1989 fertigte Verena Kyselka das Kostüm Die Nachrichtensprecherin an – ein Gestell aus Metall, Blech und Kunststoff, ergänzt durch eine Maske. Entstanden ist es für die Performance Figuraler Einzelgang zeitgemäßer Erscheinungen in Leipzig. Aus alten Antennen formte Kyselka ein Klangobjekt, das durch Reibung Töne erzeugte. Während sie aktuelle Nachrichten vortrug, verband sie Klang und Information zu einer künstlerischen Reflexion über Wahrheit, Zensur und Medienkontrolle in der DDR.
Das Kostüm tauchte auch im Film Signale auf. Als vermeintlich neutrale Sprecherin verwies Kyselka auf die Manipulation durch staatliche Medien. Ihr Auftritt machte sichtbar, wie Information gesteuert und Wahrheit inszeniert wurde – und wie Kunst diese Strukturen hinterfragen kann.
Kyselka, 1959 geboren, durfte wegen der Haft ihres Vaters nicht an der Kunsthochschule studieren. Sie wurde Restauratorin, doch suchte bald künstlerische Eigenständigkeit. 1984 war sie eines der Gründungsmitglieder der Künstlerinnengruppe Erfurt, organisierte Aktionen und Ausstellungen, oft in privaten Räumen.
Die Antennen des Kostüms sind dem Alltag in der DDR entnommen. Sie stehen sinnbildlich für den Versuch, Informationen zu empfangen. Kyselka sammelte alte Antennen von der Straße und setzte sie neu zusammen. So schuf sie ein Bild für die Sehnsucht nach unzensierter Information – und für die Fragilität von Wahrheit.
Verena Kyselka, Die Nachrichtensprecherin (Objekt 2-teilig: Maske, Rock), 1989, Blech, Eisen, Kunststoff, Metall, geklebt, genietet, SKD, Archiv der Avantgarden – Egidio Marzona, Inv.-Nr. I 373/1-3, Foto: Christiane Wagner (Fotostudio Wagner), 1989