Orhan Pamuk:
Nachdem unter den Dokumenten, Manuskripten und Fotos, die von der traditionellen osmanischen Kultur und von den Minderheiten zeugten, zuerst ein Massaker veranstaltet worden war, erwachte zu Anfang der achtziger Jahre bei Sammlern ein Interesse an solchen Objekten, und zwar insbesondere an Fotos mit durch Istanbul fahrenden Schiffen.
Die Sammler durch Istanbul fahrender Schiffe zerfallen in zwei Gruppen:
1. Die Systematiker. Ob ihr Sammelthema nun „Stadtdampfer“, „Autofähren“ oder „Schiffe der Osmanischen Schifffahrtsgesellschaft“ lautet, sie wollen davon ALLES in die Hände bekommen. Sie tauschen gerne mit anderen Sammlern, und da sie für Schiffsfotos ganz allgemein etwas übrig haben, heben sie auch am Bosporus geschossene Familienfotos auf, bei denen im Hintergrund nur ganz vage ein Schiff zu sehen ist.
2. Die Romantiker. Ich weiß nicht, ob ihnen dieser Begriff gerecht wird, doch fühle ich mich ihnen nahe. Sie interessieren sich für jedes Schiff, das durch den Bosporus fährt, ob türkisch oder ausländisch, Fracht oder Personenschiff. Ihnen kommt es nicht auf Dinge wie Baujahr, Flagge oder Kategorie an, sondern nur darauf, was ein Foto mit dem Thema „Schiff fährt durch Bosporus“ an tieferen Gefühlen hervorruft. Was es mit diesen tieferen Gefühlen genau auf sich hat, kann ich hier nicht in aller Kürze sagen, aber dafür habe ich ja das Museum der Unschuld gegründet.