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#11

Lüneburger Spiegel

Utermarke, Dirich (um 1565-1649) | Goldschmied
Meier, Luleff | Goldschmied

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Dieser monumentale Prunkspiegel ist ein herausragendes Beispiel für die deutsche manieristische Goldschmiedekunst. Er ist allerdings weniger zum Gebrauch bestimmt, sondern mit seinem komplexen und komplizierten Bildprogramm vor allem eine repräsentative Allegorie auf das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Der monumentale Rahmen, der die Form eines Epitapfs, eines Gedenksteins aufnimmt, quillt schier über von Ornamenten, Gehängen, Fruchtbündeln, Trophäen, Tierköpfen, Mischwesen, Masken und Figuren, auf die wir hier nicht näher eingehen können.

Nur so viel: Dargestellt ist der Traum Nebukadnezars, wie er im Buch des Propheten Daniel nachzulesen ist. Darin wird der Untergang der vier mächtigen Reiche Assyrien, Persien, Griechenland, Rom und das Heraufziehen des Reiches der Wahrheit und des Friedens vorausgesagt. Das Göttliche Reich wird in dieser Interpretation mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gleichgesetzt. Darauf weist das Wappenzeichen oberhalb des Spiegels hin.

Es zeigt den kaiserlichen Doppeladler mit den Wappen der zugehörigen Länder. Stehende und berittene Herrscher In der Spiegelra rahmung symbolisieren die vier Reiche der Vergangenheit. Unterhalb des Spiegels finden sich eine Allegorie auf die gute Staatsführung und ein Gleichnis auf die schlechte Politik. Letzteres ist durch das Urteil des Paris veranschaulicht. Der Spiegel selbst ist kunstvoll hinter der Abdeckung verborgen. Wer hineinschaute, wurde ebenfalls zu einem Teil der Symbolik dieses Spiegels - Ja, er stand im Zentrum.

Der Traum und seine Deutung waren im ausgehenden 16. Jahrhundert von hoher Aktualität und wurden als Warnung vor einem Krieg empfunden. Der brach 1618 tatsächlich aus und sollte 30 Jahre dauern. So vereint dieser Spiegel die alttestamentliche Prophezeiung und die politische Gegenwart kurz vor 1600. Kurfürst Christian der Erste, dessen Vater August die Kunstkammer begründet hatte, gab den Spiegel bei den Lüneburger Spiegelmachern und Goldschmieden Luleff Meier und Dirich Utermarke in Auftrag.

Er starb 1591 und konnte das Kunstwerk nicht mehr selbst in Empfang nehmen. Seine Gemahlin Sophie ließ das Prunkstück “in dero geliebter Söhne Kunst cammer” bringen. Damit hinterließ sie ihrem noch nicht volljährigen Sohn Christian dem Zweiten ein politisches Testament. Nur durch die enge politische Beziehung Kursachsens zum Kaiser und durch die Aufrechterhaltung der Reichsverfassung könne dem Reich der Frieden bewahrt werden.

Material & Technik
Silber, getrieben, gegossen, ziseliert, punziert, vergoldet; Holz, Spiegelglas, Hinterglasmalerei, Bergkristall, Amethyste, Granate, geschliffene Glassteine, Amelierung: Glasträger, Goldradierung, Farblacke, Silberfolie
Abmessungen
H 115,0 cm, B 85,0 cm, T ca.13,0 cm; Amelierung: H 14,5 cm, B 11cm; Gewicht ca. 14.620 g
Museum
Grünes Gewölbe
Ort & Datierung
Lüneburg, datiert 1587 und 1592
Inventarnummer
IV 110
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Eingeschränkte Netzwerkverbindung