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Herstellerin oder Hersteller uns nicht bekannt
Ozeanien, Polynesien, Hawai‘i-Archipel (Owyhee/Big Island, Mau‘i, Kaua’i o. Ni’ihau)
Vor 1781
Seeschnecke (Turbo petholatus / pipipi)
Erworben 1778-79 auf der dritten Expeditionsreise von Captain James Cook im Pazifik. Von welchem Reiseteilnehmer das Objekt erworben wurde, ist bislang nicht bekannt.
Von Großbritannien nach Deutschland gelangt durch den in London wirkenden Herrnhuter Benjamin La Trobe.
Inv.Nr. 66275
Eine herausragende Rolle in den pazifischen Gewässern um den Hawai’i-Archipel, beim traditionellen Fischfang und in der ursprünglichen kulturellen Überlieferung der polynesischen Inselbewohner spielt der Haifisch. Vor 250 Jahren wurde bei Festen und Zeremonien regelmäßig der Hai-Gott Kuhaimoana als eine der mächtigsten Gottheiten im spirituellen Kosmos der Hawai’ianer angerufen, um sein mana – die göttliche Energie der Ahnen – zu beschwören.
Dazu hatten junge Männer und Frauen aus hochrangigen Adelsfamilien (ali’i) in speziellen Tempelschulen (hālau) die strengen Regeln zeremonieller Tänze (hula kahiko) zu erlernen. Zugleich wurden sie in diesen Schulen mit den notwendigen Requisiten und ihrem Gebrauch vertraut gemacht. Eine Schlüsselrolle spielte dabei der Beinschmuck, wie er sich auch in der Herrnhuter Cook-Sammlung findet. Die Schnüre dieser Schnecken-Rassel, die unterhalb des Knies zusammengeschnürt wurde, sind aus der extrem festen und zugleich dehnbaren Pflanzenfaser der auf Hawai’i endemischen Olonā-Nessel gefertigt, aus der auch die robusten Sehnen für Haifisch-Pfeile hergestellt wurden.
Die angeknüpften Seeschnecken des Beinschmucks – in Herrnhut sind es mehr als 700 – ließen während der Zeremonie zum einen laut hörbar den Rhythmus des Hula-Tanzes erklingen. Auf symbolischer Ebene hatten diese Schnecken (pipipi) aber zudem einen unmittelbaren Bezug zum angebeteten Hai-Gott. Denn Seeschnecken sind lebenslange Begleiter der Haifische, da sie sich unlösbar an die Haihaut heften. In diesem Sinne symbolisierte der Klang der Knierasseln im hula zur Anrufung des Hai-Gottes zugleich ewige Treue. Der Beinschmuck wurde daher bei Begräbnissen hochrangiger ali’i, aber auch als Treuebekenntnis zu ranghohen Anführern angelegt, die ihre göttliche Herkunft von Kuhaimoana ableiteten.