Das Madonnenbildnis mit der Stifterfamilie des Basler Bürgermeisters Jakob Meyer zum Hasen ist ein katholisches Andachts- und Gedächtnisbild. Es vereint religiöse Kunst mit feinster Porträtmalerei und wurde in der Dresdner Galerie lange als das Meisterwerk Holbeins d. J. gefeiert.
Im Zuge des „Holbein-Streits“ entlarvte man es auf einer kunstwissenschaftlichen Konferenz in Dresden 1871 als eine in fälscherischer Absicht gemalte Kopie von Sarburgh. Das Original Holbeins von 1526 ist heute in Schwäbisch Hall.
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Zur Zeit des Ankaufs für die Dresdner Gemäldegalerie im Jahr 1743 galt als ausgemacht, dass dieses Bild, mit seiner malerischen Rafinesse und seinem staunenswerten Realismus, nur von einem Genie wie Hans Holbein höchstselbst stammen könne. Es wurde in Dresden als „un tableau unique en Europe“, ein in Europa einzigartiges Bild, gefeiert. Dies lag nicht zuletzt daran, dass es perfekt zur 1754 erworbenen Sixtinischen Madonna von Raffael passte: Hier die italienische Himmelskönigin, dort die deutsche Maria mit blondem Haar.
Da tauchte 1822 plötzlich eine zweite, identische Fassung des bereits berühmten Holbein-Bildes auf. Sie war vom preußischen Kronprinzen Wilhelm erworben worden. Der Berliner Kunsthistoriker Franz Kugler äußerte 1845 eine ungeheuerliche These: In Wahrheit sei das viel später aufgetauchte Berliner Bild das Original, das Dresdner Bild hingegen nur eine Kopie. Gerade die Dresdner Künstlerschaft verwehrte sich vehement gegen diese Anmaßung eines preußischen Buchgelehrten.
Erst nach Jahrzehnten des heftigen „Holbein-Streits“ konnte die Frage 1871 entschieden werden: Beide Versionen wurden gemeinsam in Dresden dem neugierigen Blick des Publikums ausgesetzt. Dabei hielten Künstler und Laien mehrheitlich die Dresdner Fassung für das Original, während die Kunsthistoriker sich eindeutig für das Berliner Bild aussprachen.
Später kam durch Röntgen- und Infrarotaufnahmen ans Licht, dass die Berliner Fassung Spuren von Holbein eigenhändig vorgenommenen Veränderungen besitzt, die nur das Original aufweisen kann. Die Dresdner Version dagegen zeigt nur den Endzustand.
Erst 1910 gelang es dem Schweizer Kunstgelehrten Emil Major, den Maler Bartholomäus Sarburgh als Schöpfer der Dresdner Kopie zu identifizieren. Dieser hatte das Bild um 1635 geschaffen – wohl als Fälschung im Auftrag des holländischen Kunsthändlers Michel Le Blond.
Jacob Meyer zum Hasen, links im Bild im kostbaren Pelzmantel, hatte harte Zeiten hinter sich, als er Hans Holbein 1525 mit dem Altargemälde beauftragte: Vier Jahre zuvor war er, bis dahin Bürgermeister von Basel, wegen Bestechlichkeit seines Amtes enthoben und eingesperrt worden. Nun war er wieder auf freiem Fuß.
Und so gab er das Gemälde in Auftrag, das zum einen seine Demut zeigen und zum anderen seine Rückkehr in die große Gesellschaft einläuten sollte.
In diese hatte ihn, den bis dahin unbedeutenden Geldwechsler, seine erste Frau Magdalena Baer eingeführt. Als das Bild gemalt wurde, war sie bereits gestorben. Dennoch wurde sie in das Bild mit aufgenommen, und zwar im strengen Profil hinter ihrer Nachfolgerin Dorothea Kannengießer, deren Züge uns der Maler wesentlich anschaulicher vor Augen führt. An der Figur der Magdalena Baer können Sie übrigens eine der Veränderungen nachvollziehen, die zur Entscheidung Original oder Kopie beigetragen haben: sie ist offensichtlich erst nachträglich eingefügt worden, deshalb sieht sie auch ein wenig gequetscht aus.
Die vor Dorothea kniende gemeinsame Tochter Anna hält einen Rosenkranz in Händen. Etwas rätselhaft ist die Frage, wer die beiden Knaben vor Meyer sind, denn der einstige Bürgermeister hatte gar keine Söhne. Deshalb wird spekuliert, ob sich bei diesen beiden Figuren erneut weltliche und biblische Sphäre miteinander vermischen. Bei dem fein gewandeten Jüngling könnte es sich um Jacob Meyers Namenspatron, den Heiligen Jakobus, handeln. Das nackte Kleinkind vor ihm wird als Darstellung Johannes des Täufers gedeutet, der in der Renaissancemalerei bei Darstellungen der Madonna mit dem Christuskind oft als Begleiter erscheint.
- Material & Technik
- Öl auf Eichenholz
- Museum
- Gemäldegalerie Alte Meister
- Datierung
- Um 1635/1637
- Inventarnummer
- Gal.-Nr. 1892