Wie eine kostbare Goldschmiedearbeit wirkt der kleine Flügelaltar, den Van Eyck für einen privaten Auftraggeber geschaffen hat. In geöffnetem Zustand erblickt man einen illusionistisch gemalten Kirchenraum, in dessen Zentrum die Muttergottes mit ihrem Sohn thront.
In den Seitenschiffen erscheinen die Gestalten des Erzengels Michael und der hl. Katharina. Die in Grisaillemalerei ( Grau-Malerei ) ausgeführte Verkündigungsszene auf den Außenseiten der Flügel imitiert Alabaster- oder Elfenbeinskulpturen.
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Auf der Außenseite des Altars beginnt die Geschichte: der Engel Gabriel erscheint Maria um ihr die jungfräuliche Geburt eines Sohnes zu verkünden. Die Innenseite zeigt, dass seine Worte wahr geworden sind: Maria hält den Jesusknaben auf dem Schoß. Ein Schriftband in dessen Hand verweist auf die Taten und Worte seines künftigen Lebens. „Lernt von mir,“ steht dort, „denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Das Ende wird durch Symbole angedeutet. Winzig sind links und rechts an der Lehne des Marienthrons Opferszenen dargestellt und links vom Jesuskind ist der Thron mit einem Pelikan verziert. Das Tier, das sich mit dem Schnabel die Brust aufschlitzt um mit dem Blut seine Jungen zu nähren, symbolisiert den Opfertod Christi am Kreuz.
Katharina – im rechten Flügel – ist die damals nach Maria am meisten verehrte Heilige. Eine Frau, die 50 Philosophen, die sie bekehren wollten, vom Christentum überzeugt haben soll. Das Buch in ihrer Hand steht für ihre Klugheit, mit dem Rad zu ihren Füßen wurde sie von den heidnischen Römern gefoltert.
Der Erzengel Michael im linken Flügel gilt als Seelenführer nach dem Tod und Überwinder des Bösen. Mit sachter Handbewegung leitet er den Stifter zur Anbetung der christlichen Mysterien.
Dass van Eyck einen Laien in solcher Nähe zu den Heiligen abbildet, ist für seine Zeit außergewöhnlich. Hier zeigt sich der Einfluss der „Devotio Moderna“, einer religiösen Erneuerungsbewegung, die damals von den Niederlanden ausging. Ihr Leitgedanke war es, dass die Menschen auch ohne Vermittlung durch die Kirche einen Zugang zum Göttlichen erhielten. Auch dadurch, dass er den Marienthron im Kirchenraum genau an der Stelle des Altars platziert, der den Laien zugänglich ist, bekräftigte van Eyck die direkte Verbindung von Gott und Mensch.
Van Eycks Altar besteht nur aus drei Eichenholztafeln. Die Rahmen sind nicht extra gefertigt, sondern wurden zusammen mit dem Bildgrund aus einem Stück Holz herausgearbeitet. Dafür mussten zunächst die Holztafeln vorbereitet werden: Jede Tafel wurde in der Mitte abgehobelt, bis eine ebene Malfläche entstanden war. Außen blieb das Holz für die Rahmen stehen. Als diese fertig waren, begann van Eyck, die Tafeln zu bemalen, das zeigt sich auch an der Schrift, mit der van Eyck die Rahmen verzierte. In goldenen Lettern auf den Rahmen schrieb er Texte aus den Liturgien, die an den Festtagen der jeweiligen Heiligen gesprochen wurden. Sie wirken, als wären sie in Metall graviert.
Durch Scharniere zwischen den Tafeln lässt sich der Altar öffnen und schließen. Weil Wandelaltäre, wenn sie in den Kirchen standen, für gewöhnlich nur zu Feiertagen geöffnet wurden, wird die Außenseite auch „Werktagsseite“ und die Innenseite „Feiertagsseite“ genannt.
- Material & Technik
- Öl auf Eichenholz
- Museum
- Gemäldegalerie Alte Meister
- Datierung
- 1437
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 799