Der Kentaur Nessus, ein Mischwesen aus Mensch und Pferd, half im Auftrag von Herkules dessen Frau Deïaneira bei der Überquerung eines Flusses. Von Lust übermannt wollte er plötzlich die schöne Frau entführen, woraufhin ihn der erzürnte Herkules mit einem Pfeil tötete.
Die virtuos modellierte, subtil erotische Gruppe kam 1587 gemeinsam mit drei weiteren Kleinbronzen des Mediceischen Hofbildhauers als diplomatisches Geschenk nach Dresden und gehört zu den schönsten Güssen dieses beliebten Modells.
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Sie sehen hier eine Szene aus Ovids Metarmorphosen. Der römische Dichter erzählt von der wunderschönen Königstochter Deianira, die Herkules zur Frau gewann. Auf einer Reise durch Theben gelangten die beiden an einen Fluss, der von Hochwasser angeschwollen war. Dort hauste der Zentaur Nessus, er bot ihnen seine Hilfe an. Erst trug er Herkules ans andere Ufer. Als dann Deianira auf seinen Rücken stieg, entbrannte in ihm die Leidenschaft und er rannte davon, um sie zu entführen. Herkules aber spannte einen vergifteten Pfeil in seinen Bogen und verletzte den Zentauren damit tödlich.
Noch im Sterben sann dieser auf Rache und raunte Deianira zu, etwas von seinem Blut aufzufangen. Würde sie das Gewand ihres Mannes darin tränken, wäre sie sich seiner ewigen Liebe sicher.
Viel später, in einem Moment der Eifersucht, wandte sie den Zauber an. Weil sich das Blut jedoch mit dem Gift des Pfeils vermengt hatte, erlitt Herkules Höllenqualen. Das Hemd ätzte sich in sein Fleisch und er konnte es nicht mehr abstreifen. Als Deianira begriff, was sie angerichtet hatte, brachte sie sich vor Gram um. Herkules sah den einzigen Ausweg, den Qualen zu entkommen, indem er sich verbrennen ließ. Es ist also wahrlich ein Schicksalsmoment, den Giambologna hier in Bronze fasst.
Giambolognas Werke waren in den Fürstenhäusern Europas überaus begehrt. So groß war die Nachfrage, dass er sie schon bald nicht mehr allein befriedigen konnte. Er begann daher Kleinbronzen mit Hilfe einer gut organisierten Werkstatt herzustellen. Das hatte den Vorteil, dass ein vom Meister geschaffenes Modell, das er selbst in Wachs modelliert hatte, durch die raffinierte Technik des Bronzegusses vervielfältigt werden konnte. Das Abnehmen der Gussform und das Gießen übernahmen Assistenten. Der aus der Form gelöste Guss wurde anschließend unter der Aufsicht Giambolognas von Goldschmieden gereinigt und ziseliert. Doch je häufiger ein Modell vervielfältigt wird, desto aufwändiger wird diese sogenannte Kaltarbeit, da die Details mit jedem Guss unschärfer werden. Wenn Sie ganz genau hinsehen, erkennen Sie, dass es sich bei diesem Exemplar von Nessus und Deianira um einen sehr frühen Guss handelt – alle Feinheiten sind deutlich sichtbar: Die zotteligen Haare des Zentauren, Deianiras Haar, der Stoff des Tuches oder die feinen Adern am Pferdeleib.
Ihre schimmernde Oberfläche bekommt die Figur durch eine Mischung aus Harzen und Ölen, die ihr eingebrannt wurden. Welche Rezeptur Giambologna dafür verwendete, ist jedoch ein Werkstattgeheimnis, das bis heute niemand entschlüsseln konnte.
Die Technik des Bronzegusses ist mehr als 2.000 Jahre alt und durchaus aufwändig.
Am Anfang modelliert der Künstler seine Figur aus Wachs. Um diese Wachsfigur wird Ton aufgetragen. Im heißen Ofen härtet der Ton aus, das Wachs schmilzt und man erhält eine Form, in die die heiße Bronze gegossen wird.
Da aber die Gefahr der Beschädigung beim Abnehmen der Form groß ist, wird das Original oft nicht im Ganzen abgeformt, sondern in Einzelteilen. Diese Teilformen werden mit flüssigem Wachs ausgegossen. Die Wachsschicht, die möglichst gleichmäßig sein muss, entspricht exakt der „Bronzehaut“ der späteren Figur. Dann füllt man den Rest der Form mit einem Brei aus Ton und Sand. Sobald die Masse ausgehärtet ist, werden die einzelnen, wachsüberzogenen Teile Stück für Stück aus der Form gelöst. Nun steckt man die Einzelteile mit Stiften zusammen und glättet die Wachsoberfläche der Figur mit einem heißen Messer. Danach werden Wachsstäbe an der Figur angebracht. Diese bilden später die Kanäle, durch die die Bronze eingefüllt wird.
Jetzt wird die eigentliche Gussform um die Figur herum gebaut. Schicht für Schicht wird Ton aufgetragen, um jedes Detail zu erfassen. Nach dem Brennen hat man eine massive Form. Diese wird auf den Kopf gestellt, damit das geschmolzene Wachs abfließen kann. Aus den Wachsstäben haben sich hohle Kanäle gebildet. Durch die Kanäle gießt man die heiße, flüssige Bronze, gleichzeitig kann so die Luft nach außen entweichen. Nach dem Erkalten werden in einem letzten Schritt die Kanäle abgesägt, die Löcher gefüllt und wird schließlich die Oberfläche gereinigt, geglättet und poliert.
- Material & Technik
- Bronze
- Museum
- Skulpturensammlung
- Datierung
- Um 1586
- Inventarnummer
- H2 023 / 095