Der Kopf der Muse Polyhymnia ist knapp unterhalb des Kinns gebrochen. Er gehörte zu einer Statue, die die »liedreiche« Muse auf ihren rechten Arm gestützt zeigt, an einen felsigen Pfeiler gelehnt und versonnen in die Ferne schauend. Der Typus ist bekannt durch ein hellenistisches Relief, das der Künstler Archelaos aus Priene geschaffen und signiert hat. Das marmorne Weihrelief zeigt am Fuße des Musenbergs die Apotheose des Dichters Homer. Analog zu dieser Darstellung und weiteren statuarischen Wiederholungen war das Mädchen stehend in einen Mantel gehüllt wiedergegeben. Die locker zusammengenommenen Haarsträhnen sind zum Pferdeschwanz gebunden, der frei gearbeitet ist und vom Kopf absteht. Sowohl in den Haaren als auch im Gesicht haben sich Reste ursprünglicher Bemalung erhalten. Mit brauner Farbe ist nicht nur die kompakte Haarmasse farbig gefasst gewesen, sondern sind zusätzlich feine Härchen am Haaransatz und kleine Löckchen an den Schläfen aufgemalt worden. Farbreste befinden sich außerdem an den Augen, deren damalige Lebendigkeit die Bemalung der Iris, Pupillen und Augenbrauen noch erahnen lassen. Ein antiker Überzug aus Bienenwachs schützte den Farbauftrag vor Ablösung. Der Kopf ist somit ein sprechendes Beispiel für die einstige Farbigkeit antiker Marmorstatuen, von der nur noch wenig erhalten ist.
Weitere Medien
„Andra moi énnepe, Moúsa, polýtropon hós mala pólla.“
„Sage mir, Muse, die Taten, des vielgewanderten Mannes“
Mit diesen Versen beginnt Homers berühmte Odyssee. Die Anrufung der Musen gehörte seit alters her zur Dichtkunst, und auch in der Neuzeit folgten etwa Dante und William Shakespeare diesem Brauch.
Bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. erwähnt der griechische Dichter Hesiod die Namen der neun Musen. Sie sind Töchter des Zeus, des obersten Göttervaters, und der Mnemosýne, der Göttin der Erinnerung. Mit ihrem Gesang unterhalten sie die Götter im Olymp, begleitet von Apoll auf seiner Leier. Sie wohnen auf dem Parnass bei Delphi, dem heiligen Berg des Apollon.
Die Namen der Neun lauten: Klio, Melpoméne, Terpsíchore, Thalía, Euterpe, Erato, Urania, Polyhymnia und Kallíope. Eine Eselsbrücke, um sie sich zu merken, lautet: „Kliometerthal Euer Urpokal“, aus ihren Anfangssilben gebildet.
Die Göttinnen verkörpern alle musischen Künste der griechischen Antike. Später ordnete man ihnen ganz bestimmte Aufgaben zu. So wurde Thalía die Muse der Komödie, Urania die Muse der Astronomie und Terpsíchore die Muse des Tanzes. Manche dieser Bezeichnungen sind bis heute in unserer Kultur zu finden.
Als Hüterinnen von Kunst und Wissenschaft verehrte man sie in eigenen Heiligtümern, im so genannten „Museion“. Davon ist passenderweise unser Wort „Museum“ abgeleitet. Und auch das Wort „Musik“ geht darauf zurück.
- Material & Technik
- Marmor
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- 2. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr., nach einem Vorbild aus der Zeit um 160 v. Chr.
- Inventarnummer
- Hm 173