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Rindenbaststoff

Hawai'ianisch: kapa

Das Aufmalen oder Aufstempeln der Farbmuster kam nur Frauen von höherem Rang (ali’i wahine) zu. Die Menge des heiligen Stoffs, den aristokratische Familien in ihren Häusern in großen zusammengerollten Ballen auf den Dachbalken stapelten, um bei religiösen Zeremonien, Begräbnissen oder für repräsentative Geschenke je nach Rang und Anlass davon abzuschneiden, war zugleich Ausweis ihres Prestiges.

Dass Captain Cook und seine Begleiter verschiedene kapa-Stoffe auf Hawai‘i erwerben konnten, dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass die Hawai‘ianer den britischen Seefahrer bei seiner Ankunft in der Kealakekua-Bucht auf Big Island im Januar 1779 für einen ruhmreichen zurückkehrenden Ahnengott, für Lono-i-ka-Makahiki hielten. Einem so heiligen Mann kam auch heiliger kapa-Stoff zu. Für Zeremonien und vor Begegnungen mit höchsten Anführern wurde der Kapitän zudem von seinen Gastgebern mit meterlangen mana-haltigen Stoffbahnen umwickelt, sodass er sich kaum mehr bewegen konnte.

James Burney, Cooks Begleitoffizier auf der zweiten und dritten Weltumsegelung, verschenkte nach seiner Rückkehr nach London einige Meter Rindenbaststoff an seine Schwester, die sich daraus ein Kleid für den Maskenball der britischen Königin schneidern ließ. Eigentlich ein Sakrileg – denn es handelte sich um etwas sehr Rares: um zeremoniellen Stoff aus Hawai’i, der noch vor dem ersten Kontakt mit den Europäern hergestellt wurde. In gewisser Weise aber entsprachen die Burneys zumindest polynesischen Regeln, denn das kapa wurde hier angemessen auf einer höchst aristokratischen Veranstaltung zelebriert.

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