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Rindenbaststoff

Hawai'ianisch: kapa

Herstellerin uns nicht bekannt

Ozeanien, Polynesien, Hawai‘i-Archipel (Owyhee/Big Island, Mau‘i, Kaua’i o. Ni’ihau)

Vor 1781

Brotfruchtbaum (Artocarpus communis J.R.Forst. & G.Forst.) oder Papiermaulbeerbaum (Broussonetia papyrifera), Nüsse des Lichtnussbaums (Aleurites moluccana), Beeren der Färbefeige (Ficus tinctoria G.Forst.), Blätter des Schüsselholzbaums (Cordia subcordata)

Erworben 1778-79 auf der dritten Expeditionsreise von Captain James Cook im Pazifik. Von welchem Reiseteilnehmer das Objekt erworben wurde, ist bislang nicht bekannt.

Von Großbritannien nach Deutschland gelangt durch den in London wirkenden Herrnhuter Benjamin La Trobe.

Inv.Nr. 68674

Die Fertigung von Rindenbaststoffen (kapa) war ein sakraler Akt, der niemals in der Öffentlichkeit stattfand. Vielmehr versammelten sich die Frauen, denen allein die kapa-Fabrikation vorbehalten war, an einem abgeschiedenen Ort und verriegelten ihre kapa-Werkstatt, um die schwatzhaften Männer vom Zutritt abzuhalten. Deren Gerede galt als verderblich für den Pfeilwurz-Leim, mit dem die kleineren kapa-Rechtecke zu schier endlosen Stoffbahnen zusammengeklebt wurden.

Vor allem aber nahmen die Frauen spirituellen Kontakt zu Lauhuki, der Göttin der Rindenbaststoff-Fertigung und ‘Ehu, der Göttin der kapa-Färbung auf. Inspiriert von den Göttinnen, begleitet vom rhythmischen Klopfen der kapa-Schlegel, die den in Wasser eingeweichten Rindenbast jüngerer Baumzweige stundenlang plätteten, miteinander verfilzten und in rechteckige Faservlies-Stücke verwandelten, wurden Stoffe gewonnen, die das mana – die göttliche Energie der Ahnen – wahren und mehren konnten.

Farblich dekorierte Baststoffe, wie der dreifarbige Rindenbaststoff in der Herrnhuter Cook-Sammlung, waren für die Adelskaste (ali’i) bestimmt – ein aristokratisches Statussymbol, das den unteren Kasten in Polynesien nicht zustand. Stoffqualität, Farbgebung und Design machten den individuellen Rang, die Herkunft und die Genealogie eines ali’i deutlich.

Der Einsatz roter – heiliger – Farbe auf kapa korrespondierte mit den Göttern, als deren Nachfahren sich die Anführer Hawai’is (ali’i nui) verstanden. Die roten Farbpigmente wurden in einem aufwändigen Verfahren aus den Beeren der Färbefeige (mati) und Blättern des Schüsselholzbaums (kou) gewonnen. Die schwarze Farbe wurde aus der Rußmasse verbrannter Lichtnüsse (kukui) und Lichtnuss-Öl hergestellt und diente auch zum Tätowieren der Haut.

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