Zieht hier gerade Nebel auf? Wird er den Berg vollständig verhüllen, der Landschaft so rasch den Vorhang vorziehen, wie es nur im Gebirge passieren kann? Oder zieht der Nebel ab? Erscheinen die Dinge, oder verschwinden sie? Erst bei genauem Hinsehen zeigt sich: Ganz oben, über den Felsformationen des Gipfels, beginnt die Morgensonne die Schwaden aufzulösen, ein Stück blauen Himmels schimmert bereits durch – der Nebel lichtet sich…
Caspar David Friedrich malte den Honigstein in der Sächsischen Schweiz aus einer Perspektive von der Talsohle des Amselgrundes, die den Berg als gleichschenkliges Dreieck erscheinen lässt – ein Symbol der Heiligen Dreifaltigkeit. So wirkt der Berg wie ein Fels des Glaubens, der auch in sich verändernden Wetterlagen Verlässlichkeit bietet.
Die Komposition ist fast schon modern: auf wenige Motive beschränkt, und in Farbe und Form stark reduziert, liegt in ihr beinahe eine Tendenz zur Abstraktion. Der Maler nutzte den Nebel für diese Reduktion. Außerdem hüllte er sein Motiv – wie in zahlreichen anderen Werken – durch den Nebel in eine besondere Stille, er erzeugte eine mystische Stimmung, gab dem Geheimnis und unserer Fantasie Raum. Und er lässt uns den Kontrast zwischen den kalten, feuchten Nebelmassen und der Wärme des kommenden Sonnenlichts empfinden. Wie ein Versprechen legt sich dieses Licht über den Gipfel. Nicht ganz zufällig befindet sich dort oben, auf dem höchsten Felsen, in der Lichtöffnung, zwischen den Wolkenfetzen, ein Kruzifix. Dadurch wird die Darstellung der Natur auch zum Sinnbild für die religiöse Erhebung ins Licht.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Thüringer Landesmuseum Heidecksburg in Rudolstadt
- Datierung
- um 1808
- Inventarnummer
- Thüringer Landesmuseum, Inv.-Nr. M 0529