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#71

Bergkristallpokal mit Emaildekor

Schweinberger, Hans II (vor 1579-1610) | Goldschmied

02:40

In dieser Vitrine sind herausragende Bergkristallarbeiten aus dem Breisgau versammelt. Vor allem die Städte Freiburg und Waldkirch waren im 16. Jahrhundert wichtige Zentren der Bergkristallbearbeitung. Die schwierige Kunst des Steinschnitts lag in den Händen der „Bruderschaft der Bohrer und Balierer“. Aufgabe der Bohrer war es, die Rohkristalle zu durchbohren, die Balierer schliffen und polierten sie. Dann gingen die Goldschmiede ans Werk: Sie fügten die einzelnen Kristallstücke zusammen – zu Gefäßen, Besteckteilen und anderen Gerätschaften, die sie nicht selten noch mit figürlichem oder ornamentalem Dekor veredelten.

Im Vergleich zu den kostbaren italienischen Steinschnittarbeiten wirken die deutschen Erzeugnisse etwas altmodisch und schwerfällig. Doch die Freiburger Künstler waren berühmt für ihren ungemein präzisen Facettenschliff.

Der hohe Deckelpokal ist dafür ein Paradestück. Er besteht aus fünf geschliffenen Bergkristallteilen, die durch silbervergoldete Fassungsringe verbunden sind. Die Fassung mit geätzten und teilweise emaillierten Maureskendekoren stammt von Hans II. Schweinberger, der nachweislich seit 1579 als Goldschmiedemeister in Augsburg wirkte.

Der kleinere Deckelpokal vereint mehrere Kennzeichen des Freiburger Stils: den senkrecht facettierten Schliff der Wandungen, die Gestaltung von Deckel und Fuß in Form einer Halbkugel sowie den eichelförmigen Deckelknauf. Stabilität gewinnt das fragile Kunstwerk durch drei ypsilonförmige Spangen, die in plastischen Löwenköpfen enden. Diese von Nürnberger und Augsburger Vorbildern inspirierte Goldschmiedearbeit stammt wahrscheinlich von dem Freiburger Burkart Frauenfeldt.

Auch Bestecke entstanden in der süddeutschen Region in großer Anzahl. Ihre zierlichen Stiele bestehen aus kleinen Bergkristallstücken, die auf einen Metallstift aufgereiht worden sind. Welche Präzision und Kunstfertigkeit gehört dazu, die schmalen, doch dabei so harten und spröden Edelsteine zu durchbohren, ohne sie zu beschädigen! Nur wenige beherrschten dieses schwierige Handwerk. Die Technik galt als Berufsgeheimnis. Die Bruderschaftsordnung der Breisgauer Bohrer und Balierer aus dem Jahre 1544 verpflichtete die Gesellen, ihre Kunst nicht außer Landes zu tragen.

Material & Technik
Silber, getrieben, gegossen, ziseliert, punziert, graviert, geätzt, vergoldet; Email, Bergkristall, geschliffen / Farbfassung: Grün an der Manschette oberhalb des Nodus und dem durchbrochenen Körbchen der Kuppa sowie im Bandelwerk an Fuß, Lippen- und Deckelrand (an Letzterem auch Blau und Reste von Braun) sowie am Stumpf der floralen Deckelbekrönung (hier auch Reste von Ocker); Rot, Grün und Ocker am Blumenkranz des Nodus
Museum
Grünes Gewölbe
Ort & Datierung
Goldschmiedearbeit: Augsburg, um 1579-1586 / Bergkristallschliff: wohl Breisgau, 3. Viertel 16. Jahrhundert
Inventarnummer
V 180
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