QR-Code

#309

Müllkostüm

Wandtke, Hanne (1939-) | Künstler

02:01

Hanne Wandtke, Tänzerin, Choreografin und langjährige Dozentin an der Palucca Schule Dresden, prägte über Jahrzehnte den modernen Tanz in der DDR. In den 1980er Jahren suchte sie jedoch auch neue Wege jenseits der etablierten Bühnen – und fand diese in der Zusammenarbeit mit den Autoperforationsartisten. Diese Verbindung entstand aus den Bewegungsstudien, die Studierende der Hochschule für Bildende Künste regelmäßig in ihren Kursen anfertigten. Zwischen Tanz, Performancekunst und bildender Kunst entwickelte sich ein gemeinsames Interesse an offenen, kollektiven und grenzüberschreitenden Ausdrucksformen. Hanne Wandtke und Micha Brendel teilten außerdem über eine lange Zeit eine gemeinsame Wohnung in der Dresdner Neustadt, die zum zentralen Treffpunkt der Gruppe wurde.

Im Februar 1986 wirkte Wandtke an der legendären Performance Spitze des Fleischbergs mit, die im Rahmen einer Faschingsfeier an der Kunsthochschule stattfand. Für diese Aktion entwarf sie ein „Müllkostüm“ – ein blickdichtes Gewand, genäht aus Alltagsabfällen. Die grellen Farben, die Vielfalt der Materialien und die grobe Verarbeitung verliehen dem Kostüm eine bizarre, fast groteske Erscheinung. Es war Tarnung und künstlerisches Statement zugleich: Als offizielle Dozentin an der Palucca Schule musste Wandtke unerkannt bleiben, um keine Konsequenzen zu riskieren. Das Kostüm erlaubte ihr, sich maskiert und damit freier zu bewegen, während sie zugleich selbst zur lebendigen Skulptur wurde.

Im politischen Kontext der DDR war Wandtkes Auftritt mehr als ein Spiel mit Materialien: Es war ein Akt stiller Selbstermächtigung, eine subversive Performance, die künstlerische Freiheit jenseits offizieller Kanäle erprobte – verborgen, aber zugleich unübersehbar.

Museum
Archiv Hanne Wandtke
Inventarnummer
Leih-Nr. 01
0:00
Eingeschränkte Netzwerkverbindung