Drachenkanne heißt dieses ungewöhnliche Gießgefäß, denn ein weit aufgerissenes Drachenmaul dient ihm als Ausguss und ein geschuppter Schwanz als Griff. Doch es ist weniger eine Kanne denn ein virtuoses Kunststück – ein manieristisches Goldschmiedewerk par excellence.
Und so tummeln sich auf seiner Oberfläche Widderköpfe, Schnecken, geflügelte Cherubimköpfe, löwenartige Masken – fast droht die Kanne unter dem überbordenden Schmuck und üppigen Zierrat zu verschwinden. Es bedarf schon eines sehr aufmerksamen Betrachters, um inmitten all des Beiwerks zu entdecken, dass die vier herzförmigen Buckel höchst subtile, fein punzierte Allegorien der vier Jahreszeiten tragen. Den Deckel schließlich bekrönt die römische Göttin Fama, die in der Antike das Gerücht personifizierte. Seit der Renaissance verkörpert sie den irdischen Ruhm. Ihr Attribut, die Trompete, mit der sie den Ruhm in die Welt trägt, hat sie jedoch verloren.
Dies ist leider nicht der einzige Verlust. Zur Drachenkanne gehörte ursprünglich ein Becken. Zusammen bildeten sie ein Lavabo, wie man die im höfischen Tischzeremoniell des 17. Jahrhunderts benutzten Gießgarnituren nannte. Allerdings entbehrte dieses kapriziöse Ensemble jeglicher Funktionalität. Das Becken wurde 1772 zusammen mit anderen Silber- und Goldobjekten eingeschmolzen, um nach dem verlustreichen Siebenjährigen Krieg Sachsens leere Staatskassen zu füllen.
Schöpfer der fantasievollen Drachenkanne war Christoph Jamnitzer, ein Spross der berühmten Nürnberger Goldschmiededynastie. Werke seines Vaters und vor allem seines Großvaters Wenzel Jamnitzer sind ebenfalls im Grünen Gewölbe zu sehen. Kurfürst Christian II. kaufte die Gießgarnitur 1610 in Prag, als er bei Kaiser Rudolph II. territoriale Ansprüche geltend machte. Bei dieser Gelegenheit erwarb der Kurfürst übrigens auch den schon vorgestellten Diana-Automaten.
- Material & Technik
- Silber, vergoldet
- Museum
- Grünes Gewölbe
- Ort & Datierung
- Nürnberg, um 1603 - 1609
- Inventarnummer
- IV 293