Marius Winzeler: Also das hier ist eine Geburtstagsparty. Oder besser gesagt, so haben sich die Leute in Europa die Geburtstage des Großmoguls Aureng-Zeb in Indien vorgestellt. Es gab jedoch auch Reiseberichte, welche der Goldschmied Johann Melchior Dinglinger sehr genau las und daraus ganz bestimmte Details darstellen wollte, wie hier etwa die Übergabe von Geschenken, oder vorne die Waage, die das Wiegen des Herrschers gegen Gold und Silber zeigt. Schaut euch die Feier mal genauer an. Was seht ihr noch?
Kind 1: Das ist ja wie ein Wimmelbild. Von allen Seiten kommen die Gäste. Viele bringen Geschenke, es gibt Tiere, wie Pferde, sogar einen weißen Elefanten und oh, Papageien, und überall sitzen Drachen. Wenn wir die zählen müssten, würde das sicher lange dauern.
Kind 2: Also, ich sehe bunte Gewänder mit viel Gold. Überall sind kleine Edelsteine dran, es gibt alle möglichen Farben, und am obersten Ende der großen Treppe sitzt der…. das muss der Großmogul auf seinem Thron sein. Sitzt der auf einem goldbestickten roten Kissen?
Kind 1: Lassen sich die Figuren eigentlich bewegen? Oder sind die fest?
Marius Winzeler: Die Figuren sind tatsächlich lose. August der Starke hätte sie zu immer neuen Szenen zusammenstellen können. Aber ob er das jemals gemacht hat, das wissen wir nicht.
Kind 1: War das denn ein Spielzeug?
Marius Winzeler: Hm, naja, das war sicherlich ein großes Vergnügen. Aber es ging nicht darum, die Figuren hin und her zu schieben. August der Starke konnte mithilfe dieses Kabinettstücks selber spielerisch in die Rolle des Großmoguls schlüpfen, denn es war sein Traum ein ausgesprochen mächtiger Herrscher zu sein und der Hofstaat des Großmoguls symbolisierte die Idee, über ganz Asien zu herrschen. Viele Künstler, Goldschmiede, Juweliere und Gehilfen haben mehr als sechs Jahre lang daran gearbeitet. Ihr könnt 132 Figuren entdecken. Und diese waren einst mit 5223 Diamanten verziert, von denen leider mittlerweile etliche verloren gegangen sind
Marie: Wahnsinn, wofür Menschen Geld und Gold ausgaben und was für riesige Feste sie feierten. Im Dresdner Archiv zeigt noch eine alte Rechnung, wie viel August für das Kunstwerk bezahlen musste, fast 60.000 Reichstaler, soviel wie ein ganzes Schloss. Das Kunstwerk ist damit auch ein Zeugnis für die Ausbeutung der Bevölkerung infolge damaliger Herrschaft und Politik. So mussten z.B. die Minenarbeiter unter schwierigsten Arbeitsbedingungen schufteten, um die Diamanten zu fördern. Reichtum sowie Armut und Ausbeutung stehen nah beieinander. Wie denkst du darüber?
- Ort & Datierung
- Dresden, 1701 - 1708 / Tisch: 1721 - 1723
- Material & Technik
- Holzkern, Gold, Silber, teilweise vergoldet, Email, Edelsteine, Perlen, Lackmalerei, Tisch: Holz, vergoldet
- Abmessungen
- H 58 cm, B 142 cm, T 114 cm; historischer Tisch: H 89,8 cm, B 148 cm, T 119,5 cm
- Museum
- Grünes Gewölbe
- Inventarnummer
- VIII 204