In seiner letzten von mindestens drei Auseinandersetzungen mit dem Thema der Marter Christi verließ sich Permoser bei der Darstellung des grausam geschundenen Körpers ganz auf die natürliche Farbigkeit des besonderen Salzburger Marmors und verzichtete auf jede plastische Gestaltung von Wundmalen.
Die Geißelsäule nutze er für ein Relief, dass den am Vorabend der Passion beim Gebet am Ölberg zusammenbrechenden Erlöser umgeben von Engeln zeigt. An der Rückseite findet sich Permosers Selbstportrait und Signatur.
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Christliche Motive unterscheiden sich in ihrer Funktion von mythologischen Szenen oder der Darstellung historischer Ereignisse. Denn wo letztere illustrieren, wollen religiöse Bilder Spiritualität und Mitgefühl ansprechen. Die Darstellung von Christus an der Geißelsäule gehört zu dieser als „Andachtsbilder“ bezeichneten Themengruppe. Ursprünglich Teil der sogenannten „Passion Christi“, die die einzelnen Stationen der Kreuzigung Christi in einer festgelegten Reihenfolge zeigt, taucht es im späten Mittelalter erstmals als eigenständige Darstellung auf, sowohl in der Skulptur als auch in der Malerei.
Wir sehen den geschlagenen Christus, bevor er zum Tod am Kreuz verurteilt worden ist. „So stand er aufrecht an die Säule gebunden bis am Morgen“ heißt es in einer Schrift des 13. Jahrhunderts, wobei der Morgen der Tag seiner Hinrichtung ist. Sein Körper ist übersäht von tiefen Wunden und Blutergüssen, ihm wurden die Kleider vom Leib gerissen und er friert in den kalten Gemäuern des Gefängnisses. Mehr Elend ist kaum denkbar, der Anblick eine Zumutung – doch genau hier setzt die Andacht an. Jesus Christus ist das nackte Abbild Gottes. Er ist Mensch geworden und durch seine Wunden sind wir für alle Zeit geheilt.
Die Statue gehört zu den gefeierten Meisterstücken von Permosers Spätwerk. Er schaffte hier, was in den Augen seiner Zeitgenossen höchste Achtung verdiente: Er nutzte die natürliche Farbigkeit des Steins für die Darstellung der blutigen Wunden. Dafür wählte er ein besonderes Material – Plassenkalk. Dieser Marmor bröselt leicht und ist schwierig zu bearbeiten. Doch Permoser hatte Erfahrung mit der Behandlung verschiedenster Materialien. Sein Ziel war, Kunst und Natur so zu verschmelzen, dass nicht mehr erkennbar ist, was gewachsen ist, und was von Menschenhand hinzugefügt wurde. Wenn Sie genau hinschauen, können Sie erkennen, dass der Christuskörper ganz glatt ist, die Wunden also nicht vom Bildhauer stammen. Er schaffte es, das geschundene Fleisch so real wiederzugeben, dass es beinahe weh tut.
Schon länger arbeitete Permoser an dieser Idee. Eine frühere Version, den Christus an der Martersäule, sehen Sie hier direkt daneben oder als Abbildung auf Ihrem Gerät. Bei der drei Jahre älteren Vorgängerfigur bildete Permoser Teile des Gesteins noch plastisch zu hervorquellenden Blutstropfen aus, der erschöpfte Körper windet sich unter der Misshandlung. In der jüngeren Fassung verzichtet er auf die Bewegung. Zwar ist die Figur vor Schmerz in eine fast schon unnatürliche S-Form gekrümmt, doch der Gemarterte rührt sich nicht. Mit ergebenen Blick schaut er himmelwärts, wohl wissend, dass ihm das eigentliche Martyrium, der Tod am Kreuz, noch bevorsteht.
- Material & Technik
- Farbiger Marmor, Plassenkalk vom Untersberg bei Salzburg
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- Salzburg, 1728
- Inventarnummer
- ZV 4090