Lange Zeit hat man diskutiert, wen diese Figur von Francesco di Giorgio Martini, einem zur Zeit der Renaissance sehr gefragten Architekten, Maler und Bildhauer, eigentlich darstellt. Mittlerweile steht fest: Wir sehen Herkules im Kampf mit Achelous, einem Flussgott, der seine Gestalt verändern konnte und der sich hier in eine Schlange verwandelt hat.
Bei dem Konflikt ging es – es wundert uns nicht – um eine Frau: Beide, Achelous und Herkules, wollten die schöne Königstochter Deïaneira für sich gewinnen. Die Geschichte wird unter anderem von dem römischen Dichter Ovid erzählt. Demnach kämpft der Flussgott zunächst in seiner menschlichen Gestalt gegen Herkules – und verliert. Sodann kämpft er in Gestalt einer Schlange – und verliert. Ovid schildert die Szene in den Metamorphosen aus der Sicht des Flussgottes:
„Als ich aber den Leib krumm zog in gewundene Ringel und mit erbostem Gezisch die gespaltene Zunge bewegte, lacht der tirynthische Held und spottet ob unserer Künste: ›Schlangen zu bändigen war mein Spielwerk schon in der Wiege‹ also sprach er und packte mich rasch mit umstrickenden Fingern oben am Hals.“
Diese Szene hatte der Bildhauer wohl im Kopf, als er die Plastik schuf, bei der leider der Kopf der Schlange verloren ist. Achelous verlor im übrigen auch die dritte Runde, bei der er sich in einen Stier verwandelt hatte, und Herkules heiratete die Königstocher Deïaneira.
Betrachtet man Martinis Figur, so fällt auf, dass er Herkules so ganz anders darstellt als die meisten Künstler: muskulös, ja, aber doch schlank und mit auffallend schmalen Schultern. Sieht so ein Held aus? Andererseits: Wie muss ein Held denn aussehen? In einer eleganten, beinahe tänzerischen Pose hebt dieser Herkules die Schlange empor und blickt sie an. Und wir wissen es: Er wird sie besiegen.
- Ort & Datierung
- Siena, um 1495
- Material & Technik
- Bronze
- Dimenions
- Skulptur: H: 123,5 cm, B: 64,5 cm, T: 41,5 cm
- Museum
- Skulpturensammlung
- Inventarnummer
- H2 021 / 078