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#70

Daphne mit Korallzinken

Jamnitzer, Abraham (1555-1600) | Silberschmied
Jamnitzer, Wenzel (1508-1585) Vorlage | Entwurf

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„Naturalia“ und „artificalia“, ein Wunderwerk der Natur und ein Kunstwerk von Menschenhand, sind in dieser Statuette miteinander verbunden. Die stolz aufgerichtete Frau in antikisierendem Gewand stellt die Nymphe Daphne dar. Der römische Dichter Ovid hat ihr Schicksal überliefert. Er erzählt von der Leidenschaft des Sonnengottes Apoll für die keusche Daphne. Um sich den Nachstellungen Apolls zu entziehen, bat die Nymphe schließlich ihren Vater, den Flussgott Peneios, sie in einen Lorbeerbaum zu verwandeln.

Das Motiv der Metamorphose faszinierte viele Künstler. Hier ist der Moment der Verwandlung durch einen Korallenzinken veranschaulicht, der statt Blattwerk und Ästen aus Daphnes Kopf emporwächst. Ihre Arme enden in kleinen Korallenzweigen. Der griechischen Mythologie zufolge waren Korallen selbst das Ergebnis einer Metamorphose. Als Blutstropfen vom abgeschlagenen Haupt der Medusa ins Mittelmeer fielen, sollen sie sich in Korallen verwandelt haben. In der Zeit des Barock galten sie gleichermaßen als Mineral, Tier und Pflanze und symbolisierten so die Verbindung der drei Naturreiche.

Der Entwurf zu der berühmten Figur stammt von dem Nürnberger Wenzel Jamnitzer, einem der bedeutendsten Goldschmiede des 16. Jahrhunderts. Neben seiner praktischen Arbeit widmete sich Jamnitzer auch Fragen der Mathematik und Geometrie und konstruierte kunstvolle wissenschaftliche Instrumente. Seine Daphne-Statuette befindet sich heute im französischen Ecouen. Wenzels Sohn Abraham nutzte die in der Jamnitzer-Werkstatt erhaltenen Gussformen und wiederholte die Plastik bis ins Detail.

Die Figur der Daphne ist in Gürtelhöhe teilbar und ihr hohler unterer Teil ließe sich als Trinkgefäß nutzen. Doch war die Goldschmiedeplastik wohl niemals einer praktischen Verwendung zugedacht, sondern diente der Repräsentation.

Material & Technik
Silber, getrieben, gegossen, ziseliert, punziert, geätzt, vergoldet; Koralle
Museum
Grünes Gewölbe
Ort & Datierung
Nürnberg, um 1579/80 - 1586
Inventarnummer
IV 260
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