Ihren Namen verdanken die drei Statuen ihrem Fundort, der im Jahr 79 n. Chr. vom Vesuv verschütteten Stadt Herculaneum. Die mit einem dünnen Untergewand (Chiton) und einem üppigen Mantel bekleidete ‚Große Herkulanerin‘ steht in ruhig-entspannter Haltung, den Kopf schräg nach vorn geneigt wie in einem Gespräch innehaltend.
Die Statue gibt einen statuarischen Typus wieder, der seit hellenistischer Zeit äußerst beliebt war und dessen Vorbild vermutlich eine vornehme griechische Polisbürgerin darstellte.
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Gepflegt, von zurückhaltender Eleganz, mit großen Augen, einer geraden Nase, vollen Lippen, glatter Haut und dichtem Haar. Hätte es zu jener Zeit schon illustrierte Zeitschriften gegeben, wir können sicher sein, dass unsere Herkulanerinnen dort häufig auf den Titelblättern zu sehen gewesen wären.
Zur Kaiserzeit gab es solche Ehrenstatuen vorbildlicher Bürgerinnen in nahezu allen römischen Städten.
Antike Künstler und Philosophen trieb die Frage nach dem idealen Menschen an. Perfektion war eine Tugend: Perfektion in Sein und Aussehen. Denn perfekte Schönheit galt als Ausdruck für ethische und moralische Vollkommenheit.
Viele dieser Skulpturen hatten Porträtköpfe, das heißt: Wir sehen individuelle Frauen. Doch oft wurden sie dem Schönheitskanon so angepasst, dass sie wie Idealfiguren aussehen. Ganz so wie heutige Frauen – und natürlich auch Männer – die sich bei Instagram oder ähnlichen Internet-Plattformen inszenieren.
Johann Joachim Winckelmann war ein Pionier – und das auf mehreren Gebieten. Er interessierte sich für die antike – vornehmlich griechische – Kultur. Zunächst für Literatur, und später, um deren Echtheit und deren Werte zu überprüfen, auch für alle möglichen Artefakte, von der Architektur bis zur Kunst. Wie für Pioniere üblich bewegte er sich anfangs auf dünnen Boden. Denn es gab in Deutschland kaum antike Kulturgüter. Alles, was man damals sehen konnte, war in herrschaftlichen Sammlungen, die keineswegs immer und allen offenstanden.
In Dresden, wo Winckelmann eine Zeit lang lebte und studierte, gelangte er in die königliche Sammlung. Die Herkulanerinnen, in die er sich auf den ersten Blick verliebte, standen damals jedoch nicht wie heute in einem hellen und hohen Galerieraum, sondern, wie er es selbst formulierte, „wie Heringe gepackt in einem Schuppen“.
Was ihn an ihnen so begeisterte, war ihr ruhiger Ernst und ihre edle Schönheit. Wenn wir uns vor Augen halten, dass Winckelmann in die Zeit des späten Barock und Rokoko geboren wurde, können wir verstehen, wie außergewöhnlich ihm die klaren Linien der Skulpturen und ihre Ausgewogenheit gefallen haben muss. Ganz anders als in der bunten oft überbordenden Welt des Barock.
Winckelmann ging später nach Rom und entwickelte dort seine moderne Ästhetik klassischer Kunst.
- Material & Technik
- Marmor
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- Mittleres 1. Jh. n. Chr., nach einem verlorenen Vorbild aus der Zeit um 330/320 v. Chr.
- Inventarnummer
- Hm 326