Die Bronzestatuette ist eine verkleinerte und freie Nachbildung des antiken Reiterstandbildes des Marc Aurel in Rom. Dank der ungewöhnlichen Inschrift auf der Bodenplatte weiß man, dass Filarete sie während seiner Arbeit an den Bronzetüren für den Petersdom schuf.
Sie gilt als erste Kleinbronze der Renaissance und Gründungswerk dieser von der Antike inspirierten Gattung, die, anders als Skulptur bisher, keinen Zweck erfüllt (z. B. für religiöse Andacht), sondern nur der Freude des Sammlers dient.
Weitere Medien
Als Filarete um 1440 die antike Reiterstatue in Rom zu Gesicht bekam, war keineswegs klar, welchen Kaiser sie darstellte. Im Mittelalter tippte man auf Konstantin den Großen – jenen Herrscher, der das Christentum im römischen Reich zur anerkannten Religion erhoben hatte. Nur deshalb wurde die Statue nicht, wie andere antike Bronzen, eingeschmolzen. Sie verblieb als Ehrenmal vor dem päpstlichen Lateranpalast.
Als dann in der Renaissance das Interesse für die Antike wuchs, erkannte man den Irrtum, wusste aber noch nicht sicher, um wen es sich handelte. Filarete glaubte, es handele sich um Marc Aurels Sohn, den Kaiser Commodus. Als dann 1538 Papst Paul der Dritte das Standbild auf den von Michelangelo neu gestalteten Kapitolsplatz versetzen ließ, war der Reiter als Marc Aurel identifiziert. Jahrhundertelang bildete er das Zentrum des Platzes. Seit 1997 steht dort eine Bronzekopie. Das kostbare Original ist heute in den Kapitolinischen Museen zu sehen.
Die originale Reiterstatue war seinerzeit in keinem guten Zustand, und Filarete, der Bronzefachmann, hoffte wohl auf einen prestigeträchtigen Restaurierungsauftrag. Die Statuette schuf er vermutlich als Arbeitsmodell, um dem päpstlichen Auftraggeber vorzuführen, wie er Ross und Reiter stabilisieren wollte: mit dem Prunkhelm unter dem erhobenen rechten Vorderhuf. Überdies schmückte er das Zaumzeug mit farbigen Email-Einlagen. Reste davon können Sie an der Bronze noch erkennen.
Den Restaurierungsauftrag erhielt später ein anderer Künstler. So behielt Filarete seine Statuette. In der Inschrift auf der Bodenplatte heißt es, er habe sie Piero de' Medici in Florenz zum Geschenk machen wollen. Ob dies je geschah, wissen wir nicht. Eine Zeitlang war die kostbare Statuette in Mantua, bis der dortige Herzog sie 1586 dem sächsischen Kurfürsten verehrte. Zu dieser Zeit waren Kleinbronzen bereits begehrte Sammlungsobjekte, die in keiner fürstlichen Kunstkammer fehlen durften.
Die Technik des Bronzegusses ist mehr als 2.000 Jahre alt und durchaus aufwändig.
Am Anfang modelliert der Künstler seine Figur aus Wachs. Um diese Wachsfigur wird Ton aufgetragen. Im heißen Ofen härtet der Ton aus, das Wachs schmilzt und man erhält eine Form, in die die heiße Bronze gegossen wird.
Da aber die Gefahr der Beschädigung beim Abnehmen der Form groß ist, wird das Original oft nicht im Ganzen abgeformt, sondern in Einzelteilen. Diese Teilformen werden mit flüssigem Wachs ausgegossen. Die Wachsschicht, die möglichst gleichmäßig sein muss, entspricht exakt der „Bronzehaut“ der späteren Figur. Dann füllt man den Rest der Form mit einem Brei aus Ton und Sand. Sobald die Masse ausgehärtet ist, werden die einzelnen, wachsüberzogenen Teile Stück für Stück aus der Form gelöst. Nun steckt man die Einzelteile mit Stiften zusammen und glättet die Wachsoberfläche der Figur mit einem heißen Messer. Danach werden Wachsstäbe an der Figur angebracht. Diese bilden später die Kanäle, durch die die Bronze eingefüllt wird.
Jetzt wird die eigentliche Gussform um die Figur herum gebaut. Schicht für Schicht wird Ton aufgetragen, um jedes Detail zu erfassen. Nach dem Brennen hat man eine massive Form. Diese wird auf den Kopf gestellt, damit das geschmolzene Wachs abfließen kann. Aus den Wachsstäben haben sich hohle Kanäle gebildet. Durch die Kanäle gießt man die heiße, flüssige Bronze, gleichzeitig kann so die Luft nach außen entweichen. Nach dem Erkalten werden in einem letzten Schritt die Kanäle abgesägt, die Löcher gefüllt und wird schließlich die Oberfläche gereinigt, geglättet und poliert.
- Material & Technik
- Bronze, Spuren von Email
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- Um 1440/45 (lt. Inschrift zur Zeit der Bronzetür von St. Peter)
- Inventarnummer
- H4 155 / 037