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Malanggan-Schnitzerei, Fries (Vogel)

Hersteller oder Herstellerin uns nicht bekannt

Melanesien, Bismarck-Archipel, Papua-Neuguinea, Neuirland (Niu Ailan)

Ende 19. Jh.

Holz (Alstonia villosa), geschnitzt, Seeschnecke (Turbo petholatus), Farbpigmente

Ankauf von Ludolf Kummer, Pflanzer und Händler Neuirland, im Jahr 1904.

Inv.Nr. 68617

Die Kunst Neuirlands konzentriert sich traditionell auf Totenzeremonien und Feste zu Ehren der Toten. In Nord-Neuirland werden diese aufwändigen Zeremonien malanggan genannt. Dies ist auch der Begriff für die geschnitzten und bemalten Skulpturen, die mit den Zeremonien verbunden sind.

Die Vorbereitung der malanggan-Zeremonien beginnt nach einer Beerdigung und kann zwischen einem Monat und mehreren Jahren dauern. Während dieser Zeit werden Aufführungen organisiert, Feste vorbereitet und Schnitzer beauftragt, komplexe Strukturen zu schaffen, die normalerweise mehrere Figuren in ihren Entwurf einbeziehen.

Da diese Vorbereitungen viel Reichtum in Form von Schweinen und Muschelgeld erfordern, ist es nicht ungewöhnlich, dass Familien ihre Ressourcen bündeln und eine Zeremonie für mehr als eine Person sponsern.

Der Zweck der malanggan-Zeremonien ist es, die Seelen der Verstorbenen in das Reich der Toten zu schicken. Zum Höhepunkt der Zeremonie werden die in Auftrag gegebenen malanggan-Skulpturen in temporären Ausstellungshäusern ausgestellt. Jede Skulptur ehrt eine bestimmte Person und veranschaulicht ihre Beziehungen zu Vorfahren, Clantotems und/oder lebenden Familienmitgliedern. Es soll eine Darstellung der Seele und der Lebenskraft eines Individuums sein, kein direktes Porträt. Im Verlauf der Zeremonien werden die malanggan mit größter Sorgfalt behandelt, da angenommen wird, dass die Seelen des Verstorbenen tatsächlich die Skulpturen bewohnen. Sobald die Seele den malanggan (und die Welt der Lebenden) verlassen hat, werden die Skulpturen nicht mehr benötigt und normalerweise verbrannt oder dem Verfall überlassen. Ende des 19. Jahrhundert war das große Interesse europäischer Sammler für malanggan-Figuren wohlbekannt. Ein Verkauf der nicht mehr benötigten Schnitzwerke stand der Vorstellung des Übergangs der Totenseelen durch Verfall ihrer Behausungen nicht im Wege, denn die Objekte waren schon vom Geist der Verstorbenen verlassen. Der Verkaufserlös wurde wieder in die Herstellung neuer malanggane und somit in die Fortführung der Traditionen investiert.

Die malanggan -Schnitzerei mit beidseitigem Schauwert war als Schmuckelement in die Gestaltung der Ausstellungs- oder Maskenhäuser integriert. Als sehr häufiges Motiv in der malanggan-Schnitzerei wird hier ein Vogel dargestellt, der einen weiteren Vogel (den Verstorbenen) in sich aus der Welt der Lebenden trägt. Der Sammler Ludolf Kummer hinterließ folgende Objektnotiz: "Maske Lamisisi. Der große Vogel in der Maske heißt Bongbonge."

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