Etwa zur gleichen Zeit, als Kurfürst August in Dresden im Dachgeschoss seines Schlosses eine Kunstkammer einrichtet, fertigt Wenzel Jamnitzer, Nürnberger Goldschmied mit internationalem Renommee, diese Prunkkassette an. Sie entstand 1562 und zeigt eine Frauengestalt, die in der Hand eine Tafel mit einer lateinischen Inschrift hält. Übersetzt steht darauf: “Die Wissenschaft weckt erinnernd vergängliche Dinge zum Leben. Sie errichtet bleibende Denkmale der Künste.
Sie ruft zurück ins Licht, was ins Dunkel gefallen ist” (1562). Die junge Frau stellt die Philosophie dar. Sie lagert auf einer künstlichen Gesteinsstufe, deren unregelmäßige Formen im krassen Gegensatz zur kunstvollen und zugleich strengen Architektur des Kästchens steht. In dessen Inneren befinden sich vier Ebenholzschubladen. Zieht man sie heraus, sieht man, dass sie mit Seide gefüttert und mit vergoldeten Silberfolien belegt sind.
Die eingepresste, mit Lack Farben bemalte Mauresken, von der islamischen Kunst angeregte Ornamente aufweisen. Schreibgerät (ein Tinten- und Sandfass aus Silber) haben dort ebenfalls Platz. Die Schubladen lassen sich aber nur mittels eines Geheimverschlusses öffnen. Der befindet sich zu Füßen der jungen Frau und ist in dem kleinen Goldgefäß verborgen. Wird die dazugehörige Feder entriegelt, springt die Stirnseite auf und man kann die Schubladen aufziehen.
Geradezu programmatisch lässt sich an dieser Kassette das Weltbild jener Zeit ablesen. Die Wissenschaft überflügelt die Schöpfungen der Natur, wandelt sie verbessert in menschliche Kunst und verewigt Vergängliches. So steht es auf der Tafel. Auf deren Rückseite befindet sich ein Zahlenquadrat. Das geschriebene Wort und die Erfindung der Zahl bestimmen die menschliche Kultur.
- Material & Technik
- Silber, teilweise vergoldet, Email, Samt, Seide, Bergkristall, Erzstufe, Ebenholz
- Museum
- Grünes Gewölbe
- Ort & Datierung
- Nürnberg, datiert 1562
- Inventarnummer
- V 599