Der Niederländer Mart Stam zählt zu den bedeutendsten Architekten und Gestaltern der Moderne. In den 1920er Jahren arbeitete er in Deutschland und unterrichtete am Bauhaus in Dessau. Zur selben Zeit entwickelte Marianne Brandt (1893–1983) dort als Leiterin der Metallwerkstatt Modelle für Lampen und Geschirr. Die Produktenwürfe der aus Chemnitz stammenden Fotografin, Malerin und Bildhauerin zählen zu den Design-Klassikern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte Mart Stam im zerstörten Dresden die Tradition des Bauhauses wiederbeleben. 1948 berief er Brandt an die spätere Hochschule der bildenden Künste, die er leitete. In einem Telegramm vom 8. Dezember 1948 lud er die Künstlerin mit wenigen Worten ein, sich in der Güntzstraße 34 bei ihm zu melden. Brandt lebte zu dieser Zeit in ihrer Heimatstadt Chemnitz und war arbeitslos. Sie nahm die Einladung an und zog nach Dresden, wo sie von 1949 bis 1951 als Dozentin für Holz, Metall und Keramik lehrte. Auseinandersetzungen um die künstlerische Ausrichtung in der DDR sorgten dafür, dass beide an die Hochschule Berlin-Weißensee wechselten. Stam verließ Berlin bereits wieder 1952, Brandt kehrte 1954 nach Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) zurück.
Stams Telegramm an Marianne Brandt ist glücklicherweise erhalten geblieben. Es ist ein so unauffälliges wie eindrucksvolles Dokument für die bewegte Geschichte des 20. Jahrhunderts und für die politischen Dimensionen des Archivs.
Text: Patrick Wilden, freier Mitarbeiter Bestandserfassung
- Material & Technik
- Papier, maschinenschriftlich
- Museum
- Archiv der Avantgarden
- Datierung
- Dresden, 1948
- Inventarnummer
- A 1/Bau 22, 26