Das Rheingrafenkleid nimmt innerhalb der Garderobe Augusts des Starken eine Ausnahmestellung ein. Es handelt sich um ein historisierendes Rheingrafenkleid, mit welchem sich der Herrscher in die Rolle seines großen Vorbildes Ludwig XIV. von Frankreich hineinversetzte. Er trug es zum ersten Mal beim Besuch der Französischen Komödie während der Hochzeitsfeierlichkeiten des Kurprinzen mit der Kaisertochter 1719 in Dresden.
Der Sonnenkönig hatte die Rheingrafenmode mit ihrem opulenten Besatz an Bändern, Schleifen und Spitzen gut fünfzig Jahre zuvor hoffähig gemacht. Der Name geht wohl zurück auf Karl Florentin Rheingraf von Salm, den holländischen Gesandten am französischen Hof. Er trat um 1660 erstmals in solcher Kleidung auf. Die von Ludwig XIV. zelebrierte Rheingrafenmode wurde in Gemälden, monumentalen Tapisserien und Grafiken festgehalten. August der Starke könnte sich diese während der Kavalierstour 1687 und 1688 am französischen Hof eingeprägt haben. Sie sehen solche Kleider auf dem Gemälde „Ausfahrt Ludwigs XIV. nach Vincennes" an der Eingangswand des Ausstellungsraumes.
Auf seinen Auftritt in diesem Kleid hatte sich August der Starke zwei Jahre lang vorbereitet. 1717 entsandte er seinen Kammerjunker Montargon nach Paris. Ausdrücklich sollte er das Modell eines Kleides besorgen, das der französische König bei höchsten zeremoniellen Anlässen getragen hatte, wie beispielsweise seiner Hochzeit.
Das von der Rheingrafenmode inspirierte Kleid wurde in Dresden mit modernsten Seidenstoffen und Galanteriewaren aus Frankreich umgesetzt. Das beeindruckende Ensemble ist in der Rüstkammer mit Wams, Kniehose, kreisrundem Mantel und Handschuhen vollständig überliefert. Der hellblau-silberne Seidenstoff mit Spitzenmuster, die mohnblumenrot-silbernen Seidenbänder und die luxuriöse Silberspitze verschafften August dem Starken einen fulminanten Auftritt.
Weitere Medien
- Material & Technik
- Oberstoff: Lampas mit Spitzenmuster, fassongewebt; Grund Gros des Tours in Seide hellblau, lanciert mit Seide lachsrot, broschiert mit Silbergespinst, teils als Frisé; im Bereich der Spitze Lamé von Seide creme und Silberlahn, Taschenfutter Leinen creme, gewachst; gemusterte Bandschleifen von Seide lachsrot und Silbergespinst, teils als Frisé; einfache Bandschleifen Seidenrips lachsrot (ponceau); Knöpfe Holz, mit Silbergespinst überlegt, flache Knöpfe bezogen mit Lampas wie Oberstoff.
- Museum
- Rüstkammer
- Ort & Datierung
- Dresden. 1718-1719. Oberstoff/Schleifenbänder französisch. Schneiderarbeit sächsisch
- Inventarnummer
- i. 0030.01