Mit diesem Selbstbildnis bewarb sich der 29-jährige Schweizer Graff 1766 erfolgreich um die Stelle des Hofmalers in Dresden. Jung, modisch, aber schon selbstbewusst inszenierte er sich als Künstler vor der noch leeren Leinwand. Charakteristisch sind seine wachen Augen: schaut er sich selbst im Spiegel an? Oder doch eine Person, die er porträtieren wird? Mit seinem scharfen Blick suchte Graff die Seele des Menschen, um dessen Wesen, und nicht nur sein Äußeres im Bild wiedergeben zu können.
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In den ersten Jahren als kurfürstlich sächsischer Hofmaler bekam Graff ein Festgehalt von 400 Talern. Das war nicht besonders üppig. Auch ein Handwerker konnte um 1800 mit etwas Glück so viel verdienen. 1789 wurde Graff zum Professor für Porträtmalerei ernannt – und erhielt dafür eine satte Gehaltserhöhung auf 700 Taler. Als Gegenleistung musste er pro Jahr ein Bildnis für den Hof abliefern und mindestens einen Lehrling ausbilden. Alles, was über diese Verpflichtung hinausging, wurde extra bezahlt: Für eine Darstellung des Oberkörpers ohne Hand verlangte Graff 50 Thaler. Mit beiden Händen wurden 100 Thaler fällig. Denn Hände zu malen war besonders anspruchsvoll. Noch mehr Honorar bekam er für eine Figur in Lebensgröße. Da Graff äußerst produktiv war und insgesamt rund 2.000 Porträts schuf, hat er im Laufe der Jahre ein großes Vermögen verdient. Als der Maler 1813 starb, vererbte er seinen Kindern 40.000 Taler. Damit wäre er heute ein reicher Mann gewesen.
Graff stellt sich auf seinen Selbstportraits fast immer mit Malutensilien dar. In diesem Fall tritt er allerdings nicht mit Pinsel und Palette auf. Stattdessen hält er in der rechten Hand einen Stifthalter, in den man verschiedenfarbige Kreiden oder Grafitminen einspannen konnte. Mit diesem Gerät legte Graff die Vorzeichnung auf der Leinwand an. Erst danach fing er an zu malen. Sähe man nur den Stifthalter, könnte man Graff für einen Grafiker halten. Aber die große Leinwand hinter ihm zeigt deutlich, dass er ein Maler ist.
Wenn Graff Gesichter malte, legte er besonderen Wert auf die Wiedergabe der Augen. Das gilt auch und gerade für seine Selbstbildnisse. Immerhin waren es die Augen, die es Graff erlaubten, seine Motive wahrzunehmen und zu malen. Graff versieht die Pupillen mit Lichtpunkten und lässt die Augen durch diesen Trick ungeheuer lebendig wirken. Außerdem schauen uns die Portraitierten auf seinen Bildern häufig direkt an. Auf unserem Jugendbildnis ist der Blick besonders intensiv. Bei den Portraitsitzungen mit seinen Kunden soll Graff so durchdringend geschaut haben, dass manche seinem Blick kaum standhalten konnten.
- Material & Technik
- Öl auf Leinwand
- Museum
- Gemäldegalerie Alte Meister
- Datierung
- 1765
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 2166