Er hat stämmige Beine, einen gedrungenen Körper und einen überaus großen Kopf. Hübsch ist er nicht, dieser kleine verwachsene Mann, den Sie links hinten in der Vitrine sehen, aber er entwaffnet durch seine ungebrochene Fröhlichkeit. Mit Begeisterung fidelt er auf einem Bratrost, sein Bogen ist ein Spieß. Von seinem buckligen Rücken hängt eine Gans herab und am diamantenbesetzten Gurt hängen ein Vorlegemesser und eine Feldflasche. Es ist ein Koch, der sich vergnügt selbst zum höfisch-graziösen Tanz aufspielt und dabei unfreiwillig komisch wirkt!
Eine fröhliche Stimmung verbreitet auch der sitzende Winzer rechts vorne. Leicht alkoholisiert hält er in seiner rechten Hand zwei Trauben, aus Amethyst und Karneol. Mit dem Winzermesser in der anderen Hand holt er weit aus, um sich weitere Trauben abzuschneiden. Unbemerkt versucht eine Katze, etwas aus dem gefüllten Korb auf dem Rücken des Winzers zu stibitzen.
Diese miniaturhaften Figuren aus verwachsenen Perlen, Gold, Email und Edelsteinen sammelte August der Starke, der Begründer des Grünen Gewölbes, mit großer Leidenschaft. Der Besitz solcher Pretiosen, hergestellt aus unregelmäßigen so genannten monströsen Perlen, war im frühen 18. Jahrhundert Bestandteil der fürstlichen Repräsentation.
57 so genannte barocke Perlfiguren haben sich in Dresden erhalten und bilden die umfangreichste Sammlung dieser seltenen Gattung der Juwelierplastik. Die kleinste Perle hat einen Durchmesser von ca. drei Millimetern, die größte misst ca. fünf mal fünf Zentimeter. Der Bogen des Figurenarsenals ist weit gespannt: Koch und Winzer, tanzende Zwerge, Harlekine, Schlittschuhläufer, Bettler, Galanteriewarenhändler, Seemonster, Grenadiere, aber auch christliche und mythologische Themen wurden auf die Perlfiguren übertragen.
Nicht alle Figuren sind aber von derb-drastischer Komik. Der kämpfende Soldat beispielsweise, den Sie in einer anderen den Perlfiguren gewidmeten Vitrine dieses Raumes stehen, ist als Reflex auf das Zeitgeschehen zu verstehen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts tobte der Nordische Krieg – und Gewinner und Verlierer spiegeln sich gleichermaßen in den Perlfiguren, beispielsweise als Bettler und Verkrüppelte.
Vorbild für viele der kleinen Pretiosen waren die damals äußerst populären Radierungen „Varie Figure Gobbi“ des französischen Stechers Jacques Callot. Vor allem unser Koch scheint direkt Callots Werk entsprungen zu sein. Er ist allerdings heiterer als sein Vorbild, dem eine gewisse Tragik anhaftet.