Weitere Medien
Fokus III: Kunst, Religion & Philosophie
Georges Bataille (1897–1962) war ein französischer Philosoph, Schriftsteller und Publizist. Von Beruf Bibliothekar, arbeitete er zwei Jahrzehnte an der Bibliothèque Nationale in Paris – dort versteckte er unter anderem Manuskripte des Philosophen Walter Benjamin und bewahrte sie so vor der Vernichtung durch die Nationalsozialisten. Gleichzeitig bewegte er sich in intellektuellen und künstlerischen Kreisen: Er war mit dem Surrealismus verbunden, gab die Zeitschrift Documents heraus, engagierte sich im antifaschistischen Widerstand und gründete 1937 das Collège de Sociologie.
Ein zentrales Motiv in Georges Batailles Denken ist die Idee der Überschreitung – das bewusste Durchbrechen gesellschaftlicher, moralischer oder religiöser Grenzen. In seinem Buch "Theorie der Religion" (1948) beschreibt er eine ursprüngliche Form von Religiosität, in der das Heilige in der Ekstase, im Opfer und der Maßüberschreitung erfahrbar war – bevor Religion mit der Kirche zur Institution und damit selbst zum Ordnungsprinzip wurde.
In diesem Kontext schreibt Bataille den Satz: "Das Tier ist in der Welt wie das Wasser im Wasser." Das Tier verkörpert hier eine ursprüngliche Einheit mit der Welt – ungetrennt, ohne Distanz. Der Mensch hat diese Verbindung mit der Welt verloren, sucht sie aber in ekstatischen Momenten wieder auf.
Während Georges Bataille das Tier als vollständig eingebettet in die natürliche Ordnung beschreibt – "wie Wasser im Wasser" – stellt Šarčevićs Video diese Vorstellung infrage. Die Hunde erscheinen im Kirchenraum orientierungslos, deplatziert. Der sakrale Raum, den wir als Menschen intuitiv erfassen – durch seine Architektur, seine Symbolik, seine kulturelle Ordnung – bleibt den Tieren fremd. So verschiebt sich die Perspektive, die die Videoarbeit eröffnet: Vielleicht sind es nicht die Tiere, sondern der Mensch, der sich mühelos und selbstverständlich durch Sprache, Rituale und Kultur durch eine Welt bewegt, die er selbst geformt hat.
Indem Šarčević seiner Videoarbeit den Titel gibt „Es scheint, als sei das Tier in der Welt wie das Wasser im Wasser“, greift er Batailles Gedanken auf, doch hinterfragt diesen auch. Der Kirchenraum ist für Šarčević vielmehr ein Ort, in dem sich Mensch und Tier, Alltägliches und Heiliges durchdringen.
INTERVIEW
Dr. Samo Tomšič, Professor an der Hochschule für bildende Künste Dresden für Philosophie & Ästhetik, spricht über den Gegensatz von Kultur und Natur in Batailles Denken.