Mit dieser zwar kleinformatigen, aber monumental wirkenden Skulptur bewarb sich Johann Christoph Ludwig Lücke zum zweiten Mal bei König August III. um das Amt eines Hofbildhauers – erfolglos. Dennoch erwarb sie der König 1736 für 80 Dukaten und übergab sie ins Grüne Gewölbe.
Es ist ein ernstes, getragenes Thema, das Lücke in Elfenbein geschnitzt hat: der geflügelte Chronos, der Gott der Zeit, hebt die kraftlose Personifikation der Kunst empor. Er: mit kahlem Schädel und flatterndem Bart. Sie, noch ohnmächtig, nur leicht mit einem Tuch bedeckt, sitzt auf einem Globus. Zu ihren Füßen ein weinender Knabe, der auf eine Malerpalette mit Pinseln, Bildhauer- und Architektenwerkzeug sowie auf Bücher deutet.
Allegorische Darstellungen, die die Kunst selbst zum Thema haben, sind seit der Renaissance verbreitet. Insbesondere das Motiv der Wiedererweckung der gesunkenen Kunst durch die „Zeit“ wurde immer wieder auch für plastische Bildwerke gewählt.
Johann Christoph Ludwig Lücke, der sein Werk auf der Rückseite im Gewand signiert hat, war ein äußerst vielseitiger Bildhauer und eine schillernde Persönlichkeit. Er führte das unstete und vielleicht gerade dadurch sehr produktive Leben eines „Wanderkünstlers“: Hamburg, London, Dresden, Wien, Schwerin, Kopenhagen und Danzig waren einige seiner Stationen. In Meißen fand er 1728 eine Anstellung in der Porzellanmanufaktur, schied aber sehr bald wieder in Unfrieden. Auch in der Wiener Porzellanmanufaktur blieb er nur ein gutes Jahr. Immer wieder hielt er sich in seiner Geburtsstadt Dresden auf. Daher finden sich zahlreiche Elfenbeinarbeiten im Grünen Gewölbe, die Lücke als einen vielseitig begabten Künstler im Kleinkunstbereich ausweisen.
- Material & Technik
- Elfenbein, Sockel: Holz mit Resten von Farb(lack)fassung
- Abmessungen
- H 37,2 cm, B 13,5 cm, T 13,3 cm; H ohne Sockel 22,0 cm ; Gesamtgewicht: 1438g
- Museum
- Grünes Gewölbe
- Ort & Datierung
- Dresden, 1736; Postament und Lackierung: wohl Christian Reinow, Dresden, kurz vor 1736
- Inventarnummer
- II 337