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#721

Tischkabinett

Zorn, Georg | Instrumentenhersteller
Bidermann, Samuel I (1540-1622) | Instrumentenhersteller
Floris, Frans (ca. 1519/20-1570, Kopie nach) | Kupferstecher
Kranwinkel, Hans | Hersteller
Amman, Jost (1539-1591) | Kupferstecher

02:55

Marie: Hatten sie nicht!

Drache: Hatten sie doch!

Marie: Hatten sie nicht! Du bist vielleicht schon uralt und ich nur ein Kind, aber eins weiß ich: Computer – niemals! Das stimmt doch gar nicht!

Drache: Naja, mit diesen neuen Computern könnt ihr natürlich alles Mögliche machen. Musik zum Beispiel oder Spiele spielen. Unser Tischkabinett ist in dem Sinn kein richtiger Computer, aber ein so genanntes „Verwandlungsmöbel“. In ihm steckt viel mehr drin, als du vermuten würdest:  Du kannst spielen, lernen, schreiben, musizieren, einen Schlaftrunk zusammenrühren oder eine kleine Schönheitspflege einlegen. Wer so ein Tischkabinett hatte, konnte sicher sein, Gäste damit zu beeindrucken. Heute gibt es nur noch wenige. Es war und ist etwas ganz Besonderes.

Marie: Echt? Für mich sieht das erst einmal nur aus wie ein Tisch!

Drache: Genau genommen ist es ein Kunstschrank. Und auch jetzt, wo viele Fächer aufgeklappt sind, können wir längst noch nicht alles sehen, was er zu verbergen hat.

Marie: Okay, dann erzähl mal.

Drache: Na, die Tasten hast du sicher schon gesehen. Das ist so etwas wie ein Klavier, nur kürzer. Es heißt Virginal. Wenn du um den Tisch herumgehst, wirst du viele verschiedene Schubladen und Kästen sehen. Darin sind insgesamt über 200 Einzelteile versteckt.

Marie: So viele! Was ist denn das hier vorne in dem Kasten? Eine Pinzette sehe ich und winzige Gefäße aus Gold.

Drache: Das ist eine Miniapotheke. In anderen Fächern sind Schreibsachen aufbewahrt, es gibt auch ein Fach mit Gegenständen aus Elfenbein und Messing. In den Deckeln der Fächer siehst du bunt ausgemalte Felder für Brettspiele. Es gab immer ein großes Hallo, wenn sich der Tisch öffnete – nicht nur, dass du die einzelnen Fächer finden musstest, nein, jedes Fach lässt sich anders öffnen, und das galt es herauszufinden. Ein weiteres Objekt befindet sich noch im Sockel: Ein ganzer Stuhl! Du denkst, zusammenklappbare Stühle gibt es erst seit eurer Zeit? Von wegen! Du kannst die Schublade rausschieben und einen Faltstuhl herausnehmen und dich zum Beispiel ans Virginal setzen, um Musik zu machen.

Marie: (erstaunt) Verstehe, das Tischkabinett hat es echt in sich!

Drache: Ich sage dir, es dauerte meist mehrere Tage, bis die neuen Eigentümer über das gute Stück Bescheid wussten. Stundenlang wurden solche Möbel beim Verkauf erklärt und angeschaut. Das erinnert doch ziemlich daran, wie einem ein Fachmann oder eine Fachfrau einen Computer erklärt – hab‘ ich nicht Recht?

Ort & Datierung
Augsburg, um 1630
Material & Technik
Blindholz in Fichte, Platte in Ebenholz furniert mit Königholzbändern, Zinnadern und 31 verschieden großen Platten in Ruinenmarmor (Florentiner Marmor); Sockelkasten und Wangen in massiv schwarz gefärbtem Birnbaum, teilweise in verschiedenen Hölzern furniert, Elfenbeinadern; roter Samt mit Silberborten; Blattvergoldungen; Eisenbeschläge graviert, äthervergoldet, gebläut. Instrumente und Gegenstände aus verschiedensten Materialien.
Abmessungen
81,5 x 145,5 x 95,0 cm, 62 x 145 x 95 cm (?, lt. Faltblatt 1972)
Museum
Kunstgewerbemuseum
Inventarnummer
47714
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Eingeschränkte Netzwerkverbindung