Vor sich sehen Sie keineswegs nur eine kampflustige Truppe von Turnierteilnehmern, die es kaum erwarten kann, auf den Platz zu stürmen. Was Sie sehen ist vielmehr – ein Weihnachtsgeschenk. 1612 überraschte Magdalena Sibylla ihren Gatten Kurfürst Johann Georg I. mit sieben gleichartigen Fußturnierharnischen, von denen einer heute im Philadelphia Museum of Art zu sehen ist. Sie sind Christian Müller zugeschrieben, einem Dresdner Plattner, der seit 1619 am kursächsischen Hof angestellt war. Plattner nennt man diejenigen Schmiede, die sich auf die Herstellung von Harnischen spezialisiert hatten. Christian Müller arbeitete in der kurfürstlichen Rüstkammer im Neuen Stall, wie seine Kollegen, Rüstmeister und Rüstknechte, Messerschmiede, Büchsenmacher, Goldschmiede, Schäfter, Riemer und Tischler.
Die Harnische bestehen aus je einem Helm, Kragen, einer Brust mit dem damals modisch kurzen Gansbauch und einem Rücken mit beweglichen Gesäßreifen. Die Arme sind unter kurzen Ober- und Unterarmröhren, Ellbogenkacheln sowie mit eisernen Fingerhandschuhen geschützt, die Oberschenkel verschwinden hinter den am Brustharnisch eingehängten zwanzigfach geschobenen Knieschößen. Charakteristisch für die Zeit sind die Mantelhelme, mit ihren Öffnungen für Augen, Nase und Mund. Aus heutiger Sicht ein durchaus modernes Design, das seinen Platz neben Figurinen von Oskar Schlemmer oder anderen Bauhauskünstlern behaupten könnte.
Vermutlich hat Magdalena Sibylla die Harnische zur Geburt ihres ersten Sohnes im März 1612 bestellt. Doch starb das Kind kurze Zeit nach der Geburt, so dass sie auf einen neuen Anlass warten musste. Weihnachten schien ein guter Termin, umso mehr, als sie zu der Zeit wieder schwanger war. Erstmals verwendet wurden die neuen Harnische anlässlich der Taufe des Thronfolgers, Johann Georgs II., der im Mai 1613 das Licht der Welt erblickte. Die Feierlichkeiten zogen sich über eine Woche hin, es gab ein Ringrennen, Festaufzüge, eine Bärenjagd auf dem Altmarkt, einen Tierkampf im Löwenhaus und schließlich ein Fußturnier. Letzteres war für den Kurfürsten ein willkommener Anlass, den vergoldeten Harnisch persönlich zu tragen.