdstrichs, abermals einige Monathe zubringen würden.

 

Zweyter Teil

Achtes Hauptstück.

Dritter und letzter Aufenthalt zu Königin-Charlotten's Sund in Neu-Seeland.

 

Bey unsrer Ankunft auf der Neu-Seeländischen Küste wurden wir von schweren Regengüssen und heftigen Windstößen empfangen, welches eben kein freundlicher Willkomm zu nennen war. Überhaupt hatte die Jahreszeit, unter dem hiesigen rauhen Himmelsstrich, jetzt noch wenig Anmuth. Die Bäume standen zum Theil noch im traurigen Gewand des abgewichnen Herbstes da, und kaum zeigte sich hin und wieder nur eine entfernte Spur des wiederkehrenden Frühlings! Nachmittags fuhren wir nach derjenigen Gegend des Ufers hin, wo schon an beyden vorigen mahlen die Zelte gestanden hatten. Unsre Hauptabsicht war, daß wir nachsehen wollten, ob die Flasche noch da sey, welche, mit einem Briefe an Capitain Fourneaux, unter einem Baume vergraben zurückgelassen worden war. Beym Aussteigen fanden wir ein Häufgen Seeraben, (Shags) die auf einem über dem Wasser hangenden Baume genistet hatten. Dies dünkte uns vorläufig kein gutes Merkmahl; wir schlossen nemlich daraus, daß die Bucht seit langer Zeit nicht von Menschen, wenigstens nicht von Europäern, müsse besucht worden seyn. In Absicht der Wilden war dies sehr wohl möglich; denn die halten sich, den Winter über, gemeiniglich an den innersten Ufern der Bayen auf, weil um diese Jahrszeit die Fische, als ihr vorzüglichstes Nahrungsmittel, sich eben dorthin zurück zu ziehn pflegen. Nachdem wir die Seeraben verscheucht und einige ihrer Jungen, die aus Dummheit nicht wegflogen, mit Händen gegriffen hatten, stiegen wir ans Land. Nun änderte sich unsre Vermuthung auf einmal; wir durften nicht zehn Schritt weit gehen, um überall deutlich wahrzunehmen, daß sich, seit unsrer Abreise im vorigen November, ein europäisches Schiff hier müsse aufgehalten haben. Eine Menge von Bäumen, die bey unsrer Abreise noch auf dem Stamme waren, fanden wir jetzt, theils mit Sägen, theils mit andern den Indianern unbekannten Werkzeugen, niedergefällt. Auch die Flasche war fort, und andre untrügliche Merkmahle mehr vorhanden, daß Europäer hier gewesen. Die Gärten, welche wir angelegt, waren fast gänzlich verwildert, die Gewächse theils ausgerottet, theils durch Unkraut erstickt, welches in dem lockern, fruchtbaren Boden unglaublich überhand genommen hatte. Unterdessen, daß wir nach diesen Gegenständen sahen, fischten die Matrosen mit dem großen Zugnetz, jedoch ohne Erfolg. Am Schiffe hingegen war man in dieser Absicht, mit der Angel, glücklicher gewesen und hatte, unter andern, einen schönen See-Brachsen[26] (Sparus Pagrus), gefangen, der eilf Pfund wog. Bey Sonnenuntergang ließ der Capitain eine Kanone abfeuren, um dadurch die Einwohner von unserer Ankunft zu benachrichtigen, falls sie nemlich nahe genug wären, den Schuß zu hören. Wir wußten schon aus Erfahrung, wie nöthig uns ihre Gegenwart sey, weil unsre Leute sich nicht halb so gut, als sie, auf den Fischfang verstanden, und, auch ohne diese Abhaltung, alle Hände voll am Schiff zu thun hatten.

Bey Tagesanbruch zogen wir das Schiff tiefer in die Bucht, und brachten es um neun Uhr in einer sehr bequemen Lage dicht ans Ufer. Da das Wetter heut etwas gelinder war, so giengen wir ans Land und schlugen die Gezelte, eben da wo sie ehemals gestanden, wiederum auf. Die jungen Vögel vom vorigen Jahr, die unsre betrüglichen Feuergewehre noch nicht kannten, ließen uns unbekümmert so nahe an sich kommen, daß auch der ungeübteste Schütze sie nicht leicht verfehlen konnte. Eine so bequeme Gelegenheit, beydes unsre zoologischen Sammlungen und unsre Küche zu versorgen, ließen wir natürlicherweise nicht ungenutzt. Baumkletten nebst andern kleinen Vögeln, konnten für eben so gute Leckerbissen gelten, als unsre Ortolane, und überhaupt würde fast ein jeder Neu-Seeländischer Landvogel, Habichte allein ausgenommen, der besten europäischen Tafel Ehre gemacht haben.

Nachmittags begleiteten wir Capitain Cook nach Cannibal-Cove, die nordwärts dicht an unsre Bucht (nemlich Schip-Cove) gränzte. Sellerie und Löffelkraut wuchsen dort häufig am Strande, und der Capitain hatte sichs zum unverbrüchlichen Gesetz gemacht, dergleichen heilsame Kräuter für sein Schiffsvolk einzusammlen, wo sie nur zu finden waren. Unterdeß daß die Matrosen sich mit dieser Arbeit beschäftigten, streiften wir im Walde umher, und fanden einen wahren Kohl-Palmbaum (areca oleracea) von derselben Art, die wir schon auf Norfolk-Eyland angetroffen hatten.

In diesem, verhältnißweise, kalten Lande war uns dies ein unerwarteter Fund und zugleich ein Beweiß, daß der Kohl-Palmbaum weit härtlicher als alle übrigen Palmenarten seyn müsse. Gegen Abend kehrten wir mit einer vollen Bootsladung antiscorbutischer Kräuter zurück, die uns allen sehr dienlich, denen aber, die vergiftet gewesen, besonders willkommen waren. Sie erwarteten nemlich, von dem Gebrauch eines solchen blutreinigenden Mittels, die sicherste Herstellung ihrer Gesundheit und ihrer Kräfte. Bey Sonnenuntergang ward abermals eine Kanone abgefeuert, weil sich noch immer keiner von den Einwohnern hatte sehen lassen.

Am folgenden Tage stürmte es gewaltig, und war um desto kälter, weil der Wind über die hohen, mit Schnee bedeckten, Alpen her kam. Gegen Abend fiel heftiger Regen ein, der abwechselnd, mit dickem Nebel begleitet, volle 24 Stunden anhielt. Nach Verlauf dieser Zeit stellte sich Nordwestwind ein, wodurch das Wetter bald wieder gänzlich heiter ward.

Am 22sten gieng die Sonne, am wolkenfreyen Himmel, in aller ihrer Pracht auf; das gefiederte Chor ließ sich, zum erstenmal nach unsrer Ankunft, auf allen Seiten hören, und verkündigte einen schönen Frühlingstag. Unsre Officiere eilten daher sämtlich auf die Jagd, wir aber giengen, mit Capitain Cook, in einem Boote längst der Küste gegen Point-Jackson, und stiegen in verschiedenen kleinen Buchten ans Land. Nachmittags machten wir eine Fahrt nach dem Hippah-Felsen und zündeten daselbst ein Feuer an, um, durch dieses Signal, die Einwohner herbey zu locken. Von dort aus besuchten wir auch unsern auf Motu-Aro ehemals angelegten Küchengarten, fanden aber die Pflanzen alle verblüht und die Saamen größtentheils von den Vögeln gefressen. Gegen Abend kamen die Offiziers, nach einer sehr ergiebigen Jagd, sämmtlich wieder an Bord; die Matrosen waren unterdeß auch nicht müßig gewesen, sondern brachten ansehnliche Vorräthe frischer Kräuter und eine ziemliche Parthey Fische mit sich. Ein so allgemein glücklicher Erfolg gab im ganzen Schiffe Anlaß zu einer Art von Feste, bey welchem der Leichtsinn des Seevolks auf einmal aller vorigen Trübsale vergaß.

Nachdem wir noch einen Tag länger, wiewohl vergebens, auf die Ankunft der Indianer gewartet hatten, nahmen wir uns vor, sie in den südwärts gelegenen Buchten selbst aufzusuchen. Unterdeß daß hiezu, am 24sten bald nach Tagesanbruch, Anstalt gemacht wurde, zeigten sich zwey seegelnde Canots im Eingang von Shag-cove. Wir vermutheten, daß sie unserntwegen kämen, allein, so bald sie das Schiff gewahr wurden, nahmen sie die Seegel ein, und ruderten in größter Eil davon. Diese Schüchternheit, die wir sonst gar nicht an ihnen gewohnt waren, machte uns natürlicherweise nur desto begieriger, sie zu sprechen, um die Ursach ihres Mistrauens zu ergründen. In dieser Absicht fuhr Capitain Cook mit uns in seinem Boot nach Shag-cove. Von Austernsammlern und See-Raben (Shags), die sich dort in großer Anzahl aufhalten, schossen wir nicht wenige; von den Indianern aber, die wir anzutreffen hoften, war nirgends eine Spur zu finden. Schon wollten wir wieder umkehren, als vom südlichen Ufer her eine Stimme erscholl, und, bey näherem Umsehen, etliche Leute oben auf den höhern Bergen zum Vorschein kamen. Auf einer kleinen waldigen Anhöhe standen noch drey oder vier andre; nicht weit davon lagen mehrere Hütten zwischen den Bäumen, und unterhalb waren die Canots auf den Strand gezogen. Bey diesen stiegen wir an Land. Die Indianer besannen sich eine Zeitlang, ob sie auf unser Winken herabkommen wollten oder nicht; endlich wagte es einer, und sobald er, nach hiesiger Landessitte, zum Friedenszeichen unsre Nasen mit der seinigen berührt hatte, folgten seine Cameraden, desgleichen die übrigen, welche bisher auf den höheren Bergen geblieben waren. Sie hatten sämtlich alte, abgetragene Stroh-Mäntel an, die Haare hiengen ihnen zottigt um den Kopf, und der Unreinlichkeit wegen konnte man sie schon von ferne wittern. Unter allen diesen Leuten waren uns höchstens drey oder viere bekannt; sobald sie sich aber nahmkundig machten, erinnerten wir uns andrer ehemaligen Bekannten und fragten nach ihrem Befinden. Die Antwort, welche darauf erfolgte, war indessen so verworren, daß wir sie nicht deutlich verstanden; nur so viel brachten wir heraus, daß sie von einer Schlacht sprachen und verschiedne von ihren Landsleuten angaben, die das Leben dabey eingebüßt hatten. Zu gleicher Zeit fragten sie einmal nach dem andern, ob wir ungehalten auf sie wären, und ob unsre Freundschafts-Bezeugungen auch wohl treuherzig gemeynt seyn möchten? Sowohl diese Reden, als ihre sichtbare Verlegenheit, ließen uns nicht ohne Ursach vermuthen, daß sie mit der Mannschaft irgend eines europäischen Schiffs unglücklicher Weise in Streit gerathen seyn müßten, und natürlicher Weise fiel uns dabey unsre ehemalige Begleiterin, die Adventure, ein. Doch, weit entfernt, ihnen vor der Hand etwas hievon merken zu lassen, suchten wir vielmehr ihr Zutrauen wieder zu gewinnen, und das gelang uns auch, indem wir die Unterredung auf einen andern Gegenstand lenkten, namentlich, Fische zu kaufen begehrten. Der Gedanke, etwas zu erwerben, machte sie auf einmal guten Muths; sie liefen zu ihren Canots, räumten die darüber gedeckten Matten weg, und brachten eine Menge Fische zum Vorschein, die vermuthlich diesen Morgen erst gefangen waren. Für etwas tahitisches Zeug, einige Nägel, Medaillen und Stückchen rothen Tuchs, überließen sie uns so viel, als unsre ganze Mannschaft zu einer Mahlzeit brauchte. Ein Mann von mittlerm Alter, dem Schein nach der Vornehmste unter den Anwesenden, sagte uns nunmehro, er heiße Piterré, und bezeigte sich besonders freundschaftlich. Seine Cameraden thaten es ihm darinn bald nach, und wurden endlich so zutraulich, daß sie versprachen, morgen früh allerseits an Bord zu kommen. Mit dieser Versicherung schieden wir aus einander, nicht ohne den eigenthümlichen Character ihres Muths zu bewundern, der den Gedanken: „sich vor einem Feinde verbergen“ für ganz unzuläßig hält, und sie auch jetzt, so wie ehemals in Dusky-bay, bewogen hatte, ihrer Besorgniß und unsrer Überlegenheit ohnerachtet, von freyen Stücken hervor zu kommen! Gleichwohl hatten sie, wie aus der Folge dieser Erzählung erhellen wird, nur allzugiltige Ursach unsre Rache zu fürchten.

Piterré und seine Gefährten hielten Wort; sie kamen des andern Morgens, bey Sonnen-Aufgang, in fünf Canots angezogen und verkauften uns eine große Menge schmackhafter Fische, wodurch der Überfluß an unsern Tafeln auf einmal wieder hergestellt ward. Als der Handel mit Fischen geschlossen war, brachten sie allerhand Stücke grünen nephritischen Steins, die theils zu Meißeln, theils zu Zierrathen verarbeitet waren, hervor, um solche gegen tahitisches Zeug, englisch Tuch oder Eisenwerk, zu vertauschen, und als auch von diesen Artikeln niemand mehr etwas begehrte, kehrten sie nach dem Ufer zurück. Ein Theil unsrer Mannschaft war daselbst mit Wasserfüllen, Holzhauen, u. d. g. Arbeiten beschäftigt; auch hatte Herr Wales seine Sternwarte dort aufgerichtet; hier boten sie ihre Kostbarkeiten von neuem aus und nahmen, nach einem so wohl angewandten Tage, das Nachtquartier auf dem nächsten Strande. Am folgenden Morgen giengen sie unserntwegen wieder auf den Fischfang und versorgten uns, Tag für Tag, so reichlich, daß wir stets so frischen Vorrath hatten. Die mehreste Zeit über und am liebsten hielten sie sich bey den Arbeitern am Strande auf, weil verschiedene von selbigen, vornemlich ein paar See-Soldaten, Vergnügen daran fanden, Stunden lang mit ihnen zu sprechen, so gut es ihre Kenntniß der hiesigen Sprache erlaubte. Dieser vertraute Umgang machte die Indianer in kurzem so offenherzig, daß sie ihren neuen europäischen Freunden eine Geschichte erzählten, die uns allen sehr auffallend vorkam. Es habe nemlich, sagten sie, vor einiger Zeit ein fremdes Schiff allhier vor Anker gelegen, dessen ganze Mannschaft, in einem Treffen mit den Einwohnern, erschlagen und gefressen worden wäre! Diese Nachricht klang fürchterlich genug, um uns zu erschrecken zumahl da wir befürchten mußten, daß die Adventure damit gemeynt sey. Um mehr Licht davon zu bekommen, fragten wir die Wilden nach verschiedenen einzelnen Umständen und entdeckten bald dies, bald jenes, wodurch unsre Vermuthung immer mehr ausser Zweifel gesetzt ward. Endlich merkten sie, daß dieser Gegenstand uns ganz besonders am Herzen liegen müsse, weil wir gar nicht aufhörten, sie darüber auszufragen; sie weigerten sich also auf einmal, ein mehreres davon zu sagen, und stopften sogar einem ihrer Landsleute, durch Drohungen, den Mund, da er eben im Begriff war, uns den ganzen Verlauf nochmals im Zusammenhange zu erzählen. Dies machte Capitain Cook immer begieriger, etwas zuverläßiges vom Schicksal der Adventure zu wissen; er rief deshalb den Piterré, nebst noch einem andern Wilden, in die Kajüte, und versuchte, sich so deutlich, als möglich, gegen sie zu erklären. Allein, beyde läugneten, daß den Europäern das geringste zu Leide geschehen sey. Indessen war noch die Frage, ob sie auch recht verstanden, was wir eigentlich von ihnen zu wissen verlangten, und ob wir ihnen den Innhalt unsrer Frage nicht deutlicher und anschaulicher machen müßten? Diesen Endzweck zu erreichen schnitten wir zwey Stückchen Papier in Gestalt zweyer Schiffe aus, davon das eine die Resolution, das andre die Adventure vorstellen sollte. Alsdenn zeichneten wir den Plan des Havens auf einem größeren Papier, zogen hierauf die Schiffe so vielmal in- und aus dem Haven, als wir wirklich darinn geankert hatten, und wieder abgesegelt waren, bis zu unsrer letzten Abreise im November. Nun hielten wir eine Zeitlang ein; und fiengen sodann an, unser Schiff nochmals hereinzuziehn; hier unterbrachen uns aber die Wilden, schoben unser Schiff zurück und zogen das Papier, welches die Adventure vorstellte, in den Haven und wiederum heraus, wobey sie zugleich an den Fingern zählten, seit wie viel Monden dieses Schiff abgesegelt sey. Auf solche Art erfuhren wir, mit zwiefachem Vergnügen, nicht nur, daß unsre ehemalige Reisegefährten gewiß von hier abgesegelt wären, sondern auch, daß die Einwohner mit einem Grad von Scharfsinn begabt sind, der bey weiterer Ausbildung alles mögliche erwarten läßt. In Absicht der Geschichte blieb uns nur allein das noch räthselhaft, wie sich ihre erste Aussage, von einem Treffen zwischen den Indianern und Europäern, mit der letzten Versicherung reime, daß unsern Landsleuten kein Leid wiederfahren, und die Adventure wiederum von hier abgegangen sey? Gleichwie man aber das, was man wünscht, auch zu hoffen pflegt; so suchten wir uns endlich damit zu beruhigen, daß bey dem ersten Theil der Erzählung, unserer Seits, ein Misverständniß obwalten müße. Und wirklich kamen wir über diesen Punkt nicht ehe als bey der Rückkunft nach dem Cap ausser Zweifel; dort erzählte man uns, daß die Adventure, bey ihrer letzten Anwesenheit in Neu-Seeland, ein Boot mit zehen Mann eingebüßt habe. Hoffentlich wird es meinen Lesern nicht zuwider seyn, von diesem traurigen Vorfall etwas bestimmteres zu vernehmen; ich will also das, was ich, bey meiner Rückkunft nach England, von den Leuten der Adventure in Erfahrung gebracht, mit demjenigen, was die Neu-Seeländer davon erzählt haben, verbinden. Nachdem Capitain Fourneaux durch Sturm und Nebel von uns getrennt worden, sahe er sich genöthigt am 9ten November 1773, auf der nördlichen Insel von Neu-Seeland, namentlich in der Bay Tolaga, vor Anker zu gehen. Von hier segelte er am l6ten wiederum ab, und langte am 30sten, einige wenige Tage nach unsrer Abreise, in Königin-Charlotten-Sund, an. O Maï, (der Indianer aus der Insel Raietea, der sich am Bord der Adventure befand), erzählte mir in England, er sey der erste gewesen, der die Innschrift am Baume entdeckt hätte, an dessen Fuß die Flasche mit der Nachricht von unsrer Abreise verscharrt worden war. Er zeigte die Innschrift dem Capitain, der gleich nachgraben ließ, und die Flasche nebst dem darin verschlossenen Briefe fand. Selbigem zufolge machte dieser auch unverzüglich Anstalt die Reise fortzusetzen. Schon war sein Schiff seegelfertig, als er noch ein Boot nach Gras-Cove abschickte, um eine Ladung Löffelkraut und Sellerie von dort herzuholen. Das Commando dieses kleinen Detaschements ward einem gewissen Herrn Rowe anvertraut. Dieser unglückliche junge Mann hatte, bey einer sonst guten Denkungsart, die Vorurtheile der seemännischen Erziehung noch nicht völlig abgelegt. Er sahe z. E. alle Einwohner der Südsee mit einer Art von Verachtung an, und glaubte eben dasselbe Recht über sie zu haben, welches sich, in barbarischen Jahrhunderten, die Spanier über das Leben der amerikanischen Wilden anmaaßten. Seine Leute landeten in Gras-Cove, und fingen an Kräuter abzuschneiden. Vermuthlich hatten sie, um mehrerer Bequemlichkeit willen, bey dieser Arbeit ihre Röcke ausgezogen; wenigstens erzählten uns die Indianer in Königin Charlotten-Sund, der Streit sey daher entstanden, daß einer von ihren Landsleuten den unsrigen eine Jacke gestohlen hätte. Dieses Diebstahls wegen habe man sogleich Feuer auf sie gegeben, und so lange damit fortgefahren, bis die Matrosen kein Pulver mehr gehabt: Als die Eingebohrnen dies inne geworden, wären sie auf die Europäer zugerannt, und hätten selbige bis auf den letzten Mann erschlagen. Da mir selbst erinnerlich ist, daß Herr Rowe immer zu behaupten pflegte, die Neu-Seeländer würden das Feuer unserer Musketerie nicht aushalten, wenn es einmal zum Schlagen käme; so kann es ganz wohl seyn, daß er bey dieser Gelegenheit einen Versuch dieser Art habe anstellen wollen. Schon in Tolaga-Bay hatte er große Lust bezeugt, auf die Einwohner zu feuern, weil sie ein klein Brandtewein-Fäßgen entwendet; auf das gutherzige und weisere Zurathen des Lieutenant Burney, ließ er sich jedoch damals eines bessern bereden. Als Capitain Fourneaux sahe, daß das abgefertigte Boot zween volle Tage ausblieb, schickte er vorgedachten Lieutenant Burney in einem andern wohl bemannten und stark bewafneten Boote ab, um jenes aufzusuchen. Dieser erblickte am Eingang von East-Bay ein großes Canot voll Indianer, die aus allen Kräften fort ruderten, so bald sie das Boot der Adventure gewahr wurden. Die Unsrigen ruderten tapfer hinterdrein; allein, aus Besorgniß eingehohlt zu werden, sprangen die Neu-Seeländer sämtlich ins Wasser, und schwammen nach dem Ufer zu. Herrn Burney kam diese ungewöhnliche Furcht der Wilden sehr befremdend vor; doch, als er das ledige Canot erreicht hatte, sahe er leider nur zu deutlich, was vorgefallen war. Er fand nämlich in diesem Fahrzeuge verschiedene zerfezte Gliedmaaßen seiner Schifs-Cameraden, und einige ihrer Kleidungs-Stücke. Nach dieser traurigen Entdeckung ruderten sie noch eine Zeitlang umher, ohne von den Indianern etwas ansichtig zu werden, bis sie um ein Uhr in Gras-Cove, als dem eigentlichen Landungsort der verunglückten Mannschaft, ankamen. Hier war eine große Anzahl von Indianern versammlet, die sich, wider ihre Gewohnheit, beym Anblick der Europäer sogleich in wehrhafte Verfaßung setzten. Der seitwärts gelegene Berg wimmelte von Menschen, und an vielen Orten stieg ein Rauch auf, der vermuthen ließ, daß das Fleisch der erschlagnen Europäer schon zu einer festlichen Mahlzeit zubereitet werde! Dieser Gedanke erfüllte selbst die hartherzigsten Matrosen mit Grausen, und machte ihnen das Blut in allen Adern starren; doch, im nächsten Augenblick entbrannte ihre Rachgier, und die Vernunft mußte unter diesem mächtigen Instinct erliegen. Sie feuerten und tödteten viele von den Wilden, trieben sie auch zuletzt, wiewohl nicht ohne Mühe, vom Strande, und schlugen ihre Canots in Trümmern. Nunmehro, da sie sich sicher dünkten, stiegen sie ans Land, und durchsuchten die Hütten. Sie fanden mehrere Bündel Löffelkraut, welche ihre unglücklichen Cameraden schon zusammengebunden haben mußten, und sahen viele Körbe voll zerstückter und zerstümmelter Glieder, unter welchen sie die Hand des armen Rowe deutlich erkannten. Die Hunde der Neu-Seeländer fraßen indeß am Strande von den herumliegenden Eingeweiden! Von dem Schifs-Boote waren nur wenige einzelne Stücke zu sehen; Herr Burney vermuthete daher, daß die Wilden es zerschlagen haben möchten, um die Nägel herauszuziehn, auch ists nicht unwahrscheinlich, daß die Unglücklichen, die hier ums Leben gekommen, ihr Boot bey ablaufender Ebbe auf dem trocknen Boden sitzen lassen, und folglich sich selbst das letzte Mittel benommen hatten, ihrem traurigen Schicksal durch die Flucht zu entrinnen[27]. Nach einem solchen Verlust, den Capitain Fourneaux um desto empfindlicher fühlte, weil Herr Rowe sein Anverwandter war, seegelte er am 22sten December aus Königin-Charlotten-Sund ab, und paßirte das Cap Horn, ohne irgendwo Land zu sehen oder vor Anker zu gehen, bis am 19ten März 1774, da er das Cap der guten Hofnung erreichte. Vom Cap kehrte er nach England zurück, und langte am 15ten Julius, mithin um eben die Zeit, zu Spithead an, da wir, auf der andern Hemisphäre, mit Entdeckung der Neuen Hebridischen Inseln beschäftigt waren.

Die Neu-Seeländer sind von jeher allen Nationen, welche zu ihnen gekommen, gefährliche Feinde gewesen. Der erste Entdecker dieses Landes, Abel Janssen Tasmann, ein Holländer, verlor vier von seinen Matrosen an einem Ankerplatze, den er, dieses Vorfalls wegen, die Mörder-Bay nannte, und der vermuthlich mit der vom Capitain Cook sogenannten blinden Bay einerley ist. Die Einwohner nahmen einen der erschlagnen Matrosen mit sich, und wissen also, ohnstreitig schon seit 1642, wie das Fleisch eines Europäers schmeckt. Den Engländern haben sie durch die so eben erzählte Geschichte noch weit ärger, den Franzosen aber schlimmer als allen übrigen mitgespielt, indem sie Herrn Dufresne Marion mit acht und zwanzig Mann erschlagen und gefressen haben! Mr. Crozet, Capitaine de brûlot in französischen Diensten, der, auf einer Reise nach Ost-Indien, gerade zu der Zeit am Cap der guten Hoffnung vor Anker lag, als wir, von unserm Kreislauf, eben daselbst anlangten, erzählte mir das traurige Schicksal, welches Mr. Dufresne Marion betroffen hatte. Herr Crozet commandirte nemlich das Königliche Schiff, den Mascarin, als zweyter Officier, unter besagtem Herrn von Marion, und gieng, nebst noch einem Schiffe, welches ihn begleitete, auf dem nördlichen Theil von Neu-Seeland in der Bay der Eylande vor Anker[28]. Der Verlust, den er durch Sturm an seinen Masten erlitten hatte, nöthigte ihn, hier in den Wäldern neue zu suchen. Er fand auch wirklich einige Bäume, die dazu taugten, nur schien es fast unmöglich, sie von den Bergen nach dem Wasser herab zu schaffen. Doch Noth kennt kein Gesetz; diesem Grundsatz gemäß mußte auch Herr Crozet sich zu der mühsamen Arbeit bequemen, durch die dicksten Wälder, einen drey Meilen langen Weg bis nach dem Ort hin aushauen zu lassen, wo die zu Masten brauchbaren Stämme vorhanden waren. Indeß daß diese langweilige Unternehmung zu Stande kam, schlug ein Theil seiner Leute, auf einem Eyland, einige Zelte auf, um mit mehrerer Bequemlichkeit Trinkwasser zu füllen, und einzelne Partheyen nach Brennholz auszuschicken. Bey so bewandten Umständen hatten sie hier schon 39 Tage zugebracht, und sich das Zutrauen der Einwohner dergestalt erworben, daß ihnen diese, mit der größten Zudringlichkeit, ihre Mädchen anboten. Eines Tages gieng Herr Marion, in Begleitung etlicher anderer Personen, ans Land, um nach den verschiedentlich angestellten Arbeitern zu sehen. Die Leute, die mit dem Anfüllen der Wasserfässer zu thun hatten, besuchte er zuerst; von da wollte er zu den Zimmerleuten gehen, die unter Herrn Crozets Aufsicht im Walde arbeiteten, vorher aber, wie er gemeiniglich zu thun pflegte, in dem Hippah oder Vestung der Indianer, wo ihn der Weg vorbey führte, einsprechen. Hier muß er mit seiner ganzen Begleitung umgekommen seyn, denn man hat nachher nichts weiter von ihm vernommen. Der Lieutenant, auf den in Abwesenheit Herrn Marions das Commando des Schiffes gefallen war, wunderte sich zwar, daß jener am Abend nicht wieder an Bord kam, doch beruhigte er sich damit, daß die Umstände ihn genöthigt haben würden, die Nacht über am Lande zu bleiben, wozu auch, in den Zelten, alle Bequemlichkeit vorhanden war. In dieser Meynung schickte er am folgenden Morgen, ganz unbesorgt, eine Parthey Matrosen aufs Holzhauen, und diese giengen, jenseits der, in Capitain Cooks Charte angedeuteten Landzunge, ans Ufer[29]. Ein Trupp von Wilden, der, seit dem gestrigen Vorfall im Hippah, allhier im Hinterhalt liegen mochte, nahm den Augenblick wahr, da die Holzhauer sämmtlich an der Arbeit waren, überfiel selbige und ermordete sie alle, bis auf einen einzigen Matrosen, der queer über die Landzunge davon rannte, sich in die See stürzte, und, obgleich verschiedentlich von Wurfspießen verwundet, nach den Schiffen hinschwamm. Er war so glücklich, daß man ihn gewahr ward und an Bord half, wo seine Erzählung bald ein allgemeines Schrecken verbreitete. Herr Crozet befand sich unterdeß mit den Zimmerleuten noch immer im Walde, folglich in Gefahr von den Wilden abgeschnitten, und nicht besser, als seine unglücklichen Landsleute behandelt zu werden. Um ihn dafür zu warnen, ward unverzüglich ein Corporal mit vier Seesoldaten abgeschickt, und zugleich etliche Boote beordert, bei den Kranken-Zelten auf Herrn Crozet zu warten. Der Corporal kam glücklich zu Herrn Crozet hin, und dieser hatte es seinen guten Maaßregeln zu verdanken, daß auch er wohlbehalten an dem Ort anlangte, wo die Schiffsboote für ihn bereit lagen. Schon glaubte er, der Aufmerksamkeit der Wilden gänzlich entgangen zu seyn; hier aber, wo er sich einschiffen wollte, war eine große Menge derselben beysammen, die sich aufs beste geputzt[30] und verschiedene Führer an ihrer Spitze hatten. Nun kam alles auf Entschlossenheit an, und daran fehlte es, zum Glück, Herrn Crozet nicht. Er befahl denen vier Seesoldaten, beständig in Anschlag zu bleiben, und, auf das erste Zeichen, ihren Mann ja nicht zu verfehlen. Darauf ließ er die Kranken-Zelte abbrechen, und nebst dem Geräthe der Zimmerleute, in die Böte schaffen. Eben dahin mußten sodann auch die Arbeiter allgemach folgen, indeß er selbst mit seinen vier Scharfschützen, auf den vornehmsten Befehlshaber der Wilden zugieng. Dieser erzählte ihm sogleich, daß einer ihrer Anführer, den er nannte, Herrn Marion erschlagen habe. Statt aller Antwort ergriff Capitain Crozet einen Pfahl, stieß solchen mit Heftigkeit, dicht vor den Füßen des Wilden, in die Erde, und gebot ihm, nicht um ein Haar breit näher zu kommen. Die Kühnheit dieser Handlung setzte sowohl den Anführer, als seinen ganzen Trupp sichtbar in Erstaunen und Herr Crozet wußte ihre Bestürzung sehr gut zu nutzen, indem er verlangte, daß alle Anwesende sich niedersetzen sollten, welches auch ohne Widerrede geschah. Nun gieng er so lange vor den Neu-Seeländern auf und ab, bis alle seine Mannschaft eingeschift war; darauf mußten die Scharfschützen folgen, und Er stieg ganz zuletzt in's Boot. Kaum waren sie vom Lande abgefahren, als die Neu-Seeländer sämmtlich aufstanden, den Schlachtgesang anstimmten, und mit Steinen nach ihnen warfen; die Matrosen ruderten aber so schnell, daß sie bald ausser dem Wurf waren, und solchergestalt wohlbehalten ans Schiff zurück kamen. Seit diesem Vorfall machten die Neu-Seeländer immer mehrere Versuche, die Franzosen, wo möglich ganz und gar aufzureiben. So wagten sie z. E., mitten in der Nacht, einen Anfall gegen die auf der kleinen Insel campirenden Arbeiter, um die es auch gewiß würde geschehen gewesen seyn, wenn sie nicht so sehr auf ihrer Huth gewesen wären. Ein andermal führten sie, in mehr als hundert großen, stark bemannten Canots, einen förmlich combinirten Angriff auf die beyden Schiffe aus; dieser Versuch bekam ihnen aber sehr übel, denn sie wurden von der Artillerie häßlich empfangen und abgewiesen. So anhaltende Feindseligkeiten überzeugten Herrn Crozet endlich, daß er seine Schiffe unmöglich ehe mit Masten würde versorgen können, bis die Einwohner aus ihrem großen, wohlbefestigten Hippah vertrieben wären. Auf diese Expedition gieng er also eines Morgens mit einem starken Commando aus. Die Einwohner erwarteten ihn wohl vorbereitet; er fand sie in großer Anzahl hinter ihren Pallisaden auf den Streitgerüsten, die Capitain Cook in seiner ersten Reisegeschichte beschreibt[31]. Die Franzosen griffen die Besatzung durch ein beständig unterhaltenes Peloton-Feuer an, welches von so kräftiger Wirkung war, daß die Neu-Seeländer bald von ihren Streit-Bühnen herab sprangen und hinter den Pallisaden Schutz suchten. Um sie auch von da aus zu verjagen, mußten die Zimmerleute anrücken und eine Bresche in die Pallisaden machen. In die erste Öfnung, welche entstand, stellte sich sogleich ein Anführer der Indianer und suchte, mit seinem Spieß, den Zimmerleuten Einhalt zu thun. Herr Crozet hatte sich aber einige gute Schützen gewählt, durch welche er diesen wehrhaften Indianer augenblicklich niederschießen ließ. Alsbald rückte ein andrer in seine Stelle, trat auf den Leichnam seines Vorgängers und setzte sich zur Wehr. Auch dieser ward ein Opfer seines unerschrocknen Muths, und auf solche Art blieben, auf diesem gefährlichen Ehrenposten, acht Befehlshaber, einer nach dem andern. Da die Indianer ihre Anführer so schnell fallen sahen, ergriffen die übrigen die Flucht, verlohren aber durch das Nachsetzen der Sieger noch viel Leute. Herr Crozet both 50 Thaler für einen lebendigen Neu-Seeländer, es war aber den Franzosen nicht möglich, nur eines einzigen habhaft zu werden. Ein Soldat, der die Prämie gern verdienen wollte, bekam einen alten abgelebten Greis zu packen, und suchte ihn zum Capitain zu schleppen. Der Wilde aber, der keine andre Waffen hatte, biß dem Franzosen in die Faust, welches diesen dermaaßen schmerzte, daß er ihn im ersten Jähzorn mit dem Bayonet niederstieß. In dem eroberten Hippah fand sich eine große Menge Zeug, Waffen, Werkzeuge und roher Flachs, nebst einem ansehnlichen Vorrath von trocknen Fischen und Wurzeln, die vermuthlich für den bevorstehenden Winter daselbst aufbewahrt wurden. Diese blutige Unternehmung verbreitete ein solches Schrecken unter die Indianer, daß Herr Crozet seine Schiffe nun ungestört ausbessern, und, nach einem Aufenthalt von vier und sechszig Tagen, die Bay der Eilande verlassen konnte[32].

Bey dieser Streitigkeit mit den Franzosen würden die Neu-Seeländer in keinem vortheilhaften Lichte erscheinen, wenn wir nicht vermuthen könnten, daß vorher etwas vorgefallen seyn müste, wodurch sie sehr beleidigt und in Harnisch gebracht worden. Wenigstens siehet man aus ihrem übrigen Betragen gegen die Europäer, daß sie weder verrätherisch, noch menschenfeindlich sind. Warum sollten wir also nicht annehmen dürfen, daß die Franzosen, ohne es vielleicht selbst zu wissen oder gewahr zu werden, ihnen etwas in den Weg gelegt, wodurch jene sich für berechtigt gehalten haben, ihrer Rachsucht dermaaßen den Zügel schießen zu lassen, als dies von rohen Wilden nur immer erwartet werden kann? Wir hatten um desto mehr Ursach, der Erzählung der Einwohner von Königin-Charlotten-Sund Glauben beyzumessen, weil sie ihre eignen Landsleute, unverhohlen, eines Diebstahls beschuldigten. Allein sie gaben auch deutlich genug zu erkennen, daß die Übereilung der Unsrigen, diesen Diebstahl sogleich durch Musketenfeuer, und vielleicht ohne Unterschied an dem ganzen Haufen, zu ahnden, ihre Mitbrüder aufgebracht, und sie zur Rache angereizt habe. Wir werden geboren, unsre abgemeßne Zeit auf dem Erdboden zu durchleben; will jemand, vor dem Ablauf dieser Zeit, unserm irrdischen Daseyn ein Ziel setzen, so können wir es als ein Vergehen gegen die Gesetze des Schöpfers ansehen. Dieser verlieh uns die Leidenschaften gleichsam zur Schutzwehr und bestimmte den Trieb der Rache, vorzüglich, zu Abwendung aller gewaltsamen Unterdrückung. Der Wilde fühlt dieses und eignet sich selbst das Recht zu, Beleidigungen zu rächen, dahingegen in der bürgerlichen Gesellschaft gewissen einzelnen Personen, ausschliessenderweise, die Macht anvertraut, und zugleich die Pflicht auferlegt ist, alles Unrecht zu rügen. Indessen ist diese Art, das Recht zu handhaben, auch in den gesitteten Ländern Europens, nicht immer, und nicht auf alle Fälle hinreichend. Wenn z. B. dieser Gewährsmann der öffentlichen Ruhe, dieser allgemeine Rächer des Unrechts, seinen eignen Arm gegen die geheiligten Rechte des gemeinen Wesens aufhebt; müssen alsdenn nicht alle bürgerliche Verbindlichkeiten aufhören, muß nicht ein jeder seine eigenen natürlichen Rechte selbst verfechten, und den Leidenschaften, als den ursprünglich angebornen Mitteln zur Selbsterhaltung, wieder freyen Lauf gestatten? Eben so ereignen sich auch im Privatleben Fälle genug, wo das Gefühl der Rache einige Entschuldigung für sich zu haben scheint. Giebt es nicht eine Menge von Beeinträchtigungen und Beleidigungen oder Beschimpfungen, wogegen kein Gesetz schützt? Oder wie oft geschiehet es nicht, daß die Großen, Macht und Einfluß genug haben, die Gesetze zu verdrehen, und, zum Nachtheil des unglücklichen, freundlosen Armen, zu vereiteln? Dergleichen Fälle würden nun gewiß noch ungleich häufiger vorkommen und bald in den höchsten Grad der Gewaltthätigkeit übergehen, wenn die Furcht nicht wäre, daß der beleidigte Theil das Recht, sich und sein Eigenthum zu schützen, (welches er andern anvertraut hatte) endlich einmal in seine eigne Hände zurücknehmen möchte, sobald er nemlich sehen muß, daß diejenigen, die hierinn seine Stelle vertreten sollen, ihre Pflicht so schändlich unterlassen? Wenn ein Räuber sich an meinem Eigenthum vergreift, so darf ich nicht erst zum Richter laufen, sondern kann, in vielen Fällen, den Bösewicht gleich auf der Stelle dafür züchtigen; auf solche Art haben Stock und Degen manchen Schurken in Furcht und Schranken gehalten, der dem Gesetz Trotz bieten durfte.

Chi fa sua vendetta, oltra che offende

Chi l’offeso ha, da molti si difende.

ARIOST.

Ich lenke nunmehro in die Erzählung wieder ein. Die Aussage und die sehr begreiflichen Zeichen des Piteré hatten uns jetzt, über die glückliche Abreise der Adventure, völlig beruhigt. An einem schönen Tage, stellte der Capitain eine Fahrt ins Innerste von West-Bay an, um nachzusehen, ob einige Wahrscheinlichkeit vorhanden wäre, daß die Schweine und Hühner, welche wir im vorigen Jahr an diesem unbewohnten Orte zurück gelassen, sich erhalten, und so weit fortgepflanzt hätten, daß man dereinst zahlreiche Heerden davon erwarten dürfte. Wir landeten an der nehmlichen Stelle, wo wir sie ehemals ausgesetzt; allein, auf dem Strande war nicht nur keine Spur von ihnen zu finden, sondern es schien auch, die Zeit her, keine lebendige Seele in diese Gegend hingekommen zu seyn. Wir konnten also mit Grund annehmen, daß sich diese Thiere weit in den Wald hinein begeben haben müßten, und daß sie sich dort ungestört vermehren würden. Auf dem Rückwege trafen wir, am jenseitigen Ufer der Bay, etliche Familien von Indianern an, die uns eine Menge Fische überließen.

[1774. November.]

Nach dieser kleinen Ausfahrt blieb das Wetter immer so stürmisch und regnigt, daß wir nicht ehe, als am 2ten November wieder ans Land, und zwar nach Gras-Cove, giengen. Ohne das geringste von dem traurigen Vorfall zu wissen, davon diese Bucht der eigentliche Schauplatz gewesen, stiegen wir in allen benachbarten, kleinen Buchten aus, und liefen, einzeln und unbesorgt, weit im Lande umher. In dem Gehölz auf den Bergen durchkreuzten einander Fußsteige die Menge, von Einwohnern aber war nirgends eine Spur zu sehen. Wir schossen auf dieser Streiferey mehr als 30 Stück Vögel, darunter ein Dutzend wilde Tauben waren, die sich hier von den Blättern und Saamen eines schönen großen Baums (Sophora microphylla) nährten. Des Abends um acht Uhr gelangten wir wieder an Bord, wo unterdeß, aus einer andern Gegend der Bay, eine große Anzahl Wilde zum Besuch angekommen war. Statt der Fische, dergleichen die Parthey des Piteré uns zuzuführen pflegte, hatten diese hier nichts, denn Kleidungsstücke, Waffen und andre Merkwürdigkeiten zum Verkauf mitgebracht. Da aber diese Art des Handels, zum Nachtheil des nützlichern, bereits zu weit eingerissen war; so verbot der Capitain, daß ihnen von diesen Artikeln niemand etwas abnehmen sollte. Am folgenden Tage kamen sie wieder, um ihr Glück von neuem zu versuchen; allein, der Capitain blieb bey seinem vorigen Entschluß, und sie mußten unverrichteter Sache abziehn. Diese Beharrlichkeit war desto nöthiger und löblicher, da weder die gründlichsten Vorstellungen, noch das eigne Beyspiel des Capitains, die starrköpfigen Matrosen überzeugen konnte, daß der Einkauf solcher Spielwerke ihrer Gesundheit nachtheilig sey, insofern nemlich die Indianer augenblicklich aufhörten, Fische zu Markte zu bringen, sobald sie sahen, daß Steine, Waffen, Zierrathen, und dergleichen mehr, besser bezahlt wurden. Die Begier, womit unsre Mannschaft solche Artikel einhandelte, war auch in der That beynahe zu einem Grad von Raserey angewachsen, und sie scheuten sich nicht, dieselbe durch die niederträchtigsten Mittel zu befriedigen. Eine Parthey, die einsmals mit dem Bootsmann ausgeschickt ward, um Besen zu machen, trug kein Bedenken, einen armen Wilden in seiner Hütte zu berauben. Sie nahmen sein vorräthiges Werkzeug mit sich, und nöthigten ihn, etliche Nägel dafür anzunehmen, um der Gewaltthätigkeit wenigstens den Anstrich eines Tauschhandels zu geben. Zum Glück waren die Einheimischen dreist genug, diesen Vorfall dem Capitain zu klagen, der denn die Thäter nach Verdienst bestrafen ließ. So ists, mehr oder minder, auf allen dergleichen Reisen zugegangen, und namentlich hat es die Mannschaft der Endeavour[33] in diesem Stück nicht um ein Haar besser gemacht. Zu Otahiti bestahlen sie die Gemahlin des Tuborai Tamaïde, und auf Neu-Seeland behaupteten sie ganz öffentlich, daß alles Eigenthum der Wilden, von Gott und rechtswegen, ihnen zukomme[34]. Doch, wie sollte auch der Charakter des Matrosen sich andern können, da seine Lebensart unverändert Tag für Tag dieselbe ist? Die Seele wird bey ihm gleichsam in eben der Maaße, abgehärtet und unempfindlich, als der Körper, und ihre eignen Befehlshaber klagen durchgehends über den unmenschlichen Hang, den sie von je her haben blicken lassen, die friedfertigen Indianer, bey der geringsten Veranlaßung, umzubringen[35]. –

Da die Neu-Seeländer sahen, daß von allen ihren schönen Sachen nichts mehr anzubringen war, so verließen sie uns am vierten November durchgehends, bis auf eine einzige armselige Familie, die, seit den letzten beyden Tagen, des stürmischen Wetters halber, nicht einmal für sich, geschweige denn für uns, hatte Fische fangen können. Wir trafen sie heut, in der sogenannten indianischen Bucht, bey einer Mahlzeit unschmackhafter Farrenkrautwurzeln, womit sie, aus Mangel besserer Nahrung, ihren Hunger zu stillen suchten. In jeder Hütte war ein Feuer angezündet, welches, natürlicher Weise, die ganze Wohnung mit Rauch und Dampf anfüllte. Die Leute mochten die Unbehaglichkeit einer solchen Atmosphäre freylich nicht ganz empfinden, weil sie gemeiniglich platt auf der Erde lagen; mir aber kam der Aufenthalt in diesen Hütten ganz unerträglich vor, wenn gleich andere Europäer kein Bedenken trugen, um der Liebkosungen einiger scheuslichen Weibsbilder wegen, hinein zu gehen. Vielleicht wird man glauben, daß nur der rohe Matrose diesem thierischen Instinkt nicht habe wiederstehen können; allein, das tyrannische Element, worauf Officier und Matrose in gleichem Maaße herumgeschleudert werden, scheint in diesem Betracht auch allen Unterschied zwischen beyden aufzuheben, und wenn man es einmal so weit kommen läßt, daß jede aufsteigende, noch so wilde, Begierde freyen Lauf nehmen darf, so wird freylich am Ende ein Sinn auf Kosten aller übrigen befriedigt seyn wollen. Die Nationen, die wir unmittelbar zuvor auf den Neuen-Hebridischen Inseln und auf Neu-Caledonien besucht, hatten sich sehr klüglich für allen unanständigen Vertraulichkeiten gehütet; eben deshalb wandten sich die Herren nun mit desto größerer Zudringlichkeit an die ekelhaften Schönen in den unreinlichen, räuchrigen Hütten auf Neu-Seeland!

Am fünften erfolgte endlich wieder ein schöner Tag; der Capitain machte sich selbigen zu Nutze und fuhr mit uns nach dem Ende der Bucht hin, welches zum Besten der Schiffahrt aufgenommen werden sollte. Nachdem wir eine gute Strecke fortgerudert waren, erblickte man in der Ferne etliche Fischer-Canots, deren Mannschaft aber, sobald sie unsrer gewahr wurden, aufhörte zu fischen und eiligst wegruderte. Da wir von diesen Indianern zu vernehmen wünschten, ob es am südlichen Ende des Sundes eine Durchfahrt nach der offenen See hin gäbe? so musten unsre Matrosen ihre Kräfte anstrengen, sie einzuhohlen. Dies erfolgte auch bald. Wir fanden, daß die Indianer zum Theil, vor wenigen Tagen erst, bey uns an Bord gewesen waren; sie thaten daher ungemein freundlich, und überließen uns eine Menge von den Fischen, welche sie so eben gefangen hatten; wegen der Hauptsache aber, nemlich wegen der Durchfahrt, schienen sie uns nicht zu verstehen, also verließen wir sie bald wieder, um uns selbst darnach umzusehen; zur Linken kamen wir an einen Arm dieses großen Gewässers, zur Rechten aber an verschiedenen Bayen und Buchten vorüber. Endlich begegnete uns ein anderes Canot, welches ebenfalls herangerufen, und wegen der Durchfahrt befragt ward. Die Indianer zeigten auf den Arm, den wir eben vorbey gefahren, und gaben zu verstehen, daß der äußerste südliche Theil desselben sich zuletzt in eine an allen Seiten mit Bergen umgebene Bay endige. Dieser Nachricht zufolge steuerten wir darnach hin, und gelangten wirklich an eine sehr große Bay, deren Ufer, rechter Hand, von Menschen wimmelte. Wir landeten, gerade da, wo sie am zahlreichsten standen, und begrüßten, durch gegenseitige Berührung der Nasen, ihre Anführer, nebst einigen andern Leuten, die gleich aus dem Haufen hervortraten, und sich dadurch als Vornehmere, oder Standespersonen, auszeichneten. Der Chef oder Befehlshaber sagte uns, daß er Tringho-Buhi[36] heiße. Er war ein kleiner Mann, schon bey Jahren, aber noch sehr munter, und that gegen uns besonders freundlich. Sein Gesicht war durchgehends in Schneckenlinien punctirt, und in diesem Stück von allen übrigen hier versammleten Indianern ausgezeichnet, als welche von solchen Zierrathen viel weniger aufzuzeigen hatten. Die Weiber und Mädchen saßen vor ihren Hütten, in Reihen, und wir erinnerten uns, einige derselben an Bord gesehen zu haben. Sie schienen weit besser mit allen Nothwendigkeiten versorgt zu seyn, als die wenigen einzelnen Familien, die sich in der Nachbarschaft unsers Schiffs aufhielten; wenigstens waren ihre Kleider neu und rein, und manche dünkten uns so gar von angenehmem Gesichtszügen, als wir sonst bey dieser Nation wahrgenommen hatten. Vielleicht rührte aber dieser Unterschied größtentheils daher, daß sie jetzt von Schminke, Ruß oder anderer Schmiererey, ziemlich rein waren. Die Leute merkten bald, daß es uns sehr um Fische zu thun seyn müsse; da ihnen nun nicht weniger daran gelegen seyn mochte, sie los zu werden, so wuchs die Zahl der Verkäufer mit jedem Augenblick. Tringho-Buhi allein schien mit dem Zulauf von Menschen nicht zufrieden zu seyn, weil der Preis der Fische, die Er zu verkaufen hatte, in demselben Maaße fiel, in welchem die Menge dieser Waare zunahm. Manche verkauften uns auch ihre Waffen und Kleider, die mehresten aber waren nackt, und hatten nur ein kleines Stück geflochtener Matte um die Lenden gegürtet. Eine leichte Bekleidung konnte heut wohl hinreichend seyn, weil das Wetter sehr milde, auch die Bay gegen alle Winde vollkommen geschützt war. Nachdem wir ohngefähr eine Viertelstunde mochten zugebracht haben, die Zahl der Wilden aber immer mehr anwuchs, die zuletzt ankommenden auch sämmtlich ihre Waffen mitbrachten; so hielten wir es der Klugheit für gemäß, uns wieder einzuschiffen. Und das war in der That um desto rathsamer, weil der ganze Trupp jetzt über 200 Personen stark, mithin weit beträchtlicher zu seyn schien, als die Zahl sämmtlicher Einwohner in allen Buchten von Königin-Charlottens-Sund zusammen genommen. Schon hatten wir das Boot vom Ufer abgestoßen, als ein Matrose dem Capitain sagte, er habe eine Parthey Fische von einem Wilden bekommen, dafür diesem noch nichts bezahlt worden. Der Capitain rief also den Neu-Seeländer, und warf ihm den einzigen Nagel, den er noch bey sich hatte, zu, so, daß er ihm dicht vor die Füße fiel. Der Wilde, der sich dadurch für beschimpft, oder vielleicht gar für angegriffen hielt, nahm einen Stein auf, und schmieß ihn mit aller Gewalt ins Boot, doch, glücklicherweise ohne jemand zu beschädigen. Wir riefen ihm noch einmal, und zeigten auf den Nagel, der für ihn bestimmt war. Nun sah er erst, wovon die Rede war, hob ihn auf, und lachte über seine hitzige Aufführung, indem er zugleich große Zufriedenheit über unser Betragen äußerte. Ein wenig mehr Übereilung von Seiten der Matrosen, könnte, bey diesem Vorfall, leicht einen Streit mit den Eingebornen, und dieser, sehr gefährliche Folgen veranlaßt haben. So sehr wir uns auch hätten für berechtigt halten mögen, es übel zu nehmen, daß der Kerl uns einen Stein nachwarf, so würden doch alle Neu-Seeländer ihrem Landsmanne beygetreten seyn, und uns am Ende überwältigt haben, zumal da das Schiff fünf oder sechs Seemeilen (leagues) entfernt, folglich keine Hoffnung zur Hilfe vorhanden war. Zum Glück wußten wir damals noch nichts von dem Schicksal des Herrn Rowe und seiner Gefährten; sonst würde uns die unerwartete Erscheinung so vieler Einwohner desto mehr erschreckt haben, je wahrscheinlicher es, der Gegend nach, ist, daß sie an jenem grausamen Blutbade persönlich Theil genommen haben. Wenn ich bedenke, wie oft es den Neu-Seeländern ein leichtes gewesen wäre, uns umzubringen, z. E. wenn wir uns von den Booten entfernten, einzeln auf den Bergen herum kletterten, in den Wäldern herum streiften, in den volkreichsten Gegenden landeten, und uns unbewaffnet mitten unter sie mischten: so werde ich immer mehr überzeugt, daß man nicht das mindeste von ihnen zu besorgen hat, wenn man nur seiner Seits sie in Ruhe läßt, und sie nicht vorsetzlich bös macht. Eben daher dünkt es mir auch mehr als wahrscheinlich, daß die Matrosen der Adventure nicht würden erschlagen worden seyn, wenn sie sich nicht zuerst, und zwar gröblich, an den Neu-Seeländern vergangen hätten. Dem sey indessen wie ihm wolle, so können wir uns immer für glücklich schätzen, bey allen unsern kleinen Fahrten oder Gängen, nie eine Familie, ja nicht einmal einen einzelnen Indianer angetroffen zu haben, der nicht geneigt gewesen wäre, ein Friedens- und Freundschaftsbündniß mit uns einzugehen, welches wir auch nie versäumten, ihnen anzutragen. Die Einwohner dieser Bay versicherten uns, gleich jenen, mit welchen wir im Canot gesprochen hatten, daß der Seearm, worauf wir uns jetzt befanden, am Ende ins Meer gienge. Wir setzten also unsere Fahrt weiter fort, und sahen nach einigen Wendungen, daß das Gewässer nordwärts hinter Gras-Cove und Ost-Bay weg lief. Es gab überall Buchten, von verschiedener Größe, und an den Ufern der selben antiscorbutische Kräuter, frische Wasserquellen, und wildes Geflügel die Menge. Das Wasser war vollkommen ruhig und still, und die Berge mit stattlicher Waldung versehen, so daß es dieser Gegend auch an schönen Aussichten nicht fehlte. Ohngefähr drey See-Meilen (leagues) weit von Tringho-Buhi's Wohnplatz[37], bekamen wir einige Seeraben, mit doppelten Federbüschen auf dem Kopf, zu Gesicht. Diese Gattung kann überall für ein Merkmahl von der Nachbarschaft der ofnen See gelten, denn sie nistet niemals weit von selbiger, und so war es auch hier. Wir sahen nemlich, unmittelbar nachher, hohe Wellen in der Ferne, die nicht anders, als vom Meere herkommen konnten. Zur Linken, oder hinter Gras-Cove, entdeckten wir ein Hippah auf einem hohen Felsen, der aus einem schönen ebenen Grunde, wie eine Insel aus dem Meere, hervorragte. Das ganze Festungswerk war mit hohen Pfälen umgeben, und schien in gutem Stande zu seyn; weil aber das Ufer eine Art von Vertiefung machte, so kamen wir nicht nahe genug heran, um es in genaueren Augenschein zu nehmen. Überdem lag uns der Endzweck unserer Fahrt mehr, denn alles andre, am Herzen, und wir sahen nunmehro schon, auf welche Art dieser Seearm mit dem Meere zusammen hieng. Er ergoß sich nemlich in Cooks Meerenge. Der Ausfluß desselben ist ziemlich seicht, nicht über 14 Faden tief, auch nur schmal, und ausserhalb vor selbigem, liegen viele hohe und gefährliche Klippen, auf denen sich die Wellen mit großer Heftigkeit zerschlugen, so daß innerhalb eine starke Strömung entstand. Man konnte von hier aus die nördliche Insel von Neu-Seeland, als das jenseitige Ufer von Cook's Meerenge, sehr deutlich erkennen. Es mochte ohngefähr vier Uhr seyn, als wir mit dieser Entdeckung zu Stande kamen. Hätten wir jetzt um das Gap Koamaru herumsegeln können; so würden wir, in kurzer Zeit und mit geringer Mühe, den Ankerplatz des Schiffes wiederum erreicht haben: allein das gieng, des widrigen Windes halber, nicht an. Eben so wenig durften wir es wagen, die Nacht am Lande zuzubringen, weil die Gegend so volkreich, und die Bewohner derselben uns noch nicht genugsam bekannt waren. Folglich blieb kein ander Mittel übrig, als, auf dieselbe Art, wie wir hergekommen, wieder zurück zu rudern, so lang und beschwerlich dieser Weg auch seyn mochte. Nachdem wir bey dem Hippah und bey dem Dorfe Ko-Häghi-nui vorübergefahren, langten wir gegen zehn Uhr Abends, glücklich, aber ganz ermüdet und entkräftet, am Schiffe an. Da keiner von uns sich vorgestellet, daß die Fahrt so lange dauren würde, so hatte auch niemand mehr, als etwas Wein oder Brandtwein, mitgenommen, und folglich war das späte Abendbrod heut unsre erste und einzige Mahlzeit. In der Charte von der Meerenge, welche Capitain Cook bey der vorigen Reise gezeichnet hat, ist dieser neue Seearm als eine Bay angedeutet; denn damals wußte man noch nicht, daß er mit besagter Strasse, oder Meerenge, Gemeinschaft habe.

Den folgenden Tag fiel neblichtes schlechtes Wetter ein; der ehrliche Piteré ließ sich aber dadurch nicht abhalten, mit seinen Gefährten zu uns zu kommen. Capitain Cook glaubte ihm, für die wesentlichen Dienste, welche er uns bisher geleistet hatte, eine öffentliche Erkenntlichkeit schuldig zu seyn. Zu dem Ende rufte er ihn heut in die Cajütte, und kleidete ihn, vom Kopf bis auf die Füße, nach europäischer Weise. Piteré schien über seinen neuen Anzug hocherfreut, und ließ sich deutlich merken, daß er stolz darauf sey, bey uns in Gunst zu stehen. Er hielt sich aber auch durch dies Geschenk für so vollkommen belohnt, daß er es nicht wagte, noch um irgend etwas zu bitten, welches, hier zu Lande, für einen seltnen Grad von Mäßigung gelten konnte. Wir nahmen ihn, in seinem ungewohnten Staat, mit nach Long-Island auf die Jagd, und von da wieder an Bord zum Mittagsessen. Für einen rohen Wilden betrug er sich bey Tische ungemein sittsam und manierlich. Ich glaube auch, daß er die Überlegenheit unserer Kenntnisse, Künste, Manufacturen und Lebensart zum Theil wirklich fühlen mochte; denn er war in unserer Gesellschaft sehr gern, und immer sehr vergnügt. Dem ohnerachtet lies er sich nicht ein einziges mal merken, daß er mit uns ziehen wolle, sondern lehnte es vielmehr ab, wenn wir's ihm antrugen. Freylich kann es seltsam scheinen, daß ihm, auch bey der vollkommensten Vorstellung von unsern Vorzügen, die elende unstäte Lebensart seiner Landsleute  habe lieber seyn können, als alle die Vortheile, welche er bey uns, theils wirklich schon genoß, theils in der Folge noch zu gewarten hatte. Ich habe aber schon an einem andern Orte bemerkt, daß die Wilden durchgehends so zu urtheilen pflegen; und ich will jetzt nur noch hinzufügen, daß selbst civilisirte Völker nicht anders denken. Die Macht der Gewohnheit zeigt sich nirgends deutlicher, als in denen Fällen, wo sie allein den Bequemlichkeiten des gesitteten Lebens die Waage hält.

Gegen Abend kehrte Piteré mit seinen Gefährten ans Land zurück; sein vermeintes Glück hatte ihn aber nicht stoltz gemacht, denn er kam am andern Morgen, nach wie vor, mit frischen Fischen zu uns. Wir hörten ihn und seine Gesellschafter oftmals am Lande singen, und zuweilen pflegten sie uns auch wohl am Bord ein Liedchen zum Besten zu geben. In Neu-Seeland ist man in der Musik ungleich weiter gekommen, als auf den Societäts- und freundschaftlichen Inseln, und nächst den Neu-Seeländern haben, unter allen Nationen der Südsee, meines Erachtens die Tanneser die mehreste Anlage zur Tonkunst. Eben derselbe gütige und einsichtsvolle Freund, der mir eine Probe von der Musik in Tonga-Tabbu, mittheilte, (1. T. S. 343), hat mir auch von den Gesängen der Neu-Seeländer etwas zukommen lassen, woraus man den Geschmak dieses Volks einigermaaßen wird beurtheilen können[38]. In Tanna ist er nicht gewesen (denn er befand sich auf des Capitain Fourneaux Schiffe, Adventure), ich weiß also nicht, in wie fern sein Urtheil von den dortigen Gesängen mit dem meinigen würde übereingestimmt haben. Von den Neu-Seeländischen Melodien versicherte er aber, daß sie einiges Genie verriethen, und sich von dem elenden Gesumme der Tahitier, so wie von dem auf vier Noten eingeschränkten Gesang in den freundschaftlichen Eylanden, merklich auszeichneten.

 

Von dieser Melodie sangen sie die beyden ersten Takte, bis die Worte des Liedes zu Ende waren, und dann folgte das letzte hinter drein. Zuweilen nahmen sie es auch doppelstimmig, mit Terzengesängen, bis auf die zwo letzten Noten, welche im Unisono blieben:

 

Derselbe Freund, dem ich obige Bemerkungen zu verdanken habe, hörte auch einen Trauer- oder Grabgesang, über das Absterben des Tupaya. Die Einwohner um Tologa-Bay auf der nördlichen Insel von Neu-Seeland, welche besonders viel auf den Tupaya hielten, machten dieses Lied aus dem Stegereif, als ihnen die Mannschaft der Adventure von dem Tode dieses Tahitiers Nachricht ertheilte. Die Worte sind äusserst simpel, doch allem Anschein nach, metrisch, und zwar also geordnet, daß ihr schwerfälliger Gang die Empfindung des Trauernden ausdrückt.

 

Äghih, matte, ahwäh! Tupaia!

Gegangen, todt! ach weh! Tupaya[39]!

Die ersten Ergießungen des Schmerzens sind gewiß nicht wortreich; der einzige Gedanke, den man aussprechen kann, gehet auf die Bezeichnung des erlittenen Verlusts, und wird ohnfehlbar die Form einer Klage annehmen. Ob, und in wie fern die Melodie mit der kraftvollen Simplicität obigen Textes in Verhältniß stehe, — das mögen bessre Kenner der Tonkunst, als ich bin, entscheiden.

 

Am Ende fallen sie vom mittlern c zur ersten Octave, wie wenn man den Finger auf dem Griffbrett einer Violine herabgleiten läßt. Ehe ich von diesem Gegenstand zu reden aufhöre, kann ich nicht umhin, anzumerken, daß, da die Neu-Seeländer Geschmack für die Musik, und in diesem Betracht vor vielen Völkern der Südsee einen großen Vorzug haben, ihr Herz nothwendigerweise guter und milder Empfindungen fähig seyn muß, was auch die spitzfindige Beredsamkeit des bloßen Stuben-Philosophen dagegen einwenden mag. Ich läugne nicht, daß sie in ihren Leidenschaften sehr heftig sind; allein, wer will oder kann behaupten, daß heftige Leidenschaften immer nur zu schädlichen, oder gar unmenschlichen Ausschweifungen führen?

Seit der letzten Untersuchung bis zum 9ten November stellten wir noch verschiedene kleine Lustfahrten längst dem Ufer an, und besuchten alle innerhalb des Havens liegende Eylande. Dies verschafte uns mehr schätzbare Beyträge zur Kräuter- und Thierkunde dieses Landes, als wir, der frühen Jahrszeit wegen und nach so vielen vorhergegangenen Untersuchungen, erwarten konnten. Wir fanden nemlich zehn bis zwölf Pflanzenarten und vier bis fünf Gattungen Vögel, die uns zuvor nicht bekannt geworden waren. Die Matrosen ergänzten unterdeß den Vorrath von Trinkwasser, schaften eine Menge Brennholz an Bord, besserten das Tauwerk aus, und setzten überhaupt das ganze Schiff in Stand, der ungestümen Witterung des südlichen Himmelsstrichs von neuem Trotz zu bieten. Die Wilden hatten uns, während unsers Hierseyns, so reichlich mit Fischen versorgt, daß wir mehrere Fäßgen voll einsalzen, und auf die Reise nach Tierra del Fuego mitnehmen konnten. Auf diese Art zubereitet, hielten sie sich und schmeckten vortreflich. Ausserdem ließ auch der Capitain, kurz vor der Abfahrt, noch eine große Menge Seeraben und anderes dergleichen Geflügel zusammen schießen, damit wir unterwegens desto länger frischen Proviant haben möchten.

Am Nachmittag des 9ten wurden die letzten Anstalten zur Abreise getroffen, und des folgenden Morgens um vier Uhr verließen wir Neu-Seeland zum dritten und letztenmale. So oft wir hier vor Anker gegangen, so oft hatten wir uns auch, durch die Menge, Mannigfaltigkeit und Heilsamkeit der frischen Lebensmittel, von allen Beschwerden und Unpäßlichkeiten des Seelebens, vornemlich vom Schaarbock, sehr schnell wieder erholt. Die wohlschmeckenden, antiscorbutischen Kräuter reinigten und versüßten das Blut, und die Fische gaben, als eine leicht zu verdauende Speise, gute Nahrungssäfte. Selbst die Luft, die hier zu Lande, sogar an den schönsten Tagen, ziemlich scharf ist, mochte zu unserer Genesung das ihrige beytragen, in so fern sie den durch langen Aufenthalt in heißen Gegenden erschlafften Fibern, neue Kraft und Spannung mittheilte. Endlich so mußte auch die starke Bewegung, die wir uns machten, dem Körper in mehr denn einer Absicht zuträglich seyn. Bey so viel zusammenwirkenden Ursachen war es kein Wunder, daß, wenn wir bey der Ankunft allhier auch noch so bleich und abgezehrt aussahen, die Veränderung der Lebensart uns doch in kurzer Zeit wieder eine frische gesunde Farbe verschafte. Freylich konnte dies äussere Ansehen bey uns eben so trügen als bey dem Schiffe: Wenn wir mit selbigem, nach vorhergegangener Ausbesserung am Lande, von neuem in See giengen; so schien es zwar in ziemlich gutem Stande zu seyn; gleichwohl mochte ihm auf der langen Fahrt, so mancher harte Stoß, insgeheim empfindlichen Schaden zugefügt haben! – Eben das, was in Neu- Seeland uns so wohl bekam: die gesunde Luft, die einfache Lebensordnung, besonders aber der Überfluß an guten, leicht zu verdauenden Nahrungsmitteln, alles das kann auch wohl Ursach seyn, daß die Einwohner von so hoher Statur, wohl gewachsen,[40] und stark gebaut sind. Sie leben vornehmlich vom Fischfang, und der ist an der hiesigen Küste, den größten Theil des Jahres hindurch, so ergiebig, daß sie auch den Winter über daran genug haben; wenigstens hat Herr Crozet und auch wir selbst, an mehreren Orten, große Vorräthe von trocknen Fischen aufbewahrt gefunden.

 

 

[1] Experiments on Electricity 4to. fifth Edition, London 1774.

[2] S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen, in 8. B. III. S. 194. 206. 220.

[3] Dieser Mann ist den Lesern von Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen, unter dem Namen Tupia bekannt. Man kann aber versichert seyn, den Namen desselben, gleich vielen andern Wörtern aus den Südsee-Sprachen, hier richtiger als im vorhergehenden Werk ortographirt zu finden; denn der Verfasser des gegenwärtigen ist ein Deutscher, die gemeiniglich nicht nur mehr Disposition haben fremde Sprachen zu lernen, sondern auch in der Aussprache und Rechtschreibung derselben ungleich genauer zu seyn pflegen als die Engländer, Franzosen etc. Es sind auch zum Behuf der Deutschen, alle fremde Wörter hier so geschrieben, wie sie der deutschen Aussprache nach eigentlich lauten. A. d. V.

[4] S. Hawkesworths Geschichte der englischen See-Reisen in 8. dritter Band, pag. 289. u. f.

[5] Eben daselbst.

[6] S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen in 8. dritter Band, pag. 202.

[7] Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen 8. B. III. S. 292.

[8] Mit dieser Beschreibung vergleiche man die Figur, eines so gekleideten Neuseeländers, in Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen, 8. dritter Band, pag. 290.

 

[9] Die Admiralität wollte anfänglich, daß beyde Schiffe schon im März seegeln sollten, doch geschah es erst im Junius, weil man mit der Ausrüstung nicht ehe fertig werden konnte.

[10] Man sehe hierüber die in Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 8., im dritten Bande befindliche Charte von Neu-Seeland.

[11] S. Tristram Shandy.

[12] S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 8. dritter Band, pag. 90.

[13] S. Dalrymples collection of Voyages in the Southern Atlantic Ocean, die Wetter-Beobachtungen, fangen im Februar 1766 an und hören mit dem Jenner 1767. auf.

[14] S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 8. dritter Band, pag. 210. etc.

[15] Dieser Kopf befindet sich jetzt in Herrn Joh. Hunters anatomischen Cabinet zu London.

[16] Seine Gedanken hierüber hat D. Hawkesworth sich zugeeignet, ohne Herrn Pauw zu nennen. S. Hawkesworth. III. B. in 8. p. 279. Sic itur ad astra in einem Lande, das nach Voltaire's Aussage und nach dem Vorurtheil der Deutschen noch jetzt für das Vaterland der Original-Denker gehalten wird.

[17] Der Bischof Las Casas sähe diese Abscheulichkeit unter den ersten spanischen Eroberern von Amerika.

[18] S. Hawkesworths Gesch. dritter Band, in 8. p. 199 u. f.

[19] S. Hawkesworth Geschichte der engl. See-Reisen, 4. III. Band etc. pag. 62.

[20] Der gewöhnliche Name dieses Vogels in der Neu-Seeländischen Sprache ist Kogo.

[21] Eigentlich auszusprechen: Eti-ih.

[22] Ein gewöhnliches Mittel, dessen sich die Seefahrer bedienen, wenn sie, auf unbewohnten oder neu entdeckten Küsten ihren Nachfolgern etwas bekannt machen wollen. Man steckt einen solchen Brief deshalb in eine Flasche, um ihn vor der Nässe zu bewahren, und die Bouteille wird sodann, an einem leicht in die Augen fallenden Ort, gemeiniglich in der Gegend, wo die Anwesenden ihre Wasserfässer gefüllt haben, unter einem Baume vergraben, der entweder durch eine angehängte Tafel, oder durch eingehauene Zeichen kenntlich gemacht wird, damit der Neuankommende gleich gewahr werde, an welcher Stelle er nachgraben müsse.

[23] Pag. 22.

[24] Pag. 13.

[25] Pag. 22.

[26] Dies ist eine von denen Fischarten, die man in allen Theilen des Weltmeers antrift. So fängt man sie z. E. an der Englischen Küste, in der Mittelländischen See, am Vorgebirge der guten Hofnung und im Süd-Meer.

[27] Capitain Cook hat auf seiner letzten Reise in das stille Weltmeer, deren Beschreibung jetzt unter der Presse ist, Ergänzungen und Berichtigungen zu dieser Erzählung gesammlet, und in sein Tagebuch eingetragen, auf welches wir hier verweisen.

[28] Man sehe im ersten Teil pag. 114 und 207 wo ich der Entdeckungen des Herrn Marions vor dessen Ankunft in Neu-Seeland erwähnt habe.

[29] S. Hawkesworths zweyte Sammlung der englischen Seereisen, [4°] 2ter Band, S. 352.

[30] Das thun sie allemal, wenn sie eine Schlacht liefern wollen.

[31] S. Hawkesworths Sammlung der neuesten engl. See-Reisen, in 4. 2ter Band, S. 393. u. f.

[32] Die kleinen Verschiedenheiten, die sich zwischen dieser Erzählung, und der nunmehr gedruckten eignen Relation des Capitain Crozet bemerken lassen, muß man keiner andern Ursach, als der Lebhaftigkeit, womit ein Franzos mündlich erzählt, zuschreiben. (S. Voyage à la mer du Sud. Paris 8. 1783.)

[33] Der Name des Schiffs, welches Capitain Cook, bey seiner ersten Reise um die Welt, von 1769 bis 1771 commandirte.

[34] S. Hawkesworths Geschichte der englischen Seereisen, 4. zweyten Band pag. 102. und pag. 362; auch kann der dritte Band S. 264 nachgeschlagen werden, wo die Officiere eben dergleichen Gesinnungen äußerten. Im ersten Teil meines Werks, S. 239. kommt ebenfalls etwas ähnliches vor.

[35] Siehe Hawkesworth's Samml. etc. 2. Band, S. 361. u. mehrere Stellen.

[36] Tringo scheint bey ihnen eine Art Titel zu seyn, der vielen Namen ihrer Anführer vorgesetzt wird.

[37] Er bestand aus mehreren Hütten oder einem Flecken, den die Einwohner Ko-Häghi-nui nannten.

[38] Dieser Freund ist der nunmehrige Capitain Burney, ein Sohn des berühmten Tonkünstlers und Musikkenners dieses Namens.

[39] Man könnte es auch so umschreiben: Er verließ uns und starb, der arme Tupaya!

[40] Ausgenommen die Beine, welche vom Sitzen krumm, und ungestaltet werden.

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