Ein Turnier war – um möglichen Missverständnissen vorzubeugen – kein Duell. Es war ein Kampfspiel unter Freunden. Der Gastgeber, der das Turnier ausrief, war der Platzhalter, zeitgenössisch „Maintenator“ genannt. Die Gäste kamen als „Aventuriere“, als fahrende Ritter oder Abenteurer ins Rennen.
Dass komplette Turnierausrüstungen auf Pferdeattrappen gezeigt werden, ist keine heutige Erfindung. Schon in der Rüstkammer, die Kurfürst Christian I. 1588 im Neuen Stall anlegen ließ, waren kostbare Prunk- und Turnierharnische auf geschnitzten Pferden montiert. Auf diese Weise gerät nicht nur die Präsentation lebendiger, sie zahlt auch Tribut an die Pferde, die einen nicht geringen Anteil an Sieg oder Niederlage ihrer Reiter hatten:
(...) viel (lag) an der Schulung und am guten Willen des Renngauls. In sein Gelieger, (seinen Rossharnisch) gehüllt, belastet vom Gewicht des Reiters und seines gegen 100 Kilogramm schweren „Zeuges“, umgeben von der Menge der um den Gerüsteten Beschäftigten, beim Dröhnen der Trompeten, Klingeln des Schellengeläuts an seinem Halse, (...) konnte es nicht fehlen, dass die Gäule „nit zugehen wollen“. Einmal heißt es, der Gaul habe so „getobt, dass sie das Rennen ohne (große) Gefahr nicht haben vollbringen können.“ Aber selbst, wenn die Pferde auf die Bahn gebracht sind, brechen sie noch öfters aus, wenden sich um und bringen dadurch sich und den Reiter in Gefahr.
Die beiden ausgestellten Rennzeuge sind zwischen 1550 und 1560 von dem Dresdner Plattner Hans Rosenberger und dem aus Wittenberg stammenden Sigmund Rockenberger geschlagen worden. Sie sind schwer, vor allem der Rennhut und die zur besseren Gewichtsverteilung mit Blei ausgegossene Brust, da beim Rennen der Stoß einer armdicken Lanze pariert werden musste. August von Sachsen und Erzherzog Ferdinand von Tirol waren die letzten Fürsten, die solche Rennen pflegten. An anderen Höfen hatte sich zu dieser Zeit bereits das weniger gefährliche Stechen durchgesetzt.
Anzogenrennen heißt diese spezielle Form des Turnierspiels wegen der angezogenen, das heißt an die Harnische angeschraubten Schilde, oder wie es zeitgenössisch hieß „Tartschen“. Die Tartschen sind aus Holz und mit Stoff überzogen. Sie dienen dazu, den gegnerischen Stoß mit einer über vier Meter langen Lanze abzufangen. Sämtliche Textilien, die die beiden Reiter und ihre Pferde tragen, sind neu gefertigt nach Vorbild eines Gemäldes von Heinrich Göding d. Ä, das Sie auch in unserer Ausstellung finden. Es ist das mittlere Bild über der Vitrine an der Stirnseite des Raumes.